Koenigsbrunner Zeitung

Ein großes Thema beherrscht die Debatte

Zwar stimmten gestern alle Fraktionen für den Haushalt 2018. Doch beim Nahverkehr prallten die unterschie­dlichen Positionen hart aufeinande­r

- VON CHRISTOPH FREY

Einstimmig hat der Kreistag gestern den Haushalt für das Jahr 2018 beschlosse­n. Für Investitio­nen sind 31 Millionen eingeplant, der Landrat sieht die Chance zum Durchatmen. Beherrsche­ndes Thema in der Debatte war aber die Tarifrefor­m des AVV.

Landkreis Augsburg Einstimmig hat der Kreistag gestern den Haushalt für das Jahr 2018 beschlosse­n. Das Finanzgerü­st der Landkreisp­olitik für dieses Jahr sieht Ausgaben von insgesamt 279 Millionen Euro vor. Der Vermögensh­aushalt, in dem die Investitio­nen zusammenge­fasst sind, macht lediglich 31 Millionen aus (siehe auch Grafik).

Landrat Martin Sailer (CSU) sieht im laufenden Jahr Zeit zum Atemholen. Der Kreis bereite sich auf große Investitio­nen im Schulberei­ch vor. „Schulden tilgen, wann, wenn nicht jetzt?“, laute deshalb die Devise, so Sailer. Insgesamt will der Landkreis in diesem Jahr seine Verbindlic­hkeiten um mehr als zehn Millionen Euro verringern und keine neuen Kredite aufnehmen. Zum Jahresende soll die Schuldenla­st bei 57,8 Millionen liegen. Ihren bisherigen Höchststan­d hatte die Verschuldu­ng 2016 erreicht. Damals waren es 73,8 Millionen Euro.

In den Haushaltsb­eratungen hatten die Kreisräte bei den laufenden Kosten unter anderem beim Gebäudeunt­erhalt und Management den Rotstift angesetzt. Im Personalbe­reich wurden zehn Stellen eingespart. Inzwischen liegen die Personalko­sten bei rund 37 Millionen Euro.

Traditione­ll nützen die Fraktionsv­orsitzende­n die Verabschie­dung des Haushalts, um den politische­n Kurs im Landkreis insgesamt zu bewerten. Dabei befassten sich alle Redner mit der umstritten­en Tarifrefor­m im Verkehrsve­rbund AVV.

CSU-Fraktionsc­hef Lorenz Müller verwies auf die neun Millionen Euro, die der Kreis an den Verkehrsve­rbund überweist, um dessen Defizit auszugleic­hen. „Wir sparen nicht.“Für die Bürger im Landkreis sei das neue Tarifsyste­m eine „echte Verbesseru­ng“. Weitere Schritte würden folgen, wenn echte Erfahrungs­werte vorlägen.

Freie-Wähler-Fraktionsc­hef Fabian Mehring kritisiert­e den AVV dagegen als viel zu teuer. Mittlerwei­le sei das Defizit auf 20 Millionen Euro im Jahr angestiege­n. Mehring: „Wir müssen endlich handeln.“Konkret forderte er eine Beteiligun­g des Freistaats am Augsburger Verkehrsve­rbund. Für den Münchner Nahverkehr­sverbund MVV zahle Bayern schließlic­h auch mit.

Eine Änderung in der Geschäftsp­olitik des AVV, dessen Aufsichtsr­atsvorsitz­ender Landrat Sailer ist, forderte SPD-Fraktionsc­hef Harald Güller. „Die Leute in das Abo zu drängen, war falsch.“Die zwei Millionen Euro für die Schülerbef­örderung hinzugerec­hnet, zahle der Kreis inzwischen im Jahr elf Millionen Euro an den AVV, unter dem Strich gebe es aber weniger Fahrgäste. Güller: „Das kann es nicht sein.“

Grünen-Fraktionss­prechein Silvia Daßler wertete die Reform dagegen als „Schritt in die richtige Richtung“. Auch die Grünen seien der Auffassung, dass sich der Freistaat finanziell mehr einbringen müsse. Ziel ihrer Fraktion sei ein Jahrestick­et zum Preis von 360 Euro für den gesamten AVV-Raum. Zum Verkehrsve­rbund gehören die Stadt Augsburg, die Landkreis Augsburg, Aichach-Friedberg und Dillingen.

Am schärfsten ging Manfred Buhl (FDP/ÖDP) mit dem AVV ins Gericht. Dieser befördere im Landkreis „vorwiegend heiße Luft“und habe eine Tarifrefor­m fabriziert, die „voll in die Hose ging“. Anstatt schlüssige Konzepte vorzulegen, sei das Defizit um „satte 30 Prozent gestiegen, und das bei kaum erkennbare­n Verbesseru­ngen“.

Einig waren sich dagegen alle Redner, dass es dem Landkreis derzeit wirtschaft­lich exzellent geht. CSU-Sprecher Müller verglich ihn mit dem Skisprung-Olympiasie­ger Andreas Wellinger: „Wir sind fit wie unser Goldjunge.“Der aktuelle Haushalt sei ein Meilenstei­n hin zu einer nachhaltig­en Entwicklun­g, weil man nun Kräfte sammle für die nächsten großen Schulbaute­n in Gersthofen und Neusäß. Dort will der Kreis bis Mitte des kommenden Jahrzehnts gut und gerne 100 Millionen Euro verbauen.

Freie-Wähler-Sprecher Mehring bemängelte dagegen, dass der Kreis in wirtschaft­lichen Boomzeiten zu wenig Geld erwirtscha­fte. Er forderte eine finanziell­e Beteiligun­g des Freistaats an der Messe und kritisiert­e, dass die Landkreisv­erwaltung weiter Personal aufbaut. „Wir müssen schauen, dass das beherrschb­ar bleibt.“

Auch SPD-Mann Güller warnte, „so viel Personal werden wir uns auf Dauer nicht leisten können“. Das Landratsam­t müsse Stellenzuw­ächse in einigen Bereichen durch EinspaDie rungen in anderen Bereichen ausgleiche­n. Dennoch gebe es von der SPD Zustimmung zum Haushalt, weil: „Die Weichen werden insgesamt richtigges­tellt.“FDP/ÖDP dagegen halten weitere Investitio­nen in die Augsburger Messe (hier beteiligt sich der Kreis mit 2,2 Millionen Euro an einer neuen Halle) für falsch und stimmten dem Haushalt deshalb nur unter Ausnahme dieses Punktes zu.

Im Zeichen des Gedenkens an die vergangene Woche gestorbene Grünen-Kreisrätin Karin Kowalke, die gestern Nachmittag beerdigt wurde, stand der Beitrag von Silvia Daßler. Sie betonte, dass die Betriebswi­rtin Kowalke es im Sinne der Nachhaltig­keit begrüßt hatte, dass der Kreis 2018 Schulden abbaut. Die Grünen seien gegen ein Wirtschaft­swachstum um jeden Preis.

Im Zusammenha­ng mit der Uniklinik seien bezahlbare­r Wohnraum und ein funktionie­rendes Verkehrssy­stem große Herausford­erungen. Dafür müssten jetzt die Weichen gestellt werden.

 ??  ??
 ?? Foto: Marcus Merk ?? Die Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrsve­rbund war eines der am meisten diskutiert­en Themen bei den Haushaltsb­eratungen im Kreistag.
Foto: Marcus Merk Die Tarifrefor­m im Augsburger Verkehrsve­rbund war eines der am meisten diskutiert­en Themen bei den Haushaltsb­eratungen im Kreistag.

Newspapers in German

Newspapers from Germany