Mit voller Stimme durch den Winter
Warum es so wichtig ist, zeitweise zu schweigen. Und was man tun kann, damit Heiserkeit auch in Erkältungszeiten erst gar keine Chance hat
Stuttgart
Husten und Schnupfen sind in der kalten Jahreszeit weit verbreitet. Häufig hat das auch negative Auswirkungen auf die Stimme. Sie klingt dann rau, irgendwie brüchig und heiser. Im Normalfall ist das nicht weiter schlimm, denn mit dem Abklingen der Erkältung erholt sich auch die Stimme. „Vorausgesetzt, ich schone meine Stimme und spreche ökonomisch“, sagt Sabine Falkner, Leiterin der Berufsfachschule für Logopädie an der Hochschule Fresenius in Frankfurt am Main. „Wer der Stimme keine Ruhe gönnt, erhöht die Gefahr chronischer Entzündungen.“
Tief im Rachen, im Kehlkopf, werden die Töne erzeugt, die für unser Sprechen und Singen nötig sind. Der Rachen mündet in zwei Ausgängen, in die Speiseröhre und in die vor ihr liegende Luftröhre. Der Kehlkopf stellt den oberen Abschluss der Luftröhre dar. Damit beim Essen beziehungsweise beim Schlucken keine Nahrung in die Luftröhre gelangt, wird diese durch den Kehlkopfdeckel verschlossen. Danach öffnet sich dieser wieder, sodass die Luft ungehindert einund ausgeatmet werden kann. Der Kehlkopf selbst besteht aus mehreren Knorpeln, Muskeln und Bändern, die – fein aufeinander abgestimmt – zusammenarbeiten, um Töne zu erzeugen. Etwa in seiner Mitte sitzen die Stimmbänder beziehungsweise die Stimmlippen, die wie der gesamte Kehlkopf von Schleimhaut überzogen sind. Die Öffnung zwischen ihnen bezeichnet man als Stimmritze. Beim Atmen ist die Stimmritze geöffnet. Soll ein Ton gebildet werden, geht das nur beim Ausatmen, indem die ausströmende Luft die dann geschlossenen Stimmlippen zum Vibrieren bringt, wodurch Schallwellen entstehen. Die Tonhöhe ist abhängig von der Frequenz, mit der die Stimmlippen schwingen. Diese wiederum hängt mit der Spannung der Stimmbänder zusammen. „Man kann sich das wie bei einem Musikinstrument, bei- spielsweise einer Harfe, vorstellen“, erklärt Sophie Flandin, HNO-Fachärztin an der Uniklinik Würzburg. „Ist die Saite locker gespannt, ergibt sich ein tieferer Ton, ist sie straff gespannt, klingt der Ton höher.“Erst das Zusammenspiel von Rachen, Mund und Nasenhöhle als Resonanzraum formt aus dem Ton die Stimme. Wenn bei einer Erkältung die Schleimhäute in diesem Bereich gerötet und geschwollen sind, macht sich das meist auch an der Stimme bemerkbar.
Eine Erkältung – in den allermeisten Fällen durch Viren verursacht – kann auch zu einer Kehlkopfentzündung, einer Laryngitis, führen. Die Erreger haben dann die Schleimhaut des Kehlkopfes befallen und verursachen heftige Symp- tome: „Die Stimme ist heiser. Jedes Sprechen tut weh. Man fühlt sich abgeschlagen und manchmal kommt noch Fieber hinzu. Häufig wird das Ganze von Schluckbeschwerden und Schnupfen begleitet“, erklärt die HNO-Ärztin. Heizungsluft, die die Schleimhäute austrocknet, verschlimmert die Symptome. Eine erkältungsbedingte Laryngitis heilt meist von alleine ab. „Antibiotika braucht man selten. Sie sind nur bei einer nachgewiesenen bakteriellen Infektion sinnvoll“, erläutert Sophie Flandin. Eine Kehlkopfentzündung kann darüber hinaus auch durch mechanische Reize entstehen wie etwa durch lautes Reden oder Schreien.
Unabhängig von der Ursache gilt es bei einer Kehlkopfentzündung, die Stimme zu schonen. „Das beste Mittel ist, nicht mehr zu reden“, empfiehlt Flandin. Damit die Schleimhäute im Rachen und Kehlkopf feucht bleiben, sollten die Patienten häufig inhalieren. Dazu eignet sich Salzwasser, aber auch Thymianoder Salbeitee. „Kamille ist nicht angeraten. Das trocknet die Schleimhäute aus.“Wenn Probleme mit der Stimme auftauchen oder Heiserkeit länger als drei Wochen besteht, sollte die Ursache unbedingt von einem HNO-Arzt abgeklärt werden. Vorbeugend kann man eine ganze Menge tun, um pfleglich mit seiner Stimme umzugehen und Stimmstörungen zu vermeiden, wie die Logopädin Falkner erklärt. Das fängt mit der Vermeidung eigentlich ganz gewöhnlicher Verhaltensweisen an: „Flüstern und Räuspern sind zum Beispiel ganz schlecht. Beides belastet den Stimmapparat ungemein.“Außerdem gefährden größere Mengen an hochprozentigem Alkohol, scharfe Gewürze, zu kalte oder zu heiße Getränke und das Rauchen die Stimme. Gut sind dagegen alle Maßnahmen, die die Schleimhäute in Nase, Rachen und Kehlkopf feucht halten: „Viel und regelmäßig trinken ist unabdingbar, vor allem Wasser und Kräutertees“, meint die Logopädin.