Ist Hauswirtschaft out?
Der Bayerische Bauernverband kritisiert das mangelnde Interesse von jungen Menschen an der Hauswirtschaft. Dabei könnte der Bedarf an Ernährungsexperten steigen
Augsburg Tiefkühlpizza, Döner oder Burger – wer satt werden möchte, muss heute nicht mehr kochen. Mit gesunder Ernährung hat dieses Menü aber nichts zu tun. Dabei sehe der Speiseplan einiger Schüler genau so aus, meint Maria Drohner-Liepert. Sie ist die zentrale Fachberaterin für das Schulfach Haushalt und Ernährung an den bayerischen Realschulen und sagt: „Bei vielen Schülern fehlen die Basics für gesunde Ernährung.“
Dieser Ansicht ist auch der Bayerische Bauernverband (BBV). Landesbäuerin Anneliese Göller vom BBV spricht von „sinkendem Interesse der Jugend“an hauswirtschaftlichen Berufen. Den Jugendlichen fehlen ihrer Meinung nach häufig hauswirtschaftliche Kenntnisse, weil diese durch die eigenen Eltern und in der Schule kaum noch vermittelt werden. Dabei sei der Bedarf an hauswirtschaftlichen Fachkräften in den vergangenen Jahren gestiegen. Als Beispiel nennt der BBV die steigende Zahl von jungen Menschen, die in der Schule zu Mittag essen. Bayernweit sind das rund 250 000 Kinder. Doch es fehle an Fachkräften, die das Mittagessen zubereiten, erklärt der Verband. Auch in anderen Bereichen sei der Bedarf groß. So führe der demografische Wandel zu einem wachsenden Anteil älterer Menschen, die verstärkt hauswirtschaftliche Dienstleistungen in Anspruch nehmen werden. „Diesen Entwicklungen und den steigenden Anforderungen des Arbeitsmarkts wird die Ausbildung nicht gerecht“, sagt Anneliese Göller.
Von den jährlich rund 40000 Realschulabsolventen entscheidet sich nur ein kleiner Teil für den hauswirtschaftlichen Schulzweig. Etwa 1600 Realschüler nehmen jährlich an den Abschlussprüfungen im Schulfach Haushalt und Ernährung teil. Diese Zahl sei seit Jahren gleichbleibend, erklärt Maria Drohner-Liepert. Und zumindest diese Schüler seien auch gut auf den hauswirtschaftlichen Arbeitsmarkt vorbereitet. Den Vorwurf, an den Schulen werde sich zu wenig mit dem Thema Ernährung beschäftigt, weist sie für die Realschulen zurück. Denn anders als Gymnasien bieten viele Realschulen einen hauswirtschaftlichen Zweig ab der 7. Klasse an, den die Schüler wählen können. In der 6. Realschulklasse ist das Fach Haushalt und Ernährung im Stundenplan verpflichtend. „Außerdem gibt es an allen Realschulen eine Themenwoche zu Ernährung und Gesundheit“, sagt DrohnerLiepert. Dennoch ist die Lehrerin dem Bauernverband dankbar dafür, dass er das Thema Ernährung und Gesundheit bei Schülern immer wieder in den Fokus rückt. Denn dabei gehe es nicht nur um ein einzelnes Schulfach, sondern um fächerübergreifende Zusammenarbeit. Auch in Biologie, Chemie oder Sport sollten Ernährung und Fitness eine Rolle spielen, meint DrohnerLiepert. „Am wichtigsten ist aber, dass auch Eltern mit ihren Kindern darüber sprechen“, sagt sie. Denn: „Die Grundfähigkeiten für gesundes Kochen fehlen heute immer mehr.“Und das liege vor allem daran, dass in vielen Haushalten heute nicht mehr zusammen gekocht werde: „Dass Sahne nicht nur aus der Sprühflasche kommt, ist heute nicht mehr für jeden selbstverständlich.“