Augsburg ringt um seine Bedeutung
Die Großstadt wird nach dem Willen der Staatsregierung zur Metropole hochgestuft. Dass auch Kommunen im Umland einen höheren Status bekommen werden, sieht die Stadt nicht mit Freude. Diskussionen um Entwicklung von Neusäß
Region
Der Befund war alarmierend: Als die Stadt Augsburg vor sieben Jahren untersuchen ließ, welchen Stellenwert ihre Innenstadt für Kunden aus dem weiteren Umland hat, war das Ergebnis niederschmetternd. Augsburg habe an Strahlkraft fürs Umland verloren, Kunden seien in die Nachbarstädte abgewandert, so das Ergebnis eines Einzelhandelsgutachtens. Seitdem wird versucht, diesen Trend wieder umzukehren. Und nun fürchtet Augsburg, auch an anderer Stelle an Bedeutung gegenüber dem Umland zu verlieren. Hintergrund ist das Landesentwicklungsprogramm des Freistaats, das momentan final erarbeitet wird. In dem Papier stellt das Heimatministerium fest, welche Orte in Bayern welche Bedeutung haben und wie sie sich entwickeln sollen, was zum Beispiel öffentliche Einrichtungen wie Schulen und Ämter betrifft. Konkrete Ansprüche haben Städte zwar nicht, aber es eröffnet Perspektiven. Kein Wunder, dass jede Stadt möglichst hoch eingestuft werden möchte.
Für Augsburg grundsätzlich positiv: Es ist zur Metropole hochgestuft worden, womit es formal mit München und dem Ballungsraum Nürnberg/Fürth/Erlangen/Schwabach in einer Liga spielt. Unklar ist, was der Titel konkret bringt. Die Schaffung einer Uniklinik, so die Stadt, sei „ein erster wichtiger Schritt, dem weitere folgen müssen“. Doch vor allem sieht man in der Verwaltung mit Sorge, dass Städte im Umland heraufgestuft werden. Donauwörth wurde bereits zum Oberzentrum befördert, geplant sind Dillingen/ Lauingen sowie Günzburg/Leipheim. Man fürchte eine gegenseitige Schwächung. Noch deutlicher wird die Kritik bei der Aufstufung von angrenzenden Kommunen zu Mittelzentren. Erst ging es nur um Gersthofen/Langweid, jetzt ist auch Königsbrunn ein Aufstiegskandidat. Man lehne eine solche Aufstufung ab, so Baureferent Gerd Merkle (CSU): „Der Widerspruch ist nicht gegen unsere Nachbarstädte gerichtet, sondern ans Ministerium.“Gleichwohl könne man nicht ignorieren, dass die Nachbarn über große Flächen zur Entwicklung verfügen, die Augsburg nicht habe.
Im Umland sieht man die Bedenken gelassen. Wenn Augsburg Metropole wird, könnten ja auch die Nachbarn an Bedeutung gewinnen, hieß es aus dem Königsbrunner Rat- haus vor einem Jahr, als sich die Städte erstmals äußern durften. Das stärke die gesamte Region. Überdies sei es auch für Königsbrunn nicht so einfach, Gewerbe und Wohnen unter einen Hut zu bekommen.
Neusäß, Stadtbergen und Diedorf wollen im Dreierbund ebenfalls wichtiger werden, daraus wird aber wohl nichts werden. Eine Hochstufung zum Mittelzentrum ist nicht absehbar, was in Neusäß nicht gut ankommt. So sei man in der Ansiedlung von großen Einkaufsmärkten mit überörtlicher Bedeutung gehemmt, lautete die Reaktion im Neusässer Planungsausschuss.
Das wiederum dürfte Augsburg nicht schlecht passen. Denn Neusäß ist unabhängig von der HierarchieDiskussion dabei, sich flächenplanerisch neu aufzustellen. Vorgesehen sind neue Gewerbeflächen im Bereich Lohwald-/Daimlerstraße, wo Schuh Schmid seinen Sitz hat.
Eine Ausweitung von Fachmärkten betrachtet man im Augsburger Rathaus „äußerst kritisch“. Auch dass Neusäß am östlichen Rand Überlegungen für ein Wohngebiet in Richtung Augsburg anstellt, wird genau verfolgt. Man sehe es kritisch, wenn die Felder zwischen Bärenkeller und Neusäß zugebaut werden, so CSU-Stadtrat Günter Göttling. Der Bauverwaltung gefällt zudem nicht, dass die Erschließung nur über den Holzweg in Augsburg erfolgen könne. Darum wolle man im Vorfeld eingebunden werden. Grundsätzlich begrüße man aber, wenn Neusäß Flächen fürs Wohnen ausweist – auch im Hinblick auf die Uniklinik.
Auch Friedberg ist unzufrieden mit seiner Einstufung. Die Stadt, die soeben die 30000-Einwohner-Marke übersprungen hat, gilt weiterhin nur als Mittelzentrum. Bei Bürgermeister und Stadtrat stößt das auf Unverständnis, zumal andere gleich große oder sogar kleinere Kommunen zu Oberzentren „befördert“würden. „Friedberg ist die sechstgrößte Stadt Schwabens, es gibt acht Oberzentren in Schwaben, aber wir sind nicht dabei“, so Bürgermeister Roland Eichmann. Der Stadtrat wird seine Sicht der Dinge nun in einer Stellungnahme ans Heimatministerium darlegen.