Das Angeberschiff ging gleich unter
Tolle Welt Die Vasa sollte das größte Kriegsschiff aller Zeiten sein. Doch sie sank auf ihrer Jungfernfahrt und geriet in Vergessenheit. Heute ist sie Stockholms größte Sehenswürdigkeit
Vom Untergang der Titanic hat jeder gehört. Aber wer kennt die Geschichte der Vasa? Die Vasa, das war ein schwedisches Kriegsschiff. Es sank ebenfalls auf seiner Jungfernfahrt, ist aber viel älter. Über 300 Jahre lag das Schiff auf dem Grund vor der schwedischen Hauptstadt Stockholm. Es geriet sogar fast vollkommen in Vergessenheit. Im Gegensatz zur Titanic gelang es aber, die Vasa zu heben und zu restaurieren. Deshalb kann man das Kriegsschiff heutzutage in einem Museum bewundern.
Die Vasa sollte ein gigantisches Angeberschiff werden: Der damalige König Gustav Adolf wollte das so. Er wollte das größte Kriegsschiff zu seiner Zeit besitzen: 69 Meter lang, 52 Meter hoch. 1000 Eichen wurden dafür gefällt. 400 Menschen arbeiteten sieben Jahre an der Vasa. Es wurden sogar Bildhauer beschäftigt, um 700 bunte Skulpturen für den Schiffsrumpf zu fertigen. Die Vasa war das erste Schiff, das richtige Fenster aus Bleiglas hatte. Aber sie hatte vor allem 64 Kanonen auf zwei Decks, so viele wie kein anderes Kriegsschiff.
Doch alles ging schief. Die Jungfernfahrt am 1. August 1628 sollte ein großes Spektakel werden, endete aber in einer Tragödie. Rund 10 000 Stockholmer kamen in den Hafen, um das Auslaufen der prachtvollen Galeone (so nennt man diese Art Schiff) zu beobachten. Die Vasa setzte unter Jubel und Salutschüssen die Segel. Schon nach wenigen Metern wurde sie von einer Windbö erfasst und legte sich so tief auf die Seite, dass Wasser durch die offenen Kanonenluken drang. Den Seeleuten gelang es sogar, die Galeone noch einmal aufzurichten. Doch als sie außerhalb des geschützten Hafenbeckens von einem stärkeren Windstoß erfasst wurde, kippte die Vasa erneut zur Seite und sank innerhalb einer halben Stunde. Das Boot war nur knapp einen Kilometer weit gekommen. Mindestens 30, vielleicht sogar 50 der 150 Besatzungsmitglieder kamen ums Leben.
Das Schiff war eine einzige Fehlkonstruktion: viel zu hoch und viel zu schmal. Nach diesem Unglück wurden Schiffe breiter gebaut. Das Problem war: Kein Baumeister hatte bis dahin Erfahrung gehabt, wie eine Konstruktion für so viele Kanonen an Bord sein sollte.
333 Jahre lag die Vasa vor Stockholm unentdeckt auf dem Grund, bis 1951 der Wrackforscher Anders Franzén anfing, nach ihr zu suchen. Er durchkreuzte auf einem Boot die Stockholmer Bucht und ließ systematisch ein Handlot herab. Nach fünf Jahren, am 25. August 1956, wurde das legendäre Schiff gefunden.
Der hohe Schwefelanteil im Hafenwasser hatte das Holz des Schiffes erhalten. Deshalb war die Vasa in relativ gutem Zustand. Im Schlamm auf dem Schiffsboden fand man 13 000 Holzteile, 500 geschnitzte Figuren, 200 Ornamente, einige noch nicht geborgene Kanonen und
12 000 kleinere Gegenstände aus Holz, Textilien, Leder und Metall. Daneben fand man mehr als
4000 Kupfermünzen. Die Restaurierung des Kriegsschiffes war sehr aufwendig: unter anderem musste es 17 Jahre lang mit einer Chemikalie behandelt werden, damit sich das Holz nicht zersetzt.
Heute kann das weltweit einzige erhaltene Schiff aus dem 17. Jahrhundert im Museum bewundert werden, dem VasaMuseet auf der Insel Djurgarden, die zu Stockholm gehört. Auf sieben Stockwerken kann man der Vasa ganz nahe kommen. Und in einer Dokumentation sehen, wie das Schiff aus dem Schlamm geborgen wurde.