Sanieren oder abreißen?
Wann ein Neubau wirklich die bessere Lösung ist
Alte Häuser haben Charme, aber auch gravierende Nachteile. Der Wohnkomfort entspricht nicht mehr heutigen Ansprüchen, die Zimmer und Fenster sind klein und in den Räumen wird es nie richtig warm – obwohl der Energieverbrauch erschreckend hoch ist. Wer ein älteres Haus erbt oder kauft, steht mitunter vor der Frage: Soll ich das Gebäude aufwendig sanieren oder gleich abreißen und ein neues Haus auf dem Grund errichten?
Beide Varianten haben Vor- und Nachteile. Erst nach einem sorgfältigen Abwägen aller Argumente kann die bestmögliche Entscheidung getroffen werden.
In finanzieller Hinsicht ist in der Regel der Neubau teurer – insbesondere wenn das Bestandsgebäude in gutem Zustand ist und nur Einzelmaßnahmen notwendig sind, meist aber auch dann, wenn im Rahmen einer Komplettsanierung inklusive energetischen Optimierung richtig Geld in die Hand genommen wird und vom Altbau im Extremfall nur noch der Rohbau genutzt werden kann. Bei der Neubauvariante darf nicht unterschätzt werden, dass sich allein die Abrisskosten locker auf weit über 10 000 Euro summieren können.
Manchmal warten jedoch bei einem Umbau böse Überraschungen. Im Lauf der Arbeiten können Probleme auftauchen, die nicht absehbar waren und Mehrkosten verursachen, die die Finanzierung ins Wackeln bringen. Beim Neubau sind die Ausgaben dagegen gut kalkulierbar. Zudem profitiert der Bauherr von einer langen Phase, in der im Normalfall keine Sanierung mehr nötig ist.
Was ebenfalls für die „Radikallösung“spricht: Man kann sein neues Zuhause nach den eigenen Vorstellungen planen, in einem Bestandsgebäude sind die Gestaltungsmöglichkeiten dagegen limitiert. Die eine oder andere Innenwand kann vielleicht entfernt werden, aber die Statik setzt in architektonischer Hinsicht immer wieder Grenzen. Um einen Altbau zu vergrößern, müssen zudem Erweiterungsbauten dazugestellt werden.
Aus ökologischer Sicht darf nicht vergessen werden, dass ein Abriss sehr viel „graue Energie“vernichtet. Diese war nötig, um das bestehende Haus aufzubauen und die Baustoffe herzustellen. Durch Dämmungen an Fassade und Dach, den Austausch von Fenstern und alter Heizung kann ein Bestandsgebäude energetisch gesehen auf Neubauniveau gebracht werden, was Energieverbrauch und Wohnkomfort angeht.
Ein Faktor, der bei der Antwort auf die Frage „Abriss oder Sanierung?“oft eine entscheidende Rolle spielt, ist die emotionale Komponente: Handelt es sich um das Elternhaus, in dem man aufgewachsen ist und an dem Kindheitserinnerungen hängen, kann es sehr schwerfallen, alles dem Erdboden gleichzumachen.
Es empfiehlt sich auf jeden Fall, einen Planer oder Architekten zurate zu ziehen, der über reichlich Erfahrung beim Thema Altbausanierung verfügt, um eine fundierte Kosten-Nutzen-Analyse erstellen zu können.
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Tipps
Weitere Infos gibt es auch bei den Allgäuer Altbautagen am 17. und 18. Februar in der Big Box in Kempten, www.altbautage.de
Martin Sambale
ist Geschäftsführer des Energie und Umweltzentrums Allgäu, kurz eza!