Sieg für die Separatisten
In Katalonien wurde ein neues Regionalparlament gewählt. Das Lager der Unabhängigkeitsbefürworter hat weiterhin die Mehrheit. Welche Partei die meisten Stimmen hat
Barcelona
Auch die Neuwahl in Spaniens Konfliktregion Katalonien brachte keine Änderung der bisherigen Machtverhältnisse. Nach den offiziellen Teilergebnissen von Donnerstagabend lagen die Unabhängigkeitsbefürworter zusammengerechnet mit etwas über 47 Prozent der Stimmen vorn. Auch im Parlament errangen die Separatisten, die bis Oktober in der Region regierten und die Abspaltung Kataloniens durchsetzen wollen, offenbar wieder die absolute Mehrheit der Sitze. Damit ist zu erwarten, dass der Unabhängigkeitskonflikt, der den spanischen Staat an den Rand einer schweren Krise brachte, weitergeht.
Das Spanien-freundliche Lager konnte gleichwohl bemerkenswerte Zugewinne verbuchen und kam zusammengerechnet auf rund 43 Prozent. Dies ist vor allem der Partei Ciutadans (Cs) mit ihrer Spitzenfrau Inés Arrimadas zu verdanken, die sich auf mehr als 25 Prozent steigerte und damit stärkste Partei wurde.
Für die Unabhängigkeitsbewegung enthält dieser Wahlerfolg trotzdem einen Wermutstropfen: Denn die Anhänger eines eigenen katalanischen Staates verfehlten ihr mehr als die Hälfte der Wählerstimmen hinter sich zu vereinen und damit ihre umstrittene Abspaltungspolitik zu legitimieren.
Angesichts der Bedeutung dieser Wahl, die von der Unabhängigkeitsbewegung als indirektes Referendum über die Abspaltung der Region angesehen wurde, war die Wahlbeteiligung außergewöhnlich hoch. Vor vielen Wahllokalen hatten sich lange Schlangen gebildet. Die Wahlbeteiligung erreichte mit 82 Prozent ein Rekordniveau. Insgesamt waren
5,5 Millionen Katalanen wahlberechtigt.
Nach dem offiziellen Teilergebnis wurde die prospanische Partei Ciutadans mit etwa 25,5 Prozent (2015:
17,9 Prozent) stärkste Partei. Zum spanischen Lager gehören auch die Sozialisten (PSC), die ebenfalls zulegten und auf rund 14 Prozent
(2015: 12,7) kamen. Genauso wie die konservative PP von Spaniens Regierungschef Mariano Rajoy, die mit vier Prozent (2015: 8,5) erhebliche Federn lassen musste. Der prospanische Block kam zusammengerechnet auf gut 43,5 Prozent – das sind 4,5 Prozentpunkte mehr als bei der vergangenen Wahl.
Den zweiten und dritten Platz machten sich zwei Separatistenpar- teien streitig: Sowohl die Unabhängigkeitsliste Junts per Catalunya (JxCat) des früheren katalanischen Regierungschefs Carles Puigdemont als auch die Konkurrenzliste Esquerra Republicana (ERC) landeten bei etwa 21,5 Prozent. Puigdemont wird von Spaniens Oberstem Gerichtshof vorgeworfen, mit ungesetzlichen Mitteln versucht zu haben, die Unabhängigkeit Kataloniens durchzusetzen. Um nicht verhaftet zu werden, flüchtete er nach Belgien. Er muss aber bei Rückkehr mit einer Festnahme rechnen. ERCChef Oriol Junqueras sitzt derzeit in Untersuchungshaft wegen der gleichen Vorwürfe, die auch gegen Puigdemont erhoben werden.
Zusammengerechnet kommen die Befürworter einer Loslösung von Spanien auf etwas mehr als 47 Prozent der Stimmen. Also ähnlich, wie bei der Wahl im Jahr 2015, als sie 47,8 Prozent eingesammelt hatten. Die kleine linksalternative Liste Catalunya en Comú (CeC), die der spanischen Protestpartei Podemos nahesteht, wird künftig bei der Machtverteilung eine Schlüsselrolle spielen. Sie kam nach den vorläufigen Angaben auf gut sieben Prozent (2015: 8,9). Comú ist gegen die Abspaltung, unterstützt aber ein UnabZiel, hängigkeitsreferendum in Katalonien.
Durch das Wahlrecht wird das dünn besiedelte katalanische Hinterland, wo die Separatisten stark sind, bei der Sitzverteilung begünstigt. Sie können somit sogar eine absolute Mehrheit der Mandate erringen. Dies war ihnen auch bei der letzten Wahl in 2015 gelungen. Damals hatte die Unabhängigkeitsfront mit knapp 48 Prozent der Stimmen 72 der 135 Sitze errungen, also die absolute Mehrheit. Nun könnten es etwa 70 Mandate werden. Der Spanienblock war 2015 mit 39 Prozent auf 52 Sitze gekommen. Jetzt werden dem Spanien-freundlichen Lager in etwa 57 Mandate zugeschrieben.
Die Neuwahl war notwendig geworden, nachdem Spaniens Zentralregierung die katalanische Separatistenregierung in Barcelona wegen zahlreicher illegaler Entscheidungen Ende Oktober abgesetzt hatte. Dem Separatistenkabinett unter Ministerpräsident Puigdemont war vorgeworfen worden, am 1. Oktober ein illegales Unabhängigkeitsreferendum organisiert und am 27. Oktober eine widerrechtliche Unabhängigkeitserklärung durchgesetzt zu haben.