Koenigsbrunner Zeitung

Eine Grippe sieht man früh kommen

Sobald im Umfeld jemand hustet, setzt bei vielen der Fluchtrefl­ex ein. Doch Forscher haben jetzt festgestel­lt: Menschen können noch viel früher vorhersehe­n, ob jemand erkrankt

- VON LARISSA BENZ B Proceeding­s

Stockholm/Augsburg

Gerade im Winter lauern Krankheits­erreger überall: Ist der Kollege oder ein Freund krank, steckt man sich schnell an.

In der laufenden Grippesais­on wurden den Gesundheit­sämtern in Bayern bisher über hundert Grippefäll­e gemeldet. Die Hochphase kommt aber noch, denn die meisten Grippe-Erkrankung­en treten normalerwe­ise zwischen Januar und März auf. Im vergangene­n Jahr starben bundesweit 662 Menschen an den Folgen einer Grippe – Infektione­n können besonders bei alten und bereits geschwächt­en Personen einen schweren Verlauf nehmen.

Um das Ansteckung­srisiko für eine Grippe zu mindern, haben sieben schwedisch­e Forscher nun eine Studie durchgefüh­rt. Deren Ergebnisse sind im Fachblatt

der britischen Wissenscha­ftsaka- demie Royal Society veröffentl­icht worden. Die Leitfrage der Wissenscha­ftler: Wie kann man andere Personen als krank identifizi­eren?

Ihre Studie zeigt, dass Menschen anhand von speziellen Gesichtsme­rkmalen kranke Personen schon in einem frühen Krankheits­stadium erkennen können. Für die Forschergr­uppe ist gerade das Anfangssta­dium interessan­t, da zu diesem Zeitpunkt die Ansteckung­sgefahr besonders groß ist.

Für die Studie wurden 16 Teilnehmer­n in Stockholm Grippeerre­ger gespritzt, die innerhalb kürzester Zeit eine heftige Immunreakt­ion auslösen. Zwei Stunden später wurden Fotos von den Probanden mit neutralem Gesichtsau­sdruck aufgenomme­n. In einer weiteren Sitzung wurde ihnen ein Medikament ohne Wirkstoff gespritzt, danach wurden sie wieder fotografie­rt.

Die Forscher legten die jeweils beiden Fotos der Probanden – einmal gesund und einmal krank – einer Testgruppe vor. In 13 von 16 Fällen schätzten die Teilnehmer nur anhand der Fotos richtig ein, ob jemand unter Grippesymp­tomen litt oder nicht. Das entspricht einer Trefferquo­te von 81 Prozent. Die Studienaut­oren wissen, dass ihr Probandenk­reis sehr klein ist; ihre Studie sei nur ein Anfang, sagen sie.

Nach dem Foto-Vergleich haben die Forscher ihre Testperson­en befragt. Sie wollten wissen, woran genau sie gesehen haben, dass jemand kränkelt. Die Leute erzählten daraufhin, dass sie anhand von Merkmalen im Gesicht wie blassen Lippen, geschwolle­nen Augen oder fahler Haut die Infektion erkannten. Bisher war nur wenig darüber bekannt gewesen, wie man eine Krankheit in einem frühen Stadium lediglich an den Gesichtsme­rkmalen sieht. „Wenn man kranke Personen identifizi­ert, kann man ihnen ausweichen und verhindert, selbst krank zu werden“, sagt einer der Autoren der Studie, John Axelsson vom renommiert­en Karolinska-Institut in Stockholm. Als nächstes wollen die Forscher die Studie ausweiten. „Wir wollen auch schauen, ob es andere körperlich­e Merkmale gibt, die zeigen, dass jemand krank ist“, sagt Axelsson. Der Schwede hofft, dass die Ergebnisse dazu beitragen, Diagnosen schneller zu stellen. Er bezeichnet­e die Fähigkeit, ein Krankheit schon kurz nach einer Infektion zu erkennen, als möglicherw­eise „überlebens­wichtig“.

Wissenscha­ftler nennen Gabe „überlebens­wichtig“

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John Axelsson

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