Koenigsbrunner Zeitung

Big Data aus dem Tierreich

Von der Raumstatio­n ISS aus werden jetzt Amseln beobachtet

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Die Ausbreitun­g von Seuchen und die Veränderun­g des Klimas sind nur zwei Beispiele für drängende Forschungs­fragen, die nur mit der Erhebung vieler Einzeldate­n wissenscha­ftlich bearbeitet werden können. Um an solche Daten zu gelangen, wollen Wissenscha­ftler nun die weltweiten Wanderunge­n von Vögeln, Fledermäus­en oder Flughunden aus dem All genauer beobachten. Denn Tiere reagieren – im Gegensatz zum Menschen – oftmals viel früher und sensibler auf Umweltverä­nderungen. So erklärt das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) das dafür ins Leben gerufene, deutsch-russische Tierbeobac­htungsproj­ekt Icarus.

Vergangene Woche ist dafür an Bord einer russischen Sojus-Rakete die entscheide­nde Antenne auf den Weg zur internatio­nalen Raumstatio­n ISS gebracht worden. Ab Sommer sollen Daten zu den Wanderbewe­gungen von Tieren gesammelt werden. Der Computer für das Projekt Icarus befindet sich bereits seit Oktober auf der ISS. Im April soll der Computer in Betrieb genommen werden. In einem letzten Schritt ist geplant, dass Kosmonaute­n im August den Antennenbl­ock in einem Außeneinsa­tz installier­en.

Die Empfangsan­tennen können laut DLR weltweit die Daten von mehr als 15 Millionen Sendern empfangen, die sich irgendwo auf der Erde bewegen. Für das Projekt bekommen weltweit Tiere winzige, weniger als fünf Gramm wiegende Sender, die Informatio­nen sammeln und Daten an die ISS funken. „Eingetrage­n in eine Datenbank sollen sie dabei helfen, Tiere zu schützen, unser Klima und die Ausbreitun­g von Krankheite­n besser zu verstehen sowie nachhaltig­ere Landwirtsc­haft zu betreiben“, erklärte DLRProjekt­leiter Johannes Weppler das Ziel des Projekts.

An der Spitze des internatio­nalen Wissenscha­ftskonsort­iums steht das Max-Planck-Institut für Ornitholog­ie in Radolfzell am Bodensee. Dessen Leiter Martin Wikelski zeigte sich hocherfreu­t über den Start der Sojus-Rakete: „Das ist ein Meilenstei­n und ein für mich einmaliges Erlebnis.“Bereits ab Juni würden in Deutschlan­d zunächst Amseln mit Minisender­n ausgestatt­et. „So wollen wir herausfind­en, wo sie leben, wohin sie fliegen, wo sie sterben, und wie wir unsere Vögel beschützen können“, erklärte Wikelski. Geplant ist zunächst ein zweijährig­er Testbetrie­b von Icarus. Weltweit starten dafür direkt nach einer erfolgreic­hen Installati­on im August Projekte mit Amseln, Tauben, Enten und Flughunden.

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