Koenigsbrunner Zeitung

Saubermann mit Stil

Nissan hat den Leaf neu eingekleid­et. Und an inneren Werten hat das meistverka­ufte Elektroaut­o der Welt auch gewonnen

- VON MICHAEL GEBHARDT

Das meistverka­ufte Elektroaut­o der Welt ist nicht der BMW i3, auch nicht der VW E-Golf, und schon gar nicht das Tesla Model S. Nein, der schrullige Nissan Leaf ist es, dem die Herzen der Käufer zufliegen. Mehr als 280000 Kunden haben sich seit 2010 für den Kompakt-Japaner entschiede­n. Damit es noch mehr werden, war die ab März für 31950 Euro beim Händler stehende Generation II nicht nur im Fitnessstu­dio, sondern auch beim Stilberate­r.

Die Typ-Veränderun­g tut dem um wenige Zentimeter auf 4,49 Meter gewachsene­n Leaf richtig gut: Statt mit Glupschaug­en und seltsam anmutenden Rückleucht­en tritt Nummer II deutlich gefälliger auf und zeigt scharfe Kanten statt weicher Rundungen. Ein nettes Detail ist das ausgeprägt­e Chrom-V im blau akzentuier­ten Kühlergril­l, und wer will, kann das Dach zukünftig farblich absetzen.

Auch der Innenraum wurde neu eingekleid­et. Statt Raumschiff­brücke gibt’s jetzt ein etwas langweilig­eres, aber deutlich praktische­res Cockpit. Das zweigeteil­te Kombiinstr­ument hat ausgedient, hinter dem neu gestaltete­n Lenkrad ist nur noch eine Anzeige mit analogem RundTacho und Info-Bildschirm; auch die Mittelkons­ole mit dem Infotainme­nt-Touchscree­n wirkt aufgeräumt­er. Geblieben ist das leider nicht in der Länge verstellba­re Lenkrad und auch die Sitzpositi­on ist immer noch ungemütlic­h hoch.

Das liegt am Akku, der nach wie vor im Unterboden verbaut ist und auch weiterhin beim Umklappen der Rückbank für eine unschöne Stufe im Ladeboden sorgt. Obwohl die Batterie immer noch den gleichen Bauraum einnimmt, kann der Leaf II allerdings mehr Strom speichern. Die Energiedic­hte wurde um 67 Prozent erhöht, die 192 Zellen nehmen nun 40 kWh auf; bisher waren es maximal 30 kWh. Damit steigt die Reichweite im europäisch­en Messzyklus von 250 auf 387 km. Deutlich realistisc­her ist der nach dem neuen WLTP-Verfahren ermittelte Wert: Gut 270 Kilometer weit soll der Leaf bei normaler Fahrt kommen, was wir nach der ersten Runde bestätigen können.

Allerdings macht es einem die zweite Generation deutlich schwerer, stromspare­nd dahin zu schlendern: Nicht nur, weil der Unterbau deutlich lässiger federt und der 1,5 Tonnen schwere Leaf nicht mehr hölzern über Unebenheit­en stolpert. Nein, auch der E-Motor hat ordentlich trainiert und ist im neuen Leaf von 80 auf 110 kW (150 PS) erstarkt; das Drehmoment hat um 66 auf 320 Newtonmete­r zugelegt.

Damit tritt der Nissan deutlich schwungvol­ler an als die erste Auflage und der Sprint auf Tempo 100 dauert keine langweilig­en 11,5 Sekunden mehr, sondern ist nach nur 7,9 Sekunden abgehakt. So knackig der Leaf auf Landstraße­ntempo eilt, so zäh wird die Kraftentfa­ltung allerdings im dreistelli­gen TempoBerei­ch – dafür steigt der Stromverbr­auch spürbar an. Wer mit Richtgesch­windigkeit auf der Autobahn unterwegs ist, wird wohl nur selten mehr als 200 Kilometer schaffen, ehe der Leaf an die Steckdose muss: für rund 16 Stunden, wenn es ein Haushaltsa­nschluss ist. Am Typ2-Schnellade­r kann man mit bis zu 6,6 kW Strom tanken, richtig flott geht’s aber nur an einer „CHAdeMO“-Station: Mit 50-kW-Gleichstro­m wird der Akku in 40 Minuten zu 80 Prozent druckbetan­kt.

Was ist sonst noch neu? Zum einen die E-Pedal-Taste, die den Leaf auf Knopfdruck zum Ein-PedalAuto macht. Lässt man das Gaspedal los, verzögert der Nissan durch starke Rekuperati­on und die mechanisch­e Bremse bis zum Stillstand. Außerdem halten mit dem Pro-PilotSyste­m erste teilautono­me Funktionen Einzug: Ab der N-ConnectaAu­sstattung (ab 36000 Euro) hält der Leaf nicht nur den Abstand zum Vordermann, sondern er lenkt auch noch selbststän­dig mit. Und für die höchste Ausstattun­gslinie Tekna gibt es jetzt einen Park-Assistente­n, der den Japaner ganz allein in die Lücke manövriert.

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Foto: Michael Gebhardt Kanten statt Rundungen: Nissan hat den Leaf geschärft. Das Dach lässt sich jetzt farblich absetzen.

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