Sinnlich, kunstvoll, gekonnt
Bei der letzten musikalischen Darbietung des Jahres in der Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen zieht ein schottischer Singer-Songwriter sein Publikum in seinen Bann
Schwabmünchen Es weihnachtet sehr, auch in der Buchhandlung Schmid in Schwabmünchen. Die Bühne ist allerdings wie immer vorrangig schwarz mit ein paar kleinen Akzenten. Darauf allerdings diesmal ein Künstler, der es versteht, auch wenn er keine Weihnachtslieder singt, die Zuhörer in eine adventliche Stimmung zu versetzen: Simon Kempston, ein hochgelobter, preisgekrönter schottischer Songwriter, der nicht nur durch seine nachdenklichen Lieder besticht.
Groß, schlank, freundlich, so ist der erste Eindruck von Simon Kempston, den er auf der Bühne der Buchhandlung Schmid hinterlässt. Aus seiner Sicht blickt er auf einen mehr als voll besetzten „Konzert“-Raum, in dem sogar zusätzliche Notstühle aufgestellt werden mussten. Kempston strahlt ob so vieler Fans, richtet ein paar wenige Worte in auf Deutsch ans Publikum und bemüht sich anschließend bei seinen Überleitungen um möglichst verständliches Englisch, das beim Publikum auf Gefallen stößt, auch wen sicherlich nicht alles und bei jedem ankommt.
Schon mit seinem ersten Stück schlägt er das voll besetzte Auditorium in seinen Bann. Es ist mucksmäuschenstill im Saal. Alle starren gebannt auf die unglaubliche Fingerarbeit Kempstons an der Gitarre, lauscht den Klängen. Jeder nimmt ihm sein klassisches Studium dieses Instruments gerne ab. Der Abend verspricht für alle Gitarren-Liebhaber spannend und aufregend zu werden. Die Instrumentalstücke sind sanft, auf ihre besondere Art melodiös, künstlerisch, ja kunstvoll. Mit geschlossenen Augen und leicht mit dem Fuß wippend, so scheint er auch selbst seine Musik zu genießen. Schnell die linke Hand ausgeschüttelt, und schon startet er wieder die nächste Griff-Orgie. Bis zum allerletzten verklingenden Ton lässt er der Gitarre freien Lauf. Das Publikum wartet, bis Kempston scheinbar als Zeichen für den Applaus zum Wasserglas greift.
„Ein begnadeter Gitarrist“murmelt es im Publikum, oder „spannende Kompositionen“. Und dann die unerwartete Stimme des Schotten: samtweich, romantisch, mit einem reizenden Tremolo. Er besingt alten irischen, keltischen und schot- Folk, bietet Blues und mehr. All seine zu Gehör gebrachten Eigenkompositionen sind an ihrem Stil erkennbar, bieten dem Zuhörer einen extravaganten musikalischen Genuss.
Wer seine Texte versteht, stellt auch eine sozialkritische und politische Ader an Kempston fest, die aber nicht seine musikalischen Fertigkeiten übertüncht. Kritik übt er unter anderem nicht nur am Brexit, sondern auch an seinem Geburtsort Dundee, den er als die hässlichste Stadt Schottlands bezeichnet, sie aber gleichzeitig vermisst und sich auf die Rückkehr dorthin an Weihnachten freut.
Wer zu diesem Abend in die Buchhandlung gekommen ist, der hat wohl keine Mitsumm-Songs erwartet, keine hitverdächtigen Lietischen der, keine Gassenhauer, sondern kunstvolle Klänge und hervorragende musikalische Handarbeit. Und kam damit sicherlich auf seine Kosten.
Nach dem Konzert bildete sich sogar eine Schlange an seinem CDVerkaufsstand. Und das hat sicherlich nicht daran gelegen, dass der Schotte sie auf Deutsch anbot: „Ein sehr gutes Weihnachtsgeschenk.“