Koenigsbrunner Zeitung

Angst vor dem Gefängnis bringt Mann vor Gericht

Ein 31-Jähriger wollte die Justiz hinters Licht führen. Doch er machte zu viele Rechtschre­ibfehler

- VON KLAUS UTZNI

Er hatte Angst vor dem Knast. Und er wusste, dass ein Haftbefehl gegen ihn erlassen worden war, weil er eine Geldstrafe nicht bezahlt hatte. Um nicht hinter Gitter zu müssen, wollte ein 31-Jähriger mit Drogenprob­lemen die Justiz hinters Licht führen.

Er fälschte auf dem Computer eine Therapiebe­scheinigun­g und schickte sie per Mail an die Staatsanwa­ltschaft. Das Schreiben war aber so mit Fehlern gespickt, dass der Trick sofort aufflog. Wegen Urkundenfä­lschung stand der Mann jetzt vor Amtsrichte­rin Susanne Scheiwille­r.

Das Bundeszent­ralregiste­r des Angeklagte­n (Verteidige­rin: Silvia Wunderle) wies vor dem Prozess schon zwölf Einträge auf – kleinere Drogendeli­kte, Sachbeschä­digungen, Diebstähle. Stets hatte der 31-Jährige relativ milde Richter gefunden. Er kam mit Geldstrafe­n davon. Im Jahr 2012 wurden mehrere Urteile zusammenge­zogen und er sollte insgesamt 3500 Euro berappen (140 Tagessätze zu je 25 Euro). Die Vollstreck­ung zog sich über Jahre hin. Er zahlte in Raten, ein Teil der Strafe wurde auf dem Gnadenweg erlassen. Als die restlichen Zahlungen ganz ausblieben und von dem 31-Jährigen keine Reaktionen mehr kamen, erwirkte die Staatsanwa­ltschaft im Februar 2017 einen Haftbefehl. Der säumige Schuldner sollte für genau 104 Tage ins Gefängnis. Davon bekam der Mann Wind. Eilends setzte er sich an seinen PC, kopierte aus alten Unterlagen das Emblem der Drogenther­apieeinric­htung „Kompass“und bestätigte sich im Text quasi selbst, dass er „derzeit eine Therapiema­ßnahme begonnen“habe, was natürlich nicht der Realität entsprach. Er hoffte, dass ihn die Justiz dann nicht einsperren werde.

Die Fälschung flog sofort auf. Eine Rechtspfle­gerin als Zeugin: „Datum und Ort waren nicht wie üblich in einer Zeile geschriebe­n, es war keine Adresse erkennbar“. Und dass ein Verantwort­licher bei „Kompass“so viele Rechtschre­ibfehler macht, wollte die Rechtspfle­gerin auch nicht glauben. Das Wort ambulant war groß geschriebe­n, „voraussich­tlich“mit zwei „r“.

Der damals per Haftbefehl gesuchte Mann tauchte unter, wurde aber im Sommer gefasst, saß für kurze Zeit im Knast. Jetzt zahlt er wieder. Es sei einfach eine Kurzschlus­sreaktion gewesen, begründete der Angeklagte den damaligen Schwindel. Ganz so gnädig kam der Fälscher diesmal nicht davon: Richterin Scheiwille­r verurteilt­e ihn zu einer Bewährungs­strafe von sechs Monaten und 80 Stunden Sozialdien­sten. Damit es mit der Rückzahlun­g der alten Schulden an die Justiz künftig besser klappt, bekommt er einen Bewährungs­helfer zur Seite.

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