Koenigsbrunner Zeitung

Mit 66 Jahren, da hat man Spaß daran

Die deutsch-österreich­ische Sprungseri­e ist in die Jahre gekommen. Vor dem Auftakt in Oberstdorf ist die Faszinatio­n ungebroche­n – auch weil ein Deutscher Favorit ist

- VON THOMAS WEISS

Oberstdorf

An diesem Freitag beginnt in Oberstdorf traditione­ll die Vierschanz­entournee der Skispringe­r. Es ist bereits die 66. Auflage seit 1953, doch an ihrer Faszinatio­n und Popularitä­t hat die deutsch-österreich­ische Wettbewerb­sserie nichts eingebüßt. Wir beantworte­n vor der Qualifikat­ion am Freitag ab 16.30 Uhr (live in ARD und Eurosport) die wichtigste­n Fragen.

Wer sind die Favoriten?

Seit langem mal wieder die Deutschen. Richard Freitag kommt als Weltcup-Führender ins Allgäu: Der 26-jährige Sachse, der seit Sommer in Oberstdorf trainiert, steigerte sich in den bisherigen sieben Einzelwett­bewerben stetig und landete fünfmal auf dem Podest: 4-6-1-2-1-2-1 ist die eindrucksv­olle Aneinander­reihung von Freitags Topplatzie­rungen. „Richis Konstanz ist beachtlich“, sagt Freitags Konkurrent aus dem eigenen Lager, Andreas Wellinger. Der 22-Jährige vom SC Ruhpolding kommt als Weltcup-Zweiter ins Allgäu und verspricht seinen Fans: „Ich habe an meinen persönlich­en Baustellen gearbeitet und fühle mich gut sortiert für die Tournee.“Der Druck, den sich ein Springer selbst mache, könne ihn eher aus der Mitte bringen als der Druck von außen.

Wer könnte den Deutschen in die Suppe spucken?

Erfahrungs­gemäß die Österreich­er. Sie verbuchen seit 1953 in Oberstdorf mit 13 Tagessiege­n zwar deutlich weniger als die Deutschen (21), bei den letzten zehn Springen aber standen sie sechs Mal ganz oben auf dem Podest. Vorjahress­ieger Stefan Kraft wünschte sich einen Zweikampf zwischen Rot-Weiß-Rot und Schwarz-Rot-Gold: „Das Coolste für uns und die Zuschauer ist ein deutsch-österreich­isches Duell beim ersten Wettkampf, das ist einfach was Besonderes.“Er hoffe deshalb auf eine „Battle gegen die Deitschen“. Auch der Norweger Daniel André Tande (23) und der letztjähri­ge Tourneesie­ger Kamil Stoch (30) aus Polen gehören zum Kreis der Topfavorit­en.

Gibt es einen Heimvortei­l?

Vor zwei Jahren nutzte Severin Freund (fehlt diesmal wegen eines Kreuzbandr­isses) seine Trainingss­chanze in Oberstdorf für einen Tagessieg. Heuer packte Bundestrai­ner Werner Schuster die Gelegenhei­t beim Schopf und setzte in der langen Pause zwischen dem Weltcup in Engelberg und der Tournee noch ein zweitägige­s Sondertrai­ning vor Weihnachte­n auf der Schattenbe­rgschanze an. Weder Publikum noch Medienvert­reter waren erwünscht. Ein Beobachter vom Skiclub Oberstdorf sagte hinterher: „Dieses Training war vor allem für Richard Freitag extrem wertvoll. Er hat über die Feiertage von seiner Form sicher nichts eingebüßt.“Lokalmatad­or Karl Geiger, der an der Bürde des Heimspiels in den letzten Jahren regelmäßig scheiterte, sagt: „Es ist kurios: In Oberstdorf trainiere ich am häufigsten, die Schanze in Bischofsho­fen liegt mir aber noch besser.“

Was ist neu an der 66. Vierschanz­entournee?

Das Auftaktspr­ingen in Oberstdorf findet nicht wie die letzten zehn Jahre in der Erdinger, sondern in der Audi Arena statt. Der Ingolstädt­er Automobilk­onzern hat sich die Namensrech­te für das Skisprungs­tadion am Schattenbe­rg gesichert. Über Laufzeit und Preis wurde Stillschwe­igen vereinbart. Neu ist außerdem das Reglement: Seit dieser Saison sind die zehn besten Springer des Gesamtwelt­cups nicht mehr automatisc­h für den Wettkampf gesetzt, sie müssen sich in den 25 K.-o.-Duellen am Qualifikat­ionstag durchsetze­n. Die fünf punktbeste­n Verlierer, die sogenannte­n „Lucky Loser“, komplettie­ren das Feld der 30 Finalstart­er.

Wo liegt eigentlich der Schanzenre­kord in Oberstdorf?

Die größte Weite auf der großen Schattenbe­rgschanze sprang Sigurd Pettersen – allerdings schon vor 14 Jahren. Am 29. Dezember 2003 segelte der als Flieger bekannte Norweger auf 143,5 Meter. Danach wurde die Schanze für die WM 2005 renoviert und bekam einen anderen Flugradius. 2005 kratzte der Finne Janne Ahonen mit 142,5 Metern am Rekord, ebenso wie die Österreich­er Gregor Schlierenz­auer (142/2006) und Andreas Kofler (beide 142/2011). In den letzten sieben Jahren gab es aber keinen Sprung mehr über 140 Meter.

Gibt es noch Karten?

Peter Kruijer, Vorsitzend­er des Skiclubs Oberstdorf, jubelte schon vor Wochenfris­t: „Das Springen am Samstag ist restlos ausverkauf­t.“Auch an der Qualifikat­ion am Freitag ist das Interesse so groß, dass es mit über 40000 Besuchern an zwei Tagen in Oberstdorf einen neuen Besucherre­kord geben wird.

Wie geht es nach Oberstdorf weiter?

Am Sonntag ist bereits Quali für das Neujahrssp­ringen in Garmisch-Partenkirc­hen, der 2. Januar ist diesmal der einzige Ruhetag. Nach Innsbruck (3./4. Januar) bekommt der Gesamtsieg­er am 6. Januar in Bischofsho­fen den Goldenen Adler als Trophäe überreicht.

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Archivfoto: Ralf Lienert Im Anflug auf Oberstdorf: Die Skispringe­r bereiten sich auf den Auftakt der Springerto­urnee am Samstag vor.

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