Vom Kopf bis zum Schwanz
bekannt, dass die Produktion eine Belastung für die Natur, für Böden und Klima darstellt.
Warum lässt der Fleischkonsum kaum nach? Zwar habe sich in den letzten zehn Jahren der Anteil der Vegetarier auf über vier Prozent verdoppelt, schreibt im „Fleischatlas 2018“der Göttinger Professor Achim Spiller. Offensichtlich habe aber ein anderer Teil der Bevölkerung den Fleischkonsum parallel erhöht. Dazu zähle „eine Gruppe von rund fünf Prozent Vielfleischessern unter den Männern“, die fast dreimal so viel Fleisch verzehrten wie die Durchschnittsdeutschen. Auch Trends wie Winter-Grillen oder die Steinzeit-Diät („Paleo“) tragen zum Konsum bei. Weltweit gehen die Naturschützer bis zum Jahr 2050 nochmals von einem deutlichen Wachstum des Hungers auf Fleisch
Mit noch so gut gemeinten Verboten werden Naturschützer nicht weit kommen, wenn es darum geht, den Fleischkonsum in Deutschland zu senken. Wie sich jemand ernährt, sollte Privatsache sein und nicht Sache des Staates. Die Grünen sind einst mit ihrem Vorstoß eines „Veggie-Days“aufgelaufen. Und XXL-Schnitzel mögen „pervers“sein, wie der Chef des Bundes für Umwelt und Naturschutz, Hubert Weiger, sagt. Aber ein Verbot wäre übertrieben. Trotzdem gibt es gute Gründe, die Fleischproduktion politisch in vernünftigere Bahnen zu lenken.
In Deutschland wird noch immer sehr viel Fleisch produziert – auch für den Export. Die Folgen der Massentierhaltung sind unschön. In einigen Ställen und Schlachthöfen gab es massive Tierschutzverstöße. Selbst eine gute Tierhaltung belastet Böden und Luft. Dass die Ausweitung der Produktion sogar zu weniger Einnahmen führen kann, erlebten die Milchbauern. Es ist nicht lange her, dass der Milchpreis verfiel.
Das Umdenken kann auch den Verbrauchern nicht schaden. Weniger Fleisch essen, klar. Und noch eine Idee: In meiner Kindheit landete manchmal ein Stück gebratene Leber auf dem Teller. In Bayern hat man als „Saures Lüngerl“fein geschnittene Kalbsinnereien gegessen. Das ist selten geworden. Innereien sind heute verpönt. Erst einige Köche beginnen wieder damit, Tiere „vom Kopf bis zum Schwanz“zu verwerten. Das ist ein Weg, das Lebensmittel Fleisch zumindest mehr wertzuschätzen. aus – mit fatalen Folgen für die Umwelt.
In vielen Regionen Europas sei durch die intensive Tierhaltung das Grundwasser belastet. Grund sind Gülle und Mist, die auf den Feldern ausgebracht werden. Der enthaltene Stickstoff gerät als Nitrat ins Grundwasser. Ein großes Problem ist das zum Beispiel in Teilen Niedersachsens. Zudem verschärfe die Fleischproduktion die Klimaerwärmung: Die fünf weltgrößten Fleisch- und Milchkonzerne emittierten mehr klimaschädliche Gase als der Ölriese Exxon, schreibt Christine Chemnitz von der Heinrich-Böll-Stiftung. Grund sei nicht nur der MethanAusstoß verdauender Kühe. Für die Futtermittel-Produktion wird gerade im Ausland Wald und Grasland umgebrochen. Dadurch entweicht das im Boden gespeicherte Klimagas CO2 in die Atmosphäre.
Im Vorfeld der Agrarmesse „Grüne Woche“fordern die Naturschützer ein politisches Umsteuern. Das Ziel sei eine „Halbierung des Fleischkonsums“, wobei man sich auf Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Ernährung stütze, In manchen Teilen Deutschlands werde diese Zahl erheblich überschritten – zum Beispiel in den für ihre intensive Schweinehaltung bekannten niedersächsischen Kreisen Vechta und Cloppenburg. Aber auch Kreise in unserer Region fielen den Naturschützern auf – der Kreis Augsburg, das Unterallgäu und das Ostallgäu.
Der Deutsche Bauernverband kennt das Klimaproblem und gelobte Besserung. Seit 1990 habe der Agrarsektor seine TreibhausgasEmission um 16 Prozent reduziert. Diesen Pfad müsse man „weiter beschreiten“, sagte eben erst Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. Er schlug eine bessere Fütterung vor, die Verwendung von Gülle in Biogasanlagen und eine schnellere Einarbeitung der Gülle in den Boden.