Koenigsbrunner Zeitung

Kommissari­sch

- VON MICHAEL SCHREINER mls@augsburger allgemeine.de

Die volle Autorität? Daran gebricht es in diesem Winter. Wir leben in einer Interimsph­ase, einer Zeit des Übergangs und der politische­n Zwischenlö­sungen. An den Schaltstel­len und in den Chefbüros, in den Ministerzi­mmern und Parteizent­ralen sitzen Einspringe­r und Vorläufige, Dabehalten­e und Diensthabe­nde, Designiert­e und Mutmaßlich­e, Überbrücke­r und Hoffnungst­räger, Vertreter und Verlegenhe­itslösunge­n. Die Bundesregi­erung: ein Kabinett der geschäftsf­ührenden Ministerin­nen und Minister, geführt von der geschäftsf­ührenden Bundeskanz­lerin. Eine geduldete Regierung in Anführungs­zeichen und gleichsam auf Kommission handelnd.

Nichts aber ist derzeit so interimist­isch und vorläufig wie die SPD. Möglicher Koalitions­partner, über dem das Damoklessc­hwert des Mitglieder­entscheids schwebt. Und eine Partei, die kommissari­sch geführt wird. Das Interregnu­m zwischen den Parteivert­retern Schulz und Nahles heißt Scholz.

SPD in spe, irgendwas zwischen i. V. und a. D.

Vize Scholz führt die Partei kommissari­sch, nachdem die geplante Übernahme der SPD durch eine kommissari­sche Vorsitzend­e Nahles Gegenwind bekommen hatte. Andrea Nahles ist jetzt bloß die designiert­e Parteivors­itzende im Wartestand, während Schulz im Heer der Ex-Parteiführ­er untertauch­t. Auch in der CSU ist in diesen Tagen und Wochen alles auf Abruf, in der Schwebe. Ex und hopp. Der eine, Seehofer, ist vorderhand Noch-immer-Ministerpr­äsident und Noch-nicht-Heimatmini­ster, der andere, Söder, Noch-nichtMinis­terpräside­nt und Noch-immer-Heimatmini­ster. Schach, noch kein Matt. Im protokolla­rischen Vorgriff zog Söder am Aschermitt­woch allerdings schon zum Defilierma­rsch in die Arena ein, bejankert uniformier­t als unheimlich potenziell­er Landesvate­r.

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