Der sanfte Schmelz des Fremden
Beim internationalen Künstlerempfang am Aschermittwoch im Rathaus herrschten die warmen, weichen Töne vor. Das könnte auch am Valentinstag gelegen haben
Manchmal wirkt das Fremde so vertraut. Und das Vertraute so fremd. Wenn der blinde Bariton Ahmet Gül und die Opernsänger Öykü Sensöz das Zauberflöte-Duett „Bei Männern, welche Liebe fühlen“singen, klingt Mozart so gar nicht neckisch. Es scheint, als schwebe dem Bariton ein eigenes Traumbild vor, auch bei dem türkischen Kunstlied, wie fein der Schnee rieselt. Zumal das Musikensemble von Seref Dalyanoglu an der Langhalslaute dazu in differenzierter Instrumentierung eine Landschaftsstimmung zeichnet.
In guter Tradition lud die Stadt zum internationalen Künstlerinnenund Künstlerempfang am Aschermittwoch in den Goldenen Saal ein. Den gendergerechten Titel hat sich Interkultur-Referent Reiner Erben dieses Jahr durch eine Publikumsbefragung geben lassen. „Künstler ohne Grenzen“oder „Kosmopolitischer Künstlerempfang“wären zur Alternative gestanden, verriet Margret Spohn, Leiterin des Büros für Migration, Interkultur und Vielfalt. Ihre Arbeit mit den Migrantengruppen wird sie 2018 ins Zeichen von 100 Jahre Freistaat Bayern stellen. „Wir werden zeigen, dass die weißblauen Rauten viele bunte Sprengsel bekommen haben“, sagte Spohn.
Stunden führte Moderator Horst Thieme im voll besetzten Saal durch ein vielfältiges Programm, das sich vom Valentinstag inspirieren ließ. So schmachtete Sopranistin Jihyun Cecilia Lee mit blitzsauberen Spitzentönen „Meine Lippen, sie küssen so heiß“. Träumerisch-schwärmend trug Selma Saxon zum sanften Sound des Ersin Erkan Sextetts zwei türkische Traditionals vor. Sanfte Töne fand auch der junge Sänger Sedat Cerimi auf der Suche nach seinem Troja in Augsburg, Girisha Fernando, Jo- chen Helfert und Kilian Bühler lieferten zu der Erzählung auf Englisch eine Basis von Smooth Jazz. Weich ging es beim Ensemble Misuk weiter, jetzt sang Eva Gold drei vertonte Texte von Henrik Ibsen aus „Peer Gynt“. In der Begleitung bekam das Cello wie die Gitarre ihren Auftritt. Ebenfalls die warmen, sanften Melodien beschwor die 2017er Kunstförderpreisträgerin Hanna Sikasa in ihren Eigenkompositionen mit tiefgründiger Stimme, die sie poesievoll selbst am Klavier begleitete.
Mit gespielter Empörung rechneZweieinhalb te Poetry-Slammer Moritz Gruber mit seinen Erzeugern ab, die ihm die optimale Förderung versagt hätten.
Überschäumende Lebensfreude brachte der Ausklang: Die bayerische Dreieckmusi mit Fabian Eglhofer, Ulrich Linder und Daniel Schmid erwies sich als musikantisch temperamentvolle, kreative Tanzlmusi. Das jiddische Ensemble Feygele ließ Füße wippen und Hände klatschen beim „Yidl mitm Fidl“, während Christina S. Drexel die Hörer mit der Hymne „Yerushalaim shel zahav“zum Schmelzen brachte.