Koenigsbrunner Zeitung

Damit das Gedächtnis nicht klein beigibt

Maria Mittermeie­r ist Gedächtnis­trainerin. Jede Woche trifft sie sich in Dinkelsche­rben mit Senioren, um Wortfindun­g, Kopfrechne­n und Konzentrat­ion zu stärken. Das macht Spaß und ist auch andernorts beliebt

- VON MANUELA BAUER

Was sind Schlangenw­örter? Eine gute Methode, das Gedächtnis in Schuss zu halten. Und es gibt noch mehr.

Landkreis/Dinkelsche­rben Die Senioren stehen im Kreis und spielen mit Kuscheltie­ren. Der Teddybär muss rechts herum, die Schildkröt­e links herum. Der Tausendfüß­ler wandert zu jedem Zweiten, den Elefanten reichen Sie hinter dem Rücken weiter, die Schlange mit den Füßen am Boden, der Affe fliegt. Alles klar? Na klar! Gedächtnis­training macht Spaß und ist unter Senioren der Renner. In Großaiting­en ist im Herbst schon der zweite Kurs in diesem Jahr abgelaufen. Der Frauenbund macht es möglich. In Bobingen strengt die Gruppe Silberfit mal die Beine, mal den Rücken und dann wieder den Grips an. In Schwabmünc­hen bietet der KneippVere­in auch Fitness fürs Hirn an, und auch viele Seniorenkr­eise der Pfarreien haben ihren Spaß dabei, so wie in Dinkelsche­rben.

Die Stofftiere wandern und wirbeln im Kreis. Das macht Freude – und trainiert die grauen Zellen. Es geht ja nicht nur um die Frage, welches Kuscheltie­r man wie weitergebe­n muss, sondern auch darum, mit Händen und Füßen mehrere Dinge gleichzeit­ig zu tun.

Es ist Montagvorm­ittag, Zeit für Gedächtnis­training in Dinkelsche­rben. Elf Senioren sind in den Pfarrsaal gekommen, haben Block und Stifte mitgebrach­t. Fast ein bisschen wie in der Schule. Doch mit Unterricht hat das Treffen nicht viel zu tun. Hier wird gekichert und gelacht, hier darf auch gespickt werden. Die eineinhalb Stunden vergehen wie im Flug. Das liegt vor allem an Maria Mittermeie­r. Sie hat 2012 die Ausbildung zur Gedächtnis­trainerin abgeschlos­sen und bietet seitdem über den Frauenbund Kurse an. Sie sind lustig, kreativ und voller Bewegung. Mal arbeiten ihre „Schüler“zu zweit, mal allein mit einem Arbeitsbla­tt, mal hilft die ganze Gruppe zusammen.

So wie beim Advents-Abc. Mittermeie­r hat das Alphabet an die Wand geschriebe­n. Jetzt sind die Senioren gefragt. Welche Begriffe fallen ihnen zu A ein? „Adventskra­nz!“, rufen gleich drei gleichzeit­ig. Dann eine längere Stille. „Wir brauchen schon Wörter“, meint Mittermeie­r, ihre Stimme wird ein bisschen fordernd. „Apfelbrot!“, ruft eine. „Apfelpunsc­h!“eine andere. Jetzt geht’s schnell: Bratwurst, Bratapfel, Bierpunsch, Christbaum ... Essenswört­er sind bei diesem Thema beliebt, das Plakat ist schnell ausgefüllt. Zufriedene­s Gemurmel. Doch jetzt wird’s knifflig: Maria Mittermeie­r nennt drei Begriffe, und der Schüler muss schnell einen Satz daraus bilden. Nikolaus – Unterhose – Eimer. Hildegard atmet kurz durch. „Weil der Nikolaus geklingelt hat, mache ich in die Unterhose und stecke sie in den Eimer“, sagt sie dann. Gekicher. Das war lustig. Und natürlich richtig.

Gedächtnis­training solle Spaß machen, betont Mittermeie­r. Sie weiß aber, dass manche ältere Menschen Vorbehalte haben. Dass sie Angst haben, geprüft oder bloßgestel­lt zu werden. Doch wer die Senioren während der Übungsstun­de beobachtet, merkt: Angst hat hier niemand. „Bei uns gibt es keinen Leistungsd­ruck. Und auch kein ,Ich kann nicht‘ “, betont Mittermeie­r. Wer bei den Schlangenw­örtern auf dem Arbeitsdre­i blatt (siehe Aufgabe rechts) nicht weiterkomm­t, dem markiert sie den Startbuchs­taben. So geht es leichter. „Es darf keiner das Gefühl haben, dass er vernachläs­sigt wird“, sagt die Trainerin. Sie gibt immer wieder kleine Tipps, weiß aber auch: „Die wollen sich schon auch anstrengen.“67 bis 83 Jahre sind die Teilnehmer alt, viele kommen schon seit Jahren. Mittermeie­r erklärt, warum regelmäßig­es Üben so wichtig ist: „Wer rastet, der rostet. Das gilt nicht nur für unsere Gelenke, sondern auch für den Kopf.“Aus ihren Senioren ist

eine nette Gruppe geworden. Zum Geburtstag gibt es Sekt, und bei den Übungen dürfen sie auch mal voneinande­r abschreibe­n. Das hilft bei der letzten Aufgabe dieses Vormittags allerdings nichts. Die Teilnehmer sollen Symbole nachzeichn­en – erst mit der rechten Hand, dann mit der linken. Manche Sterne und Herzen schauen ziemlich mickrig aus. Maria Mittermeie­r gibt noch ein paar Tipps mit nach Hause, wie es besser wird: „Macht doch mal die Tür immer mit links auf und löffelt das Essen mit der linken Hand!“»Aufgefalle­n

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Foto: Marcus Merk Beim Gedächtnis­training von Maria Mittermeie­r muss niemand still sitzen. Auch dieses Kreisspiel mit Kuscheltie­ren trainiert die grauen Zellen.

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