Der Führerscheinprüfling war ein Double
Ein Iraker beantwortete beim TÜV die Fragen für einen Landsmann. Was geschah, als er aufflog
Die theoretische Führerscheinprüfung beim TÜV bietet so manche Fallstricke. Kandidaten, die der deutschen Sprache nicht oder nur ungenügend mächtig sind, haben von vornherein wenig Aussichten, die Fragen richtig zu beantworten. Findige Geschäftemacher bieten aber auch für solche „Notfälle“Lösungen an. Der Prüfling wird, ähnlich wie ein Schauspieler in einer gefährlichen Filmszene, von einem Stuntman gedoubelt. Blöd, wenn der Rollentausch am Ende auffliegt.
Unter irakischen Flüchtlingen hatte es sich herumgesprochen: Da gibt es einen Landsmann, der könne das mit der theoretischen Fahrprüfung „managen“. Die Mund-zuMund-Propaganda fiel bei einem 29-jährigen Iraker, der kurz vor der Prüfung stand, auf fruchtbaren Boden. Für ihn kreuzte beim TÜV ein zumindest ähnlich aussehender Landsmann, 28 Jahre, die Antworten an –ohne Fehler. Doch der Schwindel ging schief. Der Prüfling und sein Doppelgänger wurden bereits verurteilt. Jetzt stand derjenige vor Amtsrichter Dominik Wagner, der die Fäden gezogen und kassiert haben soll. Staatsanwalt Konstantin Huber warf dem 24-jährigen Iraker Datenfälschung, Missbrauch von Ausweispapieren und mittelbare Falschbeurkundung vor. Der Angeklagte, von den Anwälten Klaus Rödl und Stefan Mittelbach verteidigt, wusch gleich zu Beginn des Prozesses seine Hände in Unschuld: „Ich habe das nicht gemacht. Ich bin unschuldig“, beteuerte er. Die beiden „Kronzeugen“der Anklage freilich erschütterten seine Aussage. Der 29-Jährige, der die Prüfung eigentlich hätte ablegen sollen, bekannte, er habe einfach Angst gehabt, „weil ich damals nicht Deutsch konnte“. Also sei er mit dem Angeklagten ins Gespräch gekommen. „Der hat mir gesagt, er kenne jemanden, der das für mich beim TÜV macht. Ich sollte 3000 Euro zahlen, die Hälfte zuvor, den Rest nach bestandener Prüfung.“Wer für ihn zum TÜV gehe, habe er nicht gewusst. Am 3. September 2015, wenige Stunden vor dem Prüftermin, habe er dem Angeklagten am Oberhauser Bahnhof 1500 Euro, seinen Reisepass und die TÜV-Unterlagen übergeben.
Der 28-jährige Iraker, der den Prüfling doubelte, gab eine etwas seltsame Version des Geschehensablaufs von sich. Zufällig habe er den Angeklagten am Hauptbahnhof kennengelernt, ihm von seiner finanziellen Misere erzählt. Dieser habe ihm 300 Euro versprochen, wenn er für einen Landsmann die theoretische Prüfung beim TÜV ablege. Man habe ihm auf einem Tablet die Prüfungsfragen gezeigt, ihm den fremden Reisepass und die Unterlagen gegeben und ihn dann zum TÜV gefahren. Dort habe er sich für den 29-Jährigen ausgegeben und die Prüfung ohne Fehler bestanden – was den Richter doch sehr erstaunte. Welche Rolle dabei möglicherweise kleine Sende- und Empfangsgeräte gespielt haben, die bei der Durchsuchung seiner Wohnung von der Polizei gefunden worden waren, blieb unklar. Am Ende jedoch behielt der TÜV-Prüfer den bereits vorbereitenden Führerschein ein. Beim Blick in den vorgelegten Reisepass waren doch erhebliche Zweifel über die Identität des Prüflings aufgekommen. Der Doppelgänger wurde enttarnt.
Richter Wagner verurteilte den Angeklagten am Ende zu einer Geldstrafe in Höhe von 3600 Euro (120 Tagessätze zu je 30 Euro). Der Schuldspruch ist rechtskräftig.