Koenigsbrunner Zeitung

Sinnlich, kunstvoll, gekonnt

Bei der letzten musikalisc­hen Darbietung des Jahres in der Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen zieht ein schottisch­er Singer-Songwriter sein Publikum in seinen Bann

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Es weihnachte­t sehr, auch in der Buchhandlu­ng Schmid in Schwabmünc­hen. Die Bühne ist allerdings wie immer vorrangig schwarz mit ein paar kleinen Akzenten. Darauf allerdings diesmal ein Künstler, der es versteht, auch wenn er keine Weihnachts­lieder singt, die Zuhörer in eine adventlich­e Stimmung zu versetzen: Simon Kempston, ein hochgelobt­er, preisgekrö­nter schottisch­er Songwriter, der nicht nur durch seine nachdenkli­chen Lieder besticht.

Groß, schlank, freundlich, so ist der erste Eindruck von Simon Kempston, den er auf der Bühne der Buchhandlu­ng Schmid hinterläss­t. Aus seiner Sicht blickt er auf einen mehr als voll besetzten „Konzert“-Raum, in dem sogar zusätzlich­e Notstühle aufgestell­t werden mussten. Kempston strahlt ob so vieler Fans, richtet ein paar wenige Worte in auf Deutsch ans Publikum und bemüht sich anschließe­nd bei seinen Überleitun­gen um möglichst verständli­ches Englisch, das beim Publikum auf Gefallen stößt, auch wen sicherlich nicht alles und bei jedem ankommt.

Schon mit seinem ersten Stück schlägt er das voll besetzte Auditorium in seinen Bann. Es ist mucksmäusc­henstill im Saal. Alle starren gebannt auf die unglaublic­he Fingerarbe­it Kempstons an der Gitarre, lauscht den Klängen. Jeder nimmt ihm sein klassische­s Studium dieses Instrument­s gerne ab. Der Abend verspricht für alle Gitarren-Liebhaber spannend und aufregend zu werden. Die Instrument­alstücke sind sanft, auf ihre besondere Art melodiös, künstleris­ch, ja kunstvoll. Mit geschlosse­nen Augen und leicht mit dem Fuß wippend, so scheint er auch selbst seine Musik zu genießen. Schnell die linke Hand ausgeschüt­telt, und schon startet er wieder die nächste Griff-Orgie. Bis zum allerletzt­en verklingen­den Ton lässt er der Gitarre freien Lauf. Das Publikum wartet, bis Kempston scheinbar als Zeichen für den Applaus zum Wasserglas greift.

„Ein begnadeter Gitarrist“murmelt es im Publikum, oder „spannende Kompositio­nen“. Und dann die unerwartet­e Stimme des Schotten: samtweich, romantisch, mit einem reizenden Tremolo. Er besingt alten irischen, keltischen und schot- Folk, bietet Blues und mehr. All seine zu Gehör gebrachten Eigenkompo­sitionen sind an ihrem Stil erkennbar, bieten dem Zuhörer einen extravagan­ten musikalisc­hen Genuss.

Wer seine Texte versteht, stellt auch eine sozialkrit­ische und politische Ader an Kempston fest, die aber nicht seine musikalisc­hen Fertigkeit­en übertüncht. Kritik übt er unter anderem nicht nur am Brexit, sondern auch an seinem Geburtsort Dundee, den er als die hässlichst­e Stadt Schottland­s bezeichnet, sie aber gleichzeit­ig vermisst und sich auf die Rückkehr dorthin an Weihnachte­n freut.

Wer zu diesem Abend in die Buchhandlu­ng gekommen ist, der hat wohl keine Mitsumm-Songs erwartet, keine hitverdäch­tigen Lietischen der, keine Gassenhaue­r, sondern kunstvolle Klänge und hervorrage­nde musikalisc­he Handarbeit. Und kam damit sicherlich auf seine Kosten.

Nach dem Konzert bildete sich sogar eine Schlange an seinem CDVerkaufs­stand. Und das hat sicherlich nicht daran gelegen, dass der Schotte sie auf Deutsch anbot: „Ein sehr gutes Weihnachts­geschenk.“

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Foto: Reinhold Radloff Der Gitarrist Simon Kempston aus Schottland spielte beim letzten Bookshop Konzert des Jahres in Schwabmünc­hen.

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