Großer Ärger mit Mietnomaden
Sie zahlen nicht oder vermüllen die Wohnung – der finanzielle Schaden ist oft enorm. Ein Mann hat gleich zweimal nacheinander Probleme mit seinen Mietern. Wie man sich vor solch unerwünschten Gästen schützen kann
Landkreis Augsburg Josef D.* sitzt vor dem Gerichtssaal, in den Händen hält er mehrere Dutzend Briefe. Es sind fast ausnahmslos Mahnungen. Die Forderungen richten sich nicht gegen Josef D., sondern gegen seine ehemalige Mieterin. Gesehen hat er die 38-Jährige schon seit Monaten nicht mehr, geblieben sind ihm nur die an sie zugestellten und in der Wohnung zurückgelassenen Briefe. Geblieben sind ihm auch jede Menge Ärger und ein noch viel größerer finanzieller Schaden.
Josef D. ist sauer, wenn er an die Frau denkt. Sieben Monate lang lebte die Mieterin mit ihren beiden Kindern in der mehr als 100 Quadratmeter großen Wohnung in einer ländlichen Gemeinde im Kreis Augsburg. Etwa 700 Euro betrug die monatliche Miete. Das Problem: Josef D. hat keinen einzigen Cent davon je gesehen. Auch die Kaution wurde nicht hinterlegt. Deswegen ärgert sich der Senior über sich selbst. Nie hätte er auf die Frau hereinfallen dürfen, sagt Josef D. – und schüttelt den Kopf. Er habe ihr nicht zugetraut, sich vor der Miete zu drücken: „Sie hat einen vernünftigen Eindruck gemacht. Sie hat mir auch gezeigt, wie viel sie verdient.“Dass sie sofort einziehen und die Kaution etwas später hinterlegen wollte, habe ihn nicht stutzig gemacht, sagt er. Sie habe die Verzögerung mit einer größeren Zahlung an ihre Versicherung erklärt. Eine Lüge, wie sich herausstellte.
Gabriele Seidenspinner kennt solche Fälle. Sie ist Rechtsanwältin und Geschäftsführerin beim Eigentümerverband Haus & Grund in Augsburg. Ihre Erfahrung zeigt: „Den Leuten sieht man nicht an, dass sie die Miete nicht zahlen wollen.“Dabei gibt es einige Tipps, wie sich Vermieter vor ungebetenen Gästen schützen können. Hellhörig sollte man werden, wenn Interessenten die Mitleidsschiene ausspielen möchten oder – das andere Extrem – Druck aufbauen. „Schließen Sie nur mit jemandem einen Mietvertrag ab, mit dem Sie persönlich gut können und Sie ein gutes Gefühl haben“, sagt Seidenspinner.
Sich allein auf seine Menschenkenntnis zu verlassen, reicht natürlich nicht. Deswegen rät die Anwältin, die Bonität des potenziellen Mieters zu prüfen. Die Schufa-Auskunft habe sich als gängiges Mittel durchgesetzt. Aber auch Gehaltsabrechnungen, eine Selbstauskunft des Interessenten sowie eine Nachfrage beim derzeitigen Vermieter könne die Gefahr von Mietnomaden reduzieren. Eine 100-prozentige Sicherheit werde es aber nie geben. Seidenspinner erzählt von einem Fall, bei der sich ein Mann über einen potenziellen Mieter erkundigte und der bisherige Vermieter nur positiv über ihn sprach. Im Nachhinein stellte sich heraus, dass der Vermie- ter gelogen hat – nur, um den Mietnomaden loszuwerden.
Eine verlässliche Statistik über Mietnomaden gibt es nicht, Schätzungen zufolge beläuft sich der jährliche Schaden aber auf rund 200 Millionen Euro. Bei Josef D. lag die Summe im fünfstelligen Bereich, den genauen Betrag weiß er nicht. Die 38-jährige ehemalige Mieterin zahlte nicht, die Wohnung war aber immerhin nicht zugemüllt, sagt er. Das war bei einer vorherigen Mieterin ganz anders. Die Miete wurde zwar vom Arbeitsamt pünktlich bezahlt, allerdings hinterließ die Mutter zweier Kinder die Wohnung in einem „fürchterlichen Zustand“. Der Senior musste zwei Container mit insgesamt 16 Kubikmetern Fassungsvermögen kommen lassen, um den ganzen Müll zu beseitigen. Die Wohnung ließ er danach renovieren – ein paar Jahre früher als geplant.
Nach einer Studie der Uni Bielefeld liegt der Schaden im Einzelfall meist zwischen 2500 Euro und 10000 Euro, in jedem vierten Fall sogar darüber. Im Schnitt dauerte es rund 15 Monate bis ein Mieter, der die Mietzahlungen in den ersten drei Monaten nach Einzug eingestellt hatte, aus der Wohnung geklagt und diese geräumt war, so das Ergebnis der Studie. Den Vermieter kann das schnell in den finanziellen Ruin stürzen. Die Kosten für Anwalt und Gericht bei einer Räumungsklage, Zwangsvollstreckung, Renovierung und Einlagerung des Mobiliars können bei einer kleinen Wohnung dadurch schnell 15 000 Euro und mehr betragen, rechnet Expertin Seidenspinner vor.
Die Anwältin spricht sich für folgendes Vorgehen bei ausbleibender Zahlung aus: Ist der Mieter eine Monatsmiete im Rückstand, sollte man eine Abmahnung schicken; fehlen zwei Monatsmieten, kann man fristlos kündigen und eine Räumungsfrist anberaumen. „Dieses Vorgehen ist nicht unsozial, denn der Mieter kann sich retten, indem er alle Rückstände begleicht“, sagt Seidenspinner. Ignoriert der Mieter auch die Kündigung, ist die Räumungsklage der einzige Weg – eine solche kann sich allerdings in die Länge ziehen.
Bei Josef D. ist der Albtraum nun vorbei. Die 38-jährige Mietnomadin erschien zum zweiten Mal nicht zu der Verhandlung am Augsburger Amtsgericht. Richter Stefan Lenzenhuber erließ gegen sie wegen Betrugs einen Strafbefehl in Höhe von 2700 Euro. Josef D. hat inzwischen neue Mieter gefunden – sie zahlen regelmäßig und machen keine Probleme. »Kommentar
*Name von der Redaktion geändert
Erst Abmahnung, dann Kündigung