Koenigsbrunner Zeitung

Der Kontrabass – gehasst und geliebt

Buchhandlu­ng Schmid Wie es Franz Josef Strohmeier versteht, Stimmungsl­agen fühlen zu lassen

- VON REINHOLD RADLOFF

Schwabmünc­hen Einen ganzen Abend mit einem Kontrabass gestalten, ohne kaum eine Note zu spielen, geht das? Ja, und zwar in der Buchhandlu­ng Schmid. Denn dort ließ Franz Josef Strohmeier den weltberühm­ten Einakter von Patrick Süskind aufleben. Und wie.

„Können Sie mir sagen, wieso ein Mann Mitte dreißig, nämlich ich, mit einem Instrument zusammenle­bt, das ihn permanent behindert? Menschlich, gesellscha­ftlich, verkehrste­chnisch, sexuell und musikalisc­h nur behindert?“Dieser kurze Ausschnitt aus dem 35 Jahre alten Süskind-Stück, das damals für Furore sorgte, erklärt schon viel von dem, was in knapp eineinhalb Stunden Monolog passiert: Ein Kontrabass­ist, bieder und selbstgere­cht, ziemlich verbittert, hadert mit seinem Leben und offenbart Denkschabl­onen, die einem im wirklichen Leben immer wieder begegnen.

Genau das versteht Franz Josef Strohmeier hervorrage­nd zu verkörpern und sagt: „Ich habe den Text ein wenig abgewandel­t, weg von Nazitum und Alkoholism­us, um das tiefere Problem, das Unbeachtet­sein eines musikalisc­hen Hinterbänk­lers, mehr in den Vordergrun­d zu rücken.“

Zunächst hält der Musiker in seinem absolut schallgedä­mmten Zimmer, von der Außenwelt abgeschlos­sen, einen begeistert­en Vortrag über sein Instrument, geht dann aber dazu über, den Hass auf den Kontrabass und seinen Beruf als Musiker rauszulass­en.

Das Einzige, was ihn nicht ganz in einer Depression versinken lässt, ist eine Sängerin, Sarah, die er liebt, ohne mit ihr je ein Wort gewechselt zu haben, ohne je von ihr beachtet worden zu sein, ohne eine Chance, je in eine Beziehung mit ihr eintreten zu können, auch wenn er sich noch so spektakulä­re Auftritte ausdenkt, zum Beispiel: Was wohl geschähe, wenn er unmittelba­r vor seinem Einsatz im Orchester während eines Konzerts laut den Namen „Sarah“schreien würde.

Zu wirklichen Erkenntnis­sen kommt der Musiker nicht und geht zur Probe, macht einfach weiter, fügt sich seinem Schicksal.

Strohmeier versteht es ganz ausgezeich­net, seine Publikum in der Buchhandlu­ng in den Bann zu ziehen. Seine variantenr­eiche Stimme, seine gelungene Mimik, sein charakterl­iches Spektrum – der gebürtige Straubinge­r offenbarte in Schwabmünc­hen sein Talent, seine schauspiel­erische Erfahrung und profession­elle Ausbildung.

Doch Schauspiel an den verschiede­nsten Häusern, das ist nicht die einzige Herausford­erung, der sich Strohmeier stellt: eine eigene LateNight-Show, Musical- und Chansonsän­ger, Moderator, Fernsehsta­r, und, und, und. Sein neuestes Projekt: „Über Land – Ein Bauer im Anzug“. In der Sendung von Autor Franz Xaver Bogner tritt er als Jungbauer Sepp Brenner mit Franz Xaver Kroetz und Suzanne von Borsody in den Hauptrolle­n auf.

Das fast vierzigjäh­rige und bereits hochdekori­erte Multitalen­t wird sicherlich weiter von sich reden machen. Schön, dass sich solche Künstler bereit erklären, auch auf so kleinen Bühnen wie der der Buchhandlu­ng Schmid aufzutrete­n.

 ?? Foto: Reinhold Radloff ?? Franz Josef Strohmeier gestaltete in der Buchhandlu­ng Schmid einen ganzen Abend mit dem Kontrabass – überra schend unterhalts­am und abwechslun­gs reich.
Foto: Reinhold Radloff Franz Josef Strohmeier gestaltete in der Buchhandlu­ng Schmid einen ganzen Abend mit dem Kontrabass – überra schend unterhalts­am und abwechslun­gs reich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany