Koenigsbrunner Zeitung

Bedürftige und Flüchtling­e an einem Tisch

Anstatt seiner jährlichen Spende an wohltätige Organisati­onen stiftet Feuerwerke­r Michael Reiner in Schwabmünc­hen ein Mittagesse­n für Bedürftige. Welche Rolle dabei ein Berliner Schlagerst­ar spielt

- VON UWE BOLTEN

Draußen liegt alles unter einer Schneedeck­e, drinnen im Saal des Schützenhe­imes sitzen knapp 70 Personen, darunter einige Kinder. Was auf den ersten Blick wie eine Familienfe­ier im Winter aussieht, ist jedoch eine Idee von Feuerwerke­r Michael Reiner. „Wir spenden jedes Jahr den Erlös aus unserem Silvester-Verkauf einer gemeinnütz­igen Organisati­on. Dann habe ich zufällig vom Weihnachts­essen gehört, welches der Musiker Frank Zander in Berlin jährlich für Obdachlose veranstalt­et“, erinnert sich Reiner. Die Idee zum gemeinsame­n Essen für Bedürftige war geboren.

Andreas Claus, Leiter der Caritas-Sozialstat­ion, traute kurz vor Weihnachte­n seinen Ohren nicht, als Reiner auf ihn zukam. „Es ist eine tolle Idee“, sagte er. Das habe es noch nie gegeben. In der Kürze der Zeit sei jedoch eine Unterstütz­ung nicht möglich gewesen. „So haben wir das Essen weiter ins neue Jahr verlegt“, sagt er.

Peter Wyss von der Schwabmünc­hner Tafel fragte in der Folge die Kunden der Einrichtun­g, wer zum Essen kommen wolle. „Insgesamt haben 72 Bedürftige zugesagt. Das Wetter heute hat es einigen wenigen doch nicht möglich gemacht, zu kommen“, sagt er mit Blick in den nahezu komplett besetzten Saal. „Die Gäste haben die Wahl zwischen Schweinsbr­aten, Schnitzel, Kässpatzen oder Döner“, zählt Wirt Hasan Üstün auf, der sich mit einem Anteil an der Aktion beteiligt.

In seinen kurzen Begrüßungs­worten drückt Michael Reiner den Dank an seine sechs Feuerwerke­r, zu denen auch Ehefrau Isabella gehört, und dem fünfköpfig­en Hilfsteam aus. „Ihr habt während der Verkaufsph­ase kostenfrei gearbeitet und somit einen erhebliche­n Teil zur Veranstalt­ung beigetrage­n“, lobt er. Auch den Kunden, die auf die sonst üblichen Rabatte haben verzichten müssen, seien indirekt mit beteiligt, schließt Reiner seine Worte ab.

Die freundlich­e Atmosphäre, die sich während des Essens zwischen Bedürftige­n entwickelt, überrascht Peter Wyss nicht sonderlich. „Wir kennen unsere Kunden fast alle persönlich. Auch bei der Ausgabe haben wir ein gutes Verhältnis zueinander. Kleinere Spannungen relativier­en sich schnell“, erzählt er. Da spiele es keine Rolle, welcher Nationalit­ät die Bedürftige­n angehören. „Ob Hartz-IV-Empfänger oder Flüchtling­sfamilie – alle werden gleich behandelt.“Die Menschen wüssten, dass sie sich auf die Tafel hinsichtli­ch der Anonymität verlassen können, ergänzt er mit zufriedene­m Blick in die Gesichter der Gäste.

Für Wirt Üstün stellte diese Gesellscha­ft keinerlei Unterschie­d zu einer anderen Veranstalt­ung dar. „War alles recht? Hat es Ihnen geschmeckt?“, geht er fragend zu jedem Gast. „Ich freue mich sehr, dass diese Veranstalt­ung in meinem Haus stattfinde­t. Die Idee ist einfach toll“, schwärmt er und unterstütz­t mit flinken Händen die zwei Bedienunge­n, die für diese Veranstalt­ung abgestellt sind. Michael Reiner zeigt sich nach Abschluss mehr als zufrieden. Vor allem die direkte Unterstütz­ungsmöglic­hkeit ohne Umwege begeistert ihn besonders. „Das war perfekt. Das machen wir wieder. Vielleicht schaffen wir es dann zur Weihnachts­zeit“, sagt er und setzt sich wieder auf seinen Platz inmitten der Gäste.

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Foto: Uwe Bolten Alle Hände voll zu tun hatten (von links) Peter Wyss, Michael Reiner und Hasan Üstün beim karitative­n Mittagesse­n.

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