Auf Wanderschaft mit dem Lechtal Lamm
Unser Essen Die Wanderschäferei Hartl hütet eine ganz besondere Schafherde. Die Lämmer sind viel unterwegs, fressen natürliche Kräuter – und bekommen so eine ganz eigene Fleischwürze / Serie (34)
Landkreis Augsburg Das Merinolandschaf ist eine typisch süddeutsche Schafrasse. Die Tiere sind widerstandsfähig, beweglich, marschfähig, genügsam und sie wachsen prächtig – auch wenn das Futter, das sie bekommen, einmal mau ist. Aktuell zieht eine ganz besondere Herde von Merinolandschafen durch den Nachbarlandkreis Aichach-Friedberg. Von Pöttmes geht es Richtung Mühlhausen. Dort haben sie ihren Stall.
Was diese Schafherde, die von der Wanderschäferei Hartl begleitet wird, besonders macht, sind ihre Sommerweiden. Diese befinden sich im Schutzgebiet Stadtwald Augsburg, zum Beispiel auf der Königsbrunner Heide, auf der Firnhaberauheide und in den Lechauen nördlich von Augsburg. 75 Prozent dieser Sommerweiden sind für den Naturschutz bedeutsam. Die Fut- termittel, die ab und an gefüttert werden, stammen aus der Region. Gentechnisch verändert wurde daran nichts. Diese Einzelfaktoren treffen nur auf ein Schaf zu: auf das Lechtal-Lamm.
Diesen Namen gab der Landschaftspflegeverband Augsburg Stadt den Tieren. Und unter diesem Namen werden sie gehütet, wird mit ihnen gewandert und wird ihr Fleisch auch über regionale Metzgereien vertrieben. Im Wirtshaus Riegele, in der Landmetzgerei Dichtl und bei der Hofmetzgerei Ottilinger und ihren Filialen gibt es das Lechtal-Lamm zu kaufen. Für das anstehende Osterfest ist eine spezielle Osteraktion geplant.
Merinolandschafe sind a-saisonal und können das ganze Jahr über Nachwuchs bekommen. Im Stall von Christian Hartl kommen dreimal im Jahr Lämmer zur Welt: zu Weihnachten, im März und im Mai. Etwa 90 Prozent der Lämmer werden im Alter von fünf bis sechs Monaten geschlachtet.
Die übrigen Tiere werden von Wanderschäfer Hartl als Nachzucht gehalten. „Die frühe Schlachtung wirkt sich direkt auf den Geschmack aus“, erklärt Nicolas Liebig, Geschäftsführer des Landschaftspflegeverbands. Mit etwa einem halben Jahr beginnen die Tiere zu „bockeln“. So würde dann auch das Fleisch schmecken. Zur Schlachtzeit haben die Lämmer ein Lebendgewicht von etwa 35 bis 45 Kilogramm. Die Hälfte davon beläuft sich auf das Lammfleisch. Die andere Hälfte des Gewichts entfällt auf Knochen, Magen und Wolle.
Geschmacklich unterscheidet sich das Lechtal-Lamm deutlich von anderen Lämmern, erklären die Verantwortlichen, denn: Es erhält die Würze direkt über die Kräuter, die auf den Sommerweiden wachsen. Rossminze, Wiesenthymian und diverse Kleearten gedeihen auf den Magerrasen-Flächen. „Das verleiht dem Lechtal-Lamm eine ganz eigene Würze“, erklärt Manuel Maucher, der als angestellter Schäfer die Lämmer hütet. Tagtäglich wandert der 26-Jährige mit den Tieren.
In den Wintermonaten, von Oktober bis April, legt ein Schaf täglich etwa einen Kilometer zurück. Sechs bis sieben Stunden wandert der Schäfer zu dieser Zeit täglich mit den Tieren. In den Sommermonaten, von Mai bis September, können es zwei Kilometer täglich sein. Acht bis zehn Stunden tägliche Wanderzeit sind dann keine Seltenheit. Insgesamt wandert ein Merinolandschaf so jährlich etwa 500 Kilometer.
Die Bewegung schlägt sich in der Fleischgüte nieder, denn die Muskeln bilden sich gut und langsam aus. Das Fleisch der Lämmer hat nur einen geringen Fettanteil. Geschmacklich ist Lammfleisch deutlich würziger als Schweinefleisch. „Am besten schmeckt das Lamm als Spießbraten“, schwärmt der Schäfer. Wer den Konsum von Lammfleisch scheut, der habe vermutlich einmal ein altes Lamm aufgetischt bekommen.
Aktuell wandert der Schäfer mit seiner Herde mit etwa 500 Schafen zwischen Pöttmes und dem Stall in Mühlhausen, wo weitere 300 Tiere stehen. Der Stall ist immer dann die richtige Anlaufstelle, wenn das Wetter schlechter wird. Ab April dürfen die Tiere dann dauerhaft ihren Stall verlassen und machen sich auf in Richtung Augsburg. Die Wandergeschwindigkeit der Truppe variiert je nach den Weideflächen, die sie finden. „Gibt es viel Grünfutter, gehen wir langsamer. Bei Schnee werden wir schneller“, erklärt Josef Hartl. Wenn die Schafe satt sind, dann machen sie dies mit einer Art „Kopperle“deutlich, erklärt er.