Mit zwei Premieren startet heute das Brechtfestival
Im Zentrum steht der Konflikt von Egoismus und Solidarität. Es geht auch wieder stärker um Literatur
Wenn heute Abend das Brechtfestival eröffnet wird, steht erst einmal das Theater im Blickpunkt. Im Martinipark geht es um 19.30 Uhr mit der Premiere von Brechts Dramenfragment „Der Untergang des Egoisten Johann Fatzer“los, in einer Inszenierung des Theaters Augsburg. Im Sensemble Theater wird um 20.30 Uhr zum ersten Mal „Der kalte Hauch des Geldes“gezeigt, das Stück des deutschen Dramatikers Alexander Eisenach, das von Sebastian Seidel für das Festival inszeniert wird. Vor beiden Stücken wird Patrick Wengenroth, der künstlerische Leiter, das Festival offiziell eröffnen.
Die beiden Stücktitel lassen erahnen, worum es in dem Festival in diesem Jahr geht. Wengenroth hat es unter das Motto „Egoismus versus Solidarität“gestellt – oder, wie es auf den Plakaten in der Stadt an vielen Orten zu sehen ist, „Ich – Wir – Brecht“. Immer wieder hinterlässt dieses Motto Spuren im Programm. Wengenroth hat das Grandhotel Cosmopolis eingeladen, einen Abend zu gestalten (Freitag, 2. März). Gerade an diesem Ort lässt sich sehen, was mit Solidarität im 21. Jahrhundert erreicht werden kann. In dem literarischen Podium „Das ABC der Solidarität“steht das Motto bereits im Titel. Dort beschäftigen sich die Schriftstellerin Kathrin Röggla, die Künstlerin und Autorin Stefanie Sargnagel und der Kunsttheoretiker Bazon Brock mit Brechts Essay „Fünf Schwierigkeiten beim Schreiben der Wahrheit“– und antworten mit eigenen Essays. (Sonntag, 25. Februar, 14 Uhr).
Überhaupt fällt bei dem diesjährigen Festival auf, dass die Literatur wieder eine stärkere Rolle spielt. Es gibt – wie im vergangenen Jahr – im Verlauf des Festivals einen SchreibWorkshop mit dem Dramatiker Bonn Park. Der Autor ist für seine Stücke schon mehrfach ausgezeichnet worden. Die jugendlichen Teilnehmer des Workshops sollen Manifeste für das unverbindliche Heute verfassen. Vorgestellt werden diese am 2. März um 19 Uhr im Grandhotel Cosmopolis. Ebenfalls zum Festival eingeladen sind die Lyriker Monika Rinck, Sudabeh Mohafez und Ulrich Koch (Augsburger Sonderrauchzeichen, Donnerstag, 1. März, um 20 Uhr im Brechthaus) und die Autorin Sasha Marianna Salzmann (Lesung am Sonntag,
4. März, um 16.30 Uhr in der Brechtbühne).
Und dann wird am Montag,
26. Februar, im Rahmen der Augsburger Literaturgespräche mit dem Dramatiker Alexander Eisenach über dessen Stück „Der kalte Hauch des Geldes“diskutiert (Sensemble Theater, 19.30 Uhr). Eisenach, 1984 in Berlin geboren, hat sich als Regisseur und Dramatiker einen Namen gemacht. Anfangs habe er vor allem Stoffe für das Theater adaptiert, irgendwann habe er dann angefangen, auch eigenständige Stücke zu schreiben. „Das ist aber eine Literatur, die direkt aus dem Theatergebrauch stammt“, sagt er, die er immer mit dem Ziel geschrieben habe, das Stück auch selbst aufzuführen.
Im Sensemble Theater inszeniert Sebastian Seidel dessen Stück „Der kalte Hauch des Geldes“. Eisenach erzählt, dass er dieses Stück für das Schauspiel in Frankfurt geschrieben habe. Das Theater liegt direkt gegenüber des Eurotowers, der ehemaligen Zentrale der Europäischen Zentralbank. Im Stück griff er diesen Umstand auf. Er erzählt im Rahmen eines Bühnen-Westerns auch von den Wild-West-Mechanismen des Bankenwesens. Auf die Augsburger Inszenierung ist Eisenach gespannt, er wird bei der Premiere im Publikum sitzen. „Ich hoffe, dass alle zu einer produktiven Auseinandersetzung mit dem Text gefunden haben.“
Ein kurzer Blick ins Sensemble Theater vor der Premiere zeigt, dass auf das Publikum tatsächlich ein Bühnen-Western wartet – es gibt Salontüren, viele Whiskey-Flaschen und jede Menge Staub. Dazu riecht es nach frischem Rindenmulch. Nur, was sucht der EC-Automat neben dem Steckbrief?