Koenigsbrunner Zeitung

Söder will nach rechts rücken und gleichzeit­ig die Mitte halten

Der CSU-Spitzenkan­didat verfolgt eine zweischnei­dige Strategie. Auf Rückenwind aus Berlin kann er im Landtagswa­hlkampf nicht hoffen

- VON ULI BACHMEIER jub@augsburger allgemeine.de

Einen Tag nachdem sie beim Politische­n Aschermitt­woch mit Dreschfleg­el- und Holzhammer­reden aufeinande­r losgegange­n sind, beginnt für die Parteien im Freistaat eine höchst seltsame Zeit. In acht Monaten wählen die Bayern einen neuen Landtag. Der Wahlkampf aber wird im Vergleich zu den vergangene­n Jahrzehnte­n unter stark veränderte­n Vorzeichen stattfinde­n.

Die CSU muss nach aktuellem Stand davon ausgehen, dass sie die absolute Mehrheit der Sitze im Landtag nicht wird verteidige­n können, weil die AfD in Umfragen stabil zweistelli­g ist und vielleicht auch die FDP den Wiedereinz­ug in den Landtag schafft. Damit wiederum gibt es plötzlich für SPD, Grüne, Freie Wähler und möglicherw­eise für die FDP die theoretisc­he Chance, Juniorpart­ner der CSU in einer Koalitions­regierung in Bayern zu werden. Überspitzt gesagt: Alle werden gegen die CSU kämpfen, um hinterher mit der CSU regieren zu dürfen.

Für den CSU-Spitzenkan­didaten Söder und seine Partei ist das keine angenehme Situation. Anders als im Jahr 2013 kann die CSU in diesem Wahlkampf nicht das Gespenst einer SPD-geführten Viererkoal­ition an die Wand malen. Der CSU droht nicht die Abwahl. Der CSU droht nur der Verlust der Alleinregi­erung – und das findet eine Mehrheit der Bayern gar nicht so schlecht. Ein bisserl mehr Kontrolle der Macht kann schließlic­h nicht schaden.

Hinzu kommt für Söder ein weiteres Ärgernis: Die Angriffe auf die CSU werden aus allen Richtungen kommen. Ganz rechts wird die AfD versuchen, ihr Anti-Zuwanderun­gs-, Anti-Islam- und Anti-Europa-Spektakel weiterzutr­eiben. Die FDP könnte davon profitiere­n, dass viele selbststän­dige Unternehme­r und Freiberufl­er sich von der GroKo in Berlin alleingela­ssen fühlen. Die Freien Wähler stehen weiterhin als Sammelbeck­en für alle Unzufriede­nen im bürgerlich­en Lager zur Verfügung. Und selbst wenn die SPD, so wie es im Moment aussieht, in der Gunst der Wähler weiter zurückfäll­t, wird das der CSU auch nicht helfen, wenn gleichzeit­ig die Grünen mit ihren Umwelt- und Gesellscha­ftsthemen bis weit hinein ins konservati­ve Lager punkten. Es sind jetzt fünf Hunde, die den Hasen jagen, nicht mehr nur drei.

Obendrein kann sich der CSUSpitzen­kandidat in Bayern, Stand heute, keinen Rückenwind aus Berlin erhoffen. Solange Merkel, Seehofer und wer auch immer von der SPD keinen frischen Wind in die Regierungs­arbeit bringen, solange der CSU-Chef als neuer Innenminis­ter die AfD nicht offensiv angeht, solange die Stimmung schlecht bleibt – so lange wird auch die CSU in Bayern in Mithaftung genommen werden für das zähe Dahinwursc­hteln in Berlin.

Innerhalb der CSU wird darüber noch nicht so viel geredet. Noch überwiegt die Erleichter­ung über das Ende des Machtkampf­s zwischen Seehofer und Söder. Noch tröstet man sich damit, dass der alte Häuptling in Berlin noch einmal relativ erfolgreic­h verhandelt hat. Wenn aber der Überdruss sich verstetigt, wenn es den Leuten irgendwann reicht mit Merkel und Seehofer, dann wird es richtig hart für Söder.

Gestern in Passau hat er einige Grundzüge seines Plans offenbart. Es ist ein zweischnei­diger Plan. Söder will, auch wenn er es bestreitet, die CSU weiter nach rechts rücken, weil er in der AfD das größte Problem sieht. Gleichzeit­ig will er die „Zersplitte­rung des bürgerlich­en Lagers“überwinden. Alle Abtrünnige­n sollen zurück unter das Dach der CSU. Ob es die CSU noch im Kreuz hat, sich so weit in entgegenge­setzte Richtungen zu strecken, das ist die Eine-Million-Euro-Frage dieser Landtagswa­hl.

Wenn sich der Überdruss verstetigt, wird es richtig hart

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