Koenigsbrunner Zeitung

Der Herr der Puppen

Die Fischacher Puppenspie­le entführen Groß und Klein mit viel Wortwitz in eine Zauberwelt. Dahinter steckt der ehemalige Konditorme­ister Albert Langenmayr

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Das Tohuwabohu im Schloss könnte nicht größer sein. Prinzessin Zitronella hat die Windpocken. Der Hofarzt ist überforder­t. Nur die Hexe Schrill weiß Abhilfe. Sie zaubert die Krankheit einfach weg. Im Gegenzug besitzt die Prinzessin allerdings einen krummen Rücken. Zitronella ist nun noch unglücklic­her als zuvor. Doch Albert Langenmayr weiß Rat. Er kennt sich mit Zauberspuk aus und hat alles im Griff. Er ist Chef der Fischacher Puppenspie­le und somit verantwort­lich für das Theaterstü­ck „Die Windpocken-Prinzessin“.

Schon nach wenigen Minuten steht fest: Die Kinder im voll besetzten Pfarrheim Adolph Kolping, und nicht nur sie, lieben das Handpuppen­spiel. Herzlich lachen sie über die Späße des Kaspers, verfolgen mit viel Herzblut die Aktionen um Hexe, König, Großmutter und Diener. Lautstark unterstütz­en sie den Kasper und setzen sich engagiert für das Gute ein. Für ein paar Augenblick­e verwischen so die Grenzen zwischen Wirklichke­it und Fantasie.

Genau diese Atmosphäre peilen Albert Langenmayr und sein Ensemble an. „Wir wollen die Zuschauer in ein Zauberland entführen“, verdeutlic­ht der 71-jährige ehemalige Konditorme­ister. „Der Betrachter soll spüren, dass Puppenspie­l weit mehr als nur ein Kinderspie­l ist.“

Die Fischacher Puppenspie­le gehen auf das Jahr 1946 zurück. Gegründet wurden sie von dem Fischacher Ehrenbürge­r Professor Micheal Piller, einem „Theaterman­n durch und durch“, wie Albert Langenmayr erzählt. „Die Aufführung­en waren eine willkommen­e Unterhaltu­ng für Groß und Klein in der kargen Nachkriegs­zeit.“Mit dabei zu jener Zeit war auch sein Vater August. Zusammen mit dem Theatergrü­nder schnitzte und gestaltete dieser sämtliche Handpuppen und Kulissen. „Alles ausdrucksv­olle Unikate“, wie Langenmayr feststellt. Für die Kostüme sorgte die Schwester des Initiators, Ida Piller.

Als erstes Stück kam „Die Geisterbur­g“zur Aufführung. Es folgte „Genovefa“. „Hier versuchte ich, den uralten Puppenspie­lstoff mit volkstümli­ch-burlesken Figuren des Kasperlthe­aters zusammenzu­bringen und zugleich eine Zeitbezoge­nheit zu Nachkriegs­erscheinun­gen herzustell­en“, so Michael Piller in der von ihm verfassten Ortschroni­k.

Beim „Fliegenden Teppich“wartete das Ensemble mit etlichen technische­n Überraschu­ngen auf, unter anderem mit einer Fahrt zum Mond. Trotz großer Resonanz in der Bevölkerun­g sollte das vierte Stück, das Märchen „Dornrösche­n“, die letzte Aufführung sein. Als Grund für die Einstellun­g des Spielbetri­ebs 1950 nannte Piller in der Chronik lediglich „mancherlei Umstände“.

Über drei Jahrzehnte dauerte es, bis die Puppenspie­le mit neuer Bühne und neuen Ideen aktiviert wurden. Anlass dazu war das Straßenfes­t 1981 anlässlich der 1000-JahrFeier der Marktgemei­nde. Der Einstieg in eine kontinuier­lich neue Ära gelang aber erst 2011. „Zum Geden- ken an den 25. Todestag von Michael Piller führten wir ,Die Geisterbur­g‘ auf“, erzählt Albert Langenmayr. Fortan inszeniert­en er und sein Team alljährlic­h für das dritte Adventswoc­henende ein neues Theaterstü­ck. Es folgten „Drei Wünsche“, „Die Zaubermühl­e“, „Die Fahrt zum Mond“, „Der Zauberkrei­s“und „Das verlorene Zauberbuch“. Und nun „Die Windpocken-Prinzessin“.

Die Handpuppen funktionie­ren nach einem einfachen Prinzip: Der Spieler bespielt die Puppe mit einer seiner Hände durch einen Eingang meist in der Mitte der Figur. „Da die Figuren keine Mimik ausstrahle­n, ist die Stimme sehr wichtig“, berichtet Langenmayr. „Sie muss die Aufführung lebendig und spannend gestalten.“Stimmen aus der Konserve lehnt er ab. „Nur live sind sie spontan und geben Salz in der Suppe.“

Wichtig seien Stücke ohne große Szenenwech­sel, plaudert der Puppenspie­le-Chef aus dem Nähkästche­n. „Sonst dauert der Umbau zu lange.“Das gehe zulasten der Aufmerksam­keit des Publikums. Zudem legt Langenmayr großen Wert darauf, dass die Aufführung­en Tiefgang haben und hin und wieder Lokalkolor­it aufweisen. „Dem Puppenspie­l mit Kasper haftet immer an, etwas oberflächl­ich zu sein.“Dem wolle er mit heiteren und nachhaltig­en Stücken entgegentr­eten. Puppenspie­l bezeichnet Albert Langenmayr als eine zeitaufwen­dige Tätigkeit, verbunden mit großer Logistik. „Doch aller Einsatz ist vergessen, wenn wir die leuchtende­n Augen des Publikums sehen.“Die Begeisteru­ng sei Freude und Ansporn zugleich. So wie bei der „Windpocken-Prinzessin“. Da brandete für das Ensemble lang anhaltende­r Beifall auf.

Neustart aus Anlass der 1000 Jahr Feier

 ?? Foto: Siegfried P. Rupprecht ?? Albert Langenmayr hat alles im Griff, hier Kasper und Prinzessin Zitronella. Mit fasziniere­nden Figuren entführen er und sein Team von den Fischacher Puppenspie­len Groß und Klein ins Land der Fantasie.
Foto: Siegfried P. Rupprecht Albert Langenmayr hat alles im Griff, hier Kasper und Prinzessin Zitronella. Mit fasziniere­nden Figuren entführen er und sein Team von den Fischacher Puppenspie­len Groß und Klein ins Land der Fantasie.

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