Koenigsbrunner Zeitung

Schwager mehrfach in der Dusche missbrauch­t

- VON MAXIMILIAN CZYSZ

Eineinhalb­jährige Bewährungs­strafe für 68-jährigen Mann, der der rechtliche Betreuer des Opfers war

Landkreis Augsburg Das Opfer plagen heute immer noch Selbstzwei­fel: War es richtig, sich dem Pfleger zu offenbaren und damit einen Gerichtspr­ozess in Gang zu setzen? An dessen Ende wurde gestern ein 68-jähriger Mann aus dem Landkreis zu einer Bewährungs­strafe von einem Jahr und sechs Monaten verurteilt. Er hatte seinen Schwager, der geistig eingeschrä­nkt ist, mehrfach missbrauch­t. Die Vorfälle passierten in der Dusche des 68-Jährigen bei der Körperpfle­ge.

Der Angeklagte, der rechtlich bestellter Betreuer des sieben Jahre Schwagers war, räumte die Vorwürfe ein. Bei der Frage nach dem Warum holte Rechtsanwa­lt Werner Ruisinger, der den Mann vor Gericht vertrat, etwas aus. „Wir haben es lang und breit besprochen und versucht, einen Grund zu finden.

Vielleicht war es eine empfundene Zuneigung oder etwas sexuell Experiment­elles“, sagte Ruisinger. Sein Mandant habe keine homosexuel­le Neigung, sondern sei seit Jahren glücklich verheirate­t – mit der Schwester des Opfers. „Mir tut es leid, das alles hat mein Leben ziemlich verändert“, sagte der Mann, der sich jetzt in einer Psychother­apie befindet. Er hätte schon früher die Reißleine ziehen können, wie es die Nebenklage-Vertreteri­n Brigitte Hörster formuliert­e: Dann nämlich, als die Vorfälle im Heim des Opfers erstmals bekannt wurden. Nach einem Gespräch mit dem bestellten Betreuer, in dem offenbar auch die Rede von einem Graubereic­h gewejünger­en sen sei, gab es auch eine Übereinkun­ft: Die Körperpfle­ge sollte nicht mehr wie bislang praktizier­t werden. Hörster: „Es ist nur schwer nachvollzi­ehbar, dass es nach dem Gespräch so weitergega­ngen ist.“Der Angeklagte suchte nach einer Erklärung und sagte: „Ich habe mir wohl nichts dabei gedacht.“Nachdem sich der 61-Jährige später an einen weiteren Pfleger gewandt hatte, wurde der 68-Jährige angezeigt.

Die Gesamtsitu­ation belaste das Opfer, sagte ein Pfleger gestern im Zeugenstan­d. „Er fragt sich auch, wie es dem Schwager geht und ob er alles richtig gemacht hat. Er ist in einer Gedankensc­hleife gefangen.“ Auch Nebenkläge­rin Brigitte Hörster ging auf den psychische­n Zustand ihres Mandanten ein. Er leide darunter, dass er seine Familie verloren habe. Der „wahnsinnig­e Vertrauens­verlust“sei strafschär­fend. Außerdem wisse niemand, ob die bekannten Vorfälle nur die Spitze eines Eisbergs seien.

Am Ende wurde der 68-Jährige wegen sexuellen Missbrauch­s unter Ausnutzung eines Betreuungs­verhältnis­ses in vier Fällen in Tateinheit mit einem Fall vorsätzlic­her Körperverl­etzung verurteilt. Zur Bewährungs­auflage gehört auch eine Geldstrafe von 200 Euro an eine gemeinnütz­ige Organisati­on.

„Es ist nur schwer nachvollzi­ehbar, dass es nach dem Gespräch so weitergega­ngen ist.“

Nebenklage Vertreteri­n Brigitte Hörster

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