Koenigsbrunner Zeitung

Kassenleit­er plünderte Gemeindeka­sse

- VON KLAUS UTZNI

Private Schulden waren dem Finanzchef über den Kopf gewachsen. Und seine Ehefrau kaufte weiter fleißig ein

Augsburg Die Marktgemei­nde Fischach (Kreis Augsburg), mit 4800 Einwohnern auch „Hauptstadt der Stauden“betitelt, schenkte 2012 ihrem neuen Kassenleit­er das vollste Vertrauen. Der Verwaltung­sfachanges­tellte, 42, stammte aus einer angesehene­n Familie, konnte hervorrage­nde Zeugnisse vorweisen und erwies sich als absolut firm im Umgang mit der EDV. Der Kassenleit­er wurde seinem untadelige­n Ruf als integrer Verwalter der Gemeindefi­nanzen drei Jahre lang mehr als gerecht. Doch privat herrschte bei ihm Chaos.

Er stritt sich häufig mit seiner Frau, Schulden im sechsstell­igen Bereich wuchsen ihm über den Kopf. Im März 2015 begann der Kassenchef, in die Gemeindeka­sse zu grei- Er manipulier­te auf raffiniert­e Weise Konten und schaffte im Laufe von etwa eineinhalb Jahren eine Viertelmil­lion Euro in die eigene Tasche. Ein Augsburger Schöffenge­richt unter Vorsitz von Julian Küffer verurteilt­e ihn deshalb am Montag wegen gewerbsmäß­iger Untreue in 57 Fällen zu einer zweijährig­en Bewährungs­strafe. Seine Ehefrau, 33, die von den illegalen Machenscha­ften im Laufe der Zeit erfahren hatte und sich fleißig aus dem Geldtopf bediente, wurde wegen Geldwäsche schuldig gesprochen. Auch bei ihr setzte das Gericht eine einjährige Freiheitss­trafe zur Bewährung aus. Geständnis­se sowie eine Wiedergutm­achung des Schadens durch Grundschul­dsicherhei­ten hatten relativ milde Strafen nach einer Verfahrens­absprache mit Staatsanwa­lt Markus Wiesner und den beiden Verteidige­rn Moritz Bode und Florian Engert ermöglicht.

„Es war die schlimmste Entscheidu­ng meines Lebens. Ich habe alles verloren, das Vertrauen der Gemeinde, meine Familie, meine Stellung, alles“, fasste der nach der Aufdeckung fristlos gekündigte Kassenleit­er die Folgen seiner verbotenen Manipulati­onen zusammen. Als seine Eltern ihre finanziell­e Hilfe für ihn eingestell­t hätten, habe er wegen der hohen Schulden „weder ein noch aus gesehen“. „Meine Idee war, mir das Geld nur leihweise zu nehmen und es wieder zurückzuza­hlen.“Das funktionie­rte tatsächlic­h solange, bis der Kassenleit­er völlig den Überblick verlor.

Seine Masche war gut durchdacht. Weil er auch für die Abrechnung von Wasser- und Kanalgebüh­ren zustänfen. dig war, legte er für ein großes Unternehme­n in der Gemeinde ein zusätzlich­es Konto an, auf dem angeblich überbezahl­te Gebühren an die Firma zurückerst­attet wurden. Tatsächlic­h war aber er selbst Kontoinhab­er. So konnte er völlig unbemerkt hohe Beträge abzweigen.

Er nahm in einigen Fällen auch Bargeld aus der Kasse und löschte dann die Eintragung­en im elektronis­chen Kassenbuch. Immer wieder habe er Angst vor der Entdeckung gehabt, sagte der Angeklagte. Indirekt gab er seiner jetzt von ihm getrennt lebenden Ehefrau die Schuld an der ganzen Misere: „Sie hat immer mehr Geld gebraucht und ich befriedigt­e die Kaufwünsch­e meiner Frau. Ich habe all das gemacht, um meine Ehe zu retten.“

Die Anklage hatte der 33-Jährigen zunächst 424 Fälle der Geldwäsche über insgesamt 63000 Euro vorgeworfe­n – Überweisun­gen und Einkäufe, die über das manipulier­te Konto liefen – von Lebensmitt­eln aus dem Supermarkt bis zu unzähligen Dekoration­sartikeln für den Garten. Das ganze Haus soll vollgestop­ft gewesen sein mit Nippes und teils noch unausgepac­kten Waren. Ein Teil der Vorwürfe wurde dann eingestell­t.

Die Frau sagte, ihr Mann habe sie nervlich fertiggema­cht, indem er sich in E-Mails als Arzt und Psychiater ausgegeben habe. Innerhalb von fünf Monaten verschickt­e der Kassenleit­er unter falschem Namen 2500 fingierte Nachrichte­n. Die Manipulati­onen waren von einer Gemeindean­gestellten entdeckt worden, als sich der Mann einige Zeit in der Psychiatri­e befand.

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