Siemens Mitarbeiter wollen kämpfen
Der angekündigte Stellenabbau treibt viele Beschäftigte auf die Straße, die IG Metall plant auch in dieser Woche Demonstrationen. Im Konzern gibt man sich allerdings gelassen
Berlin Viele Siemens-Mitarbeiter wollen den angekündigten Stellenabbau in ihrem Konzern nicht akzeptieren. Der Widerstand der Arbeitnehmervertreter ist massiv. Die Gewerkschaft IG Metall kündigte am Sonntag neue Demonstrationen an. Siemens-Personalchefin Janina Kugel betonte unterdessen in der Berliner Zeitung Tagesspiegel, sie „hoffe, dass die Gewerkschaft vom Protest zum Dialog finden wird und wir einen Interessenausgleich zustande bekommen“.
Siemens wolle „mit den üblichen Instrumenten“zu einer Einigung mit den Arbeitnehmern kommen, sagte Kugel. Dazu zählten „Abfindungen, Beschäftigungsgesellschaften, Weiterqualifizierungen, Frühpensionierungen, Altersteilzeit“. Seien genug Mitarbeiter bereit, diesen freiwilligen Maßnahmen zuzustimmen, „dann gibt es keinen Grund, betriebsbedingte Kündigungen auszusprechen“.
Siemens-Gesamtbetriebsratschefin Birgit Steinborn hatte gesagt, die Ankündigung des Vorstands sei „für uns gar keine Basis für Verhandlungen“. Die IG Metall warf Konzernchef Joe Kaeser eine „Kahlschlagspolitik“vor. Der nordrhein-westfälische Bezirksleiter der IG Metall, Knut Giesler, übte scharfe Kritik am Management: „Trotz wiederholter Appelle der Arbeitnehmerseite hat das Management von Siemens nichts getan, um den PowerGeneration-Bereich auf die Veränderungen des Marktes einzustel- sagte er der Rheinischen Post. „Diese Tatenlosigkeit und der angekündigte Jobabbau sind ein Armutszeugnis für das Management und völlig inakzeptabel.“Auch aus der Politik kamen harsche Worte. SPDChef Martin Schulz sagte der Bild am Sonntag: „Es ist inakzeptabel, dass ein internationaler Konzern, der über Jahrzehnte direkt und indirekt vom deutschen Staat profitiert hat, jetzt die Mitarbeiter für Managementfehler bluten lassen will.“
Der Elektrokonzern will wegen schlechter Geschäfte in der Kraftwerksund Antriebstechnik welt- weit rund 6900 Jobs streichen, etwa die Hälfte davon in Deutschland. Zwei Standorte in den sächsischen Städten Görlitz und Leipzig mit zusammen 920 Arbeitsplätzen sollen geschlossen werden. Einschnitte sind auch in Berlin, Offenbach und Erfurt geplant.
Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow rief die Konzernführung zu deutlichen Bemühungen für den Erhalt des Thüringer Werks auf. „Der Standort Erfurt ist hervorragend aufgestellt und bietet beste Voraussetzungen für die Entwicklung auch alternativer Gelen“, schäftsfelder“, sagte der LinkenPolitiker.
In Berlin wollen an diesem Montag Mitarbeiter für den Erhalt des Siemens-Gasturbinenwerkes demonstrieren. Geplant sei eine Menschenkette, in die sich auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) einreihen werde, um das Werk „vor der von Siemens angekündigten Vernichtung von 300 Arbeitsplätzen zu schützen“, wie die IG Metall am Sonntag mitteilte. In Görlitz reagierte auch die evangelische Kirche mit Unverständnis auf die angekündigte Schließung des Siemens-Werkes in der Stadt.
Siemens hatte bereits mitgeteilt, auf betriebsbedingte Kündigungen möglichst zu verzichten – sofern Einigkeit
Die IG Metall spricht von einem Kahlschlag In Berlin will sich eine Menschenkette formieren
über „Freiwilligenprogramme“erzielt werden kann. Die IG Metall hatte Siemens daraufhin „Vertragsbruch“vorgeworfen, weil der Dax-Konzern entgegen einer Vereinbarung von 2010 betriebsbedingte Kündigungen und Standortschließungen nicht ausgeschlossen hatte. Personalvorstand Kugel sagte zu dem Vorwurf, dieses Abkommen enthalte eine Öffnungsklausel. Demnach würden beide Seiten miteinander sprechen, wenn sich die strukturellen Rahmenbedingungen auf dem Markt ändern. „Das ist der Fall“, sagte Kugel. „Wir haben ja keinen Pakt für die Ewigkeit geschlossen, niemand kann in die Zukunft schauen.“Die Verhandlungen seien ja noch gar nicht aufgenommen worden.