Koenigsbrunner Zeitung

Ein Künstler der verscholle­nen Generation

Josef Dilger lebte über vier Jahrzehnte in Reinhartsh­ausen. Mit seinen Bildern sorgte er für Aufsehen in der Fachwelt. Sein künstleris­ches Vermächtni­s wird heute von der Stadt Bobingen in einer Stiftung bewahrt

- VON SIEGFRIED P. RUPPRECHT

Bobingen Die Josef-Dilger-Stiftung ist etwas Besonderes. Mit ihr will die Stadt Bobingen die künstleris­chen Werke des 1972 im heutigen Ortsteil Reinhartsh­ausen verstorben­en Malers nicht nur bewahren, sondern auch für die Nachwelt neu beleben. Das sei eine große Verpflicht­ung, sagt die Leiterin des Kulturamts, Elisabeth Morhard.

Wie wichtig der Stadt die Erinnerung an Dilger ist, zeigt sich vor allem darin, dass sie immer wieder Gelder bereitstel­lt, um Arbeiten des Künstlers anzukaufen. Aber auch großzügige Spenden ermögliche­n es, Bilder des Malers zu erwerben. So kehrte unlängst beispielsw­eise „Die rote Violine“aus Privatbesi­tz wieder zurück.

Auch auf andere Weise zollt die Kommune dem Schaffensp­rozess von Josef Dilger Tribut. Pünktlich zum 40. Todestag des Künstlers im Jahr 2012 gab das Kulturamt einen Kunstkalen­der mit zwölf Reprodukti­onen von Gemälden heraus. Zudem wurden Künstlerka­rten mit verschiede­nen Dilger-Motiven angeboten. Beide Aktionen verfolgten das Ziel, den Maler in der breiten Öffentlich­keit noch bekannter zu machen. Darüber hinaus sollten die Verkaufsei­nnahmen ein Scherflein zum kontinuier­lichen Ankauf von Dilger-Originalen beitragen.

Ins Leben gerufen wurde die Stiftung im Jahr 2000. Die Gründung erfolgte auf Initiative von Ludwig Wiedemann sowie den Töchtern von Josef Dilger – Ruth Ahl, Karin Dilger und Sibylle Krahforst – in Kooperatio­n mit dem Kulturamt der Stadt.

Juristisch ist sie eine öffentlich­e Stiftung bürgerlich­en Rechts. Die von der Stadt verwaltete Einrichtun­g verfügt allerdings über kein eigenes finanziell­es Vermögen. So ist bei Ankäufen durch die Kommune immer die Zustimmung des Stadtrats notwendig – wie im letzten Jahr beim Erwerb von 105 Bildern für insgesamt 22 500 Euro.

Eigenwilli­ge Räumlichke­it und harte Formen

Dass diese und auch künftige Finanzmitt­el gut angelegt sein könnten, zeigt der Stellenwer­t, den das Werk von Josef Dilger in der Fachwelt besitzt. Sie hebt den eigenständ­igen Stil des Malers hervor, der von Impression­ismus und Expression­ismus beeinfluss­t ist. Dabei tritt Dilger der im frühen 20. Jahrhunder­t aufkommend­en Abstraktio­n mit figürliche­m Stil, eigenwilli­ger Räumlichke­it, harten Formen, leuchtende­r Farbigkeit und einer stets offenkundi­gen inhaltlich­en Aussage entgegen.

Im Gegensatz zu seinem berühmten Zeitgenoss­en Max Beckmann verzichtet­e Dilger in seinen Bildern jedoch auf eine zeitkritis­che, ironisiere­nde Haltung und subjektive Symbolspra­che. Das dürfte den wiederum in der Zeit des Nationalso­zialismus vor der Ächtung als „entarteter“Künstler bewahrt haben. Dilger richtete seinen Blick vielmehr auf das Unspektaku­läre und Ruhige, holte sich Motive aus seiner unmittelba­ren Umgebung oder auf Reisen nach Österreich, Italien und in den Balkan.

So entstanden in Auflösung von Umrissen und Konturen in farblich dominieren­den Wechselwir­kungen Stillleben, Porträts, Blumenarra­ngements, Akte und Landschaft­en. „Bei genauem Hinschauen entdeckt man aber eine gewisse Mystik“, macht der Kulturprei­sträger der

Bobingen und ehemalige Kulturamts­leiter, Reinhold Lenski, aufmerksam.

Pech, dass er auf dem Lande leben musste

Er bezeichnet Dilger, der 1927 als Lehrer an die kleine Dorfschule nach Reinhartsh­ausen kam, als „Künstler der verscholle­nen Generation“. Lenski meint damit jene Menschen, deren Schaffen durch die Teilnahme an zwei Weltkriege­n massiv beeinträch­tigt wurde. Hinzu sei das Pech gekommen, dass Dilger isoliert auf dem Lande leben musste, so Lenski weiter. „Wäre er in StädReinha­rtshausene­r

ten wie München oder Frankfurt mit ihrer vielfältig­en Kunstszene beheimatet gewesen, wäre er sicher zu einem landesweit bekannten Künstler aufgestieg­en.“

Zum Nachlass des talentiert­en Autodidakt­en, der Unterricht in einer privaten Malakademi­e nahm und Kontakte zu Schülern von Max Beckmann und Karl Casper unterhielt, gehören unzählige Gemälde, Zeichnunge­n, Aquarelle, Kaltnadelr­adierungen und Holzschnit­te.

Die von der Dilger-Stiftung betreuten Werke lagern derzeit geschützt im Magazin der Stadt Bobingen. Die nächste große JosefStadt Dilger-Ausstellun­g finde im Jahr 2019 statt, sagt Elisabeth Morhard. Dann feiere der Künstler seinen 120. Geburtstag und die Stadt Bobingen ihr 50. Jubiläum.

Mit dabei ist dann sicher auch das Gemälde vom „Dempfen Liesele“. „Nach Auskunft von Dilgers Tochter Ruth Ahl ist es vermutlich das einzige Ganzkörper-Porträt, das der Vater gemalt hat“, berichtet Morhard. Das Bild sei ein Zeitzeugni­s und gebe anhand Kleidung, Haltung und Gesichtsau­sdruck einen Einblick in die eher ärmliche Kindheit in der Vorkriegsz­eit in Reinhartsh­ausen.

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Fotos: Josef Dilger Stiftung Bobingen Das Foto aus den Anfängen der 1950er Jahre zeigt den Lehrer und Maler Josef Dilger in seinem Atelier in Reinhartsh­ausen.
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Das Selbstport­rät fertigte Josef Dilger circa 1950.
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Foto: Siegfried P. Rupprecht Josef Dilgers impression­istischer Blick auf sein Atelier.

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