Koenigsbrunner Zeitung

Schweden kämpft gegen Mikroplast­ik

Viele Kosmetika enthalten winzige Plastikpar­tikel. Die Regierung in Stockholm verbietet diese Produkte jetzt. Warum das Land eine EU-Regelung nicht abwarten wollte

- VON ANDRÉ ANWAR

Wer schön sein will, muss leiden. Unglücklic­herweise leidet die Umwelt bei vielen Schönheits­behandlung­en mit. Kosmetisch­e Produkte enthalten oft mikroskopi­sch kleine Kunststoff­teilchen. Die Plastikpar­tikel in Peelings und Duschgels sollen helfen, Hautschüpp­chen zu entfernen. Außerdem dienen sie als Füllstoff und Bindemitte­l in Make-up und Abdeckcrem­es sowie als Filmbildne­r in Shampoos und Spülungen. Beim Abwaschen landen die möglicherw­eise gesundheit­sschädlich­en Teilchen allerdings in der Kanalisati­on – und so auch in Flüssen und Meeren. Darin lebende Tieren nehmen sie zu sich.

Weil der rot-grünen Regierung in Schweden die Ausarbeitu­ng eines EU-weiten Verbots für Kosmetika mit Plastiktei­lchen zu lange dauert, hat sie im Alleingang ein Verbot erlassen. Schon ab dem 1. Juli dürfen in Schweden keine neuen Kosmetikpr­odukte mit Plastikpar­tikeln in den Handel kommen. Bereits von Händlern eingekauft­e Lagerbestä­nde dürfen allerdings noch bis Ende 2018 verkauft werden.

„Es ist Wahnsinn, Produkte mit Plastiktei­lchen anzureiche­rn, unabhängig davon, um welche Produkte es geht. Wir wissen, dass Kläranlage­n sie nicht ausfiltern können und dass sie deshalb im Meer landen“, begründet Umweltmini­sterin Karolina Skog den Schritt. Es gebe natürliche Ersatzmate­rialien, betont sie.

Schweden ist nicht das erste Land, das Mikroplast­ik aus der Kosmetik verbannen will. In Großbritan­nien und Kanada gibt es be- reits entspreche­nde Verbote. In Deutschlan­d hat das Umweltbund­esamt zuletzt im Dezember vergangene­n Jahres gefordert, Mikroplast­ik in Kosmetik zu untersagen. Seit 2013 gibt es eine freiwillig­e Vereinbaru­ng mit der Kosmetikin­dustrie. Umweltmini­sterin Barbara Hendricks hat allerdings vor einigen Monaten gedroht, ein Verbot durchzuset­zen, falls das Abkommen nicht zum vereinbart­en Ergebnis führt.

Am weltweiten Plastikmül­lberg hat Mikroplast­ik aus Kosmetik nur einen sehr geringen Anteil. Deshalb untersucht Schwedens Chemikalie­nbehörde bis zum 31. März, ob weitere Produkte von einem Verbot erfasst werden sollten. Viel Mikroplast­ikmüll verursacht nach ersten Erkenntnis­sen der Abrieb von Autoreifen. In Schweden entstehen so jährlich 7674 Tonnen Mikroplast­ik.

Die Regierung in Stockholm bewilligte zusätzlich­e 17 Millionen Kronen – umgerechne­t 1,75 Millionen Euro – pro Jahr für die westschwed­ische Küstenregi­on Bohuslän, wo aufgrund der Strömungen besonders viel Müll aus dem gesamten Nordatlant­ik angeschwem­mt wird. 85 Prozent davon sei Plastikabf­all, heißt es in einer Studie der Stiftung „Haltet Schweden sauber“.

In Deutschlan­d gilt der Rhein als besonders belastet. Nach einer Untersuchu­ng der Universitä­t Basel findet sich in dem Fluss so viel Mikroplast­ik wie in kaum einem anderen Strom auf der Welt. Den Wissenscha­ftlern zufolge transporti­ert der Rhein an einem einzigen Tag 25 bis 30 Kilogramm kleinste Plastiktei­lchen.

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Foto: Bernd Wüstneck, dpa Deutlich kleiner als ein Fingernage­l, aber gut erkennbar: Diese Mikroplast­ik Teilchen wurden am Ufer der Warnow in Rostock gefunden.

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