Heimat – was für eine Heimat?
Das Wort „Heimat“hat Hochkonjunktur. Unsere Zeitung widmete diesem Begriff eine ganze Ausgabe. Der offensichtliche Grund für diese Beachtung: Was im Begriff ist, verloren zu gehen, erregt Aufmerksamkeit. Oh du gute alte Heimat, wo wir geboren wurden, wo wir uns geborgen fühlten, wo wir die Menschen kannten und diese freundlich waren.
Aber ist „Heimat“nicht auch immer eine trügerische Idylle gewesen? Und könnte es sein, dass dies heute noch viel stärker der Fall ist? So sehr, dass es vielleicht sogar einfältig und gefährlich zu nennen ist? Was soll man von der Rückkehr der Tracht halten, der Lederhosen und Dirndl, in denen die Augsburger ins Bierzelt gehen. Aber was soll das mit Heimat zu tun haben? Es schaut doch eher wie traurige Persiflage der Heimat aus, ein Kostümieren fürs Event.
Und dann gibt es noch so etwas Rätselhaftes, die vielen Bauerntheatergruppen in der Region. Nur warum zum Kuckuck führen sie ihre Schwänke in einem aufgesetzten Seppl-Oberbayerisch auf? Warum benutzen sie nicht unser schönes, ausdrucksstarkes Augsburgisch, das sogenannte Hochschwäbisch. Das war mir schon immer ein Rätsel und wird mir auch immer ein Rätsel bleiben.
Tatsächlich schaut es auf dem Land in Sachen „Heimat“traurig aus. Kaum ein Dorf hat noch eine eigene Bäckerei, von Postämtern ganz zu schweigen. Eher schon findet man ein Tattoo- oder PiercingStudio.
Gerade die Partei, die einen Heimatminister im Kabinett geschaffen hat und sich der Heimatpflege verschrieben hat, hat sich seit Stoibers „Laptop und Lederhose“-Idee dem Fortschrittsglauben verpflichtet, der skurril anmutet. Wichtig ist der Breitbandausbau für’s Internet, an dem auch die Dorfjugendlichen hängen, und die die Stammtische in den Wirtshäusern den 80-Jährigen überlassen – falls es noch eine Dorfgaststätte gibt.
Schon vor 15 Jahren hatte ich ein Erlebnis, das mich schockiert hat. Ein damals hochrangiger Geschäftsführer erzählte mir, was er und seine Familie empfunden haben, als sie in Italien auf der Autobahn von Neapel nach Rom gefahren sind. Plötzlich tauchte das Logo von McDonald’s auf. Er sagte, dass er sofort von der Autobahn abgefahren sei. Im Fast-Food-Lokal hätte alle ein heimatliches Gefühl befallen.
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An dieser Stelle blickt der Kabarettist Silvano Tuiach für uns auf das Geschehen in Augsburg und der Welt.