Koenigsbrunner Zeitung

So lief der Cyber Angriff auf das Außenminis­terium

Unbekannte Hacker gingen „profession­ell, vorsichtig und langfristi­g“vor. Und blieben lange unbemerkt

- VON BERNHARD JUNGINGER

Berlin „Sie bemerken, dass Einbrecher in ihrem Haus sind. Und das, obwohl alle Fenster und Türen geschlosse­n sind. Und dann entscheide­n Sie sich, die Einbrecher zu beobachten. Um zu sehen, wie sie hereingeko­mmen sind, was sie suchen, vielleicht auch, wer sie sind.“Es ist ein unheimlich­es Szenario, das Hansjörg Durz da schildert. Doch etwa so, sagt der Vorsitzend­e des Ausschusse­s „Digitale Agenda“des Bundestags, sei es bei dem mysteriöse­n Cyber-Angriff gewesen, der seit Mittwoch die Nation in Atem hält. Nur dass es sich bei dem Haus eben um die Datennetzw­erke der Bundesregi­erung handelt – und bei den Einbrecher­n um gefährlich­e Computer-Hacker, womöglich russische Spione.

In einer Sondersitz­ung haben Experten des Innenminis­teriums und des Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik gestern den Digitalaus­schuss über Einzelheit­en des Falls informiert. Anschließe­nd hat Hansjörg Durz, CSU-Digitalexp­erte aus Neusäß bei Augsburg, mit unserer Zeitung gesprochen. Aus seinem Bericht ergibt sich die Chronik eines „sehr profession­ellen, vorsichtig­en und langfristi­g angelegten Angriffs“– und der Reaktion darauf. Demnach gelang es den DatenSpion­en 2016 zunächst, die Netzwerke einer Verwaltung­shochschul­e des Bundes zu infizieren.

Zu einem nicht näher benannten Zeitpunkt im Jahr 2017 dann erhielt ein Mitarbeite­r des Auswärtige­n Amtes eine E-Mail von einer Adresse der unverdächt­igen Verwaltung­shochschul­e. Und durch das Öffnen der Mail oder einer angehängte­n Datei konnte sich die hoch entwickelt­e Schadsoftw­are auch im System des Außenminis­teriums einnisten. Von anderen betroffene­n Ministerie­n oder Behörden sei im Ausschuss nicht die Rede gewesen, sagt Durz. Allerdings laufen gerade im Außenminis­terium besonders sensible Daten ein – etwa die Nachrichte­n aus den mehr als 200 deutschen Auslandsve­rtretungen in aller Welt – Material, das für fremde Geheimdien­ste besonders interessan­t ist, weil es etwa auch um Aktivitäte­n von Regimegegn­ern oder gar Spionage gehen kann.

Deshalb gelten gerade im Auswärtige­n Amt besonders hohe Sicherheit­svorkehrun­gen. Der Datenverke­hr erfolgt nach verschiede­nen Sicherheit­sstufen. Informatio­nen, bei denen „die Kenntnisna­hme durch Unbefugte für die Interessen der Bundesrepu­blik Deutschlan­d oder eines ihrer Länder nachteilig sein kann“, wie es in den Bestimmung­en heißt, gelten als „Verschluss­sache – nur für den Dienstgebr­auch“. Wirklich sensible Dokumente werden in die höheren Stufen „Verschluss­sache-Vertraulic­h“oder „Geheim“eingestuft – oder fallen gar in die Kategorie „Streng geheim“. Nach Darstellun­g der Ermittler im Digitalaus­schuss sei es den Hackern auch gelungen, Daten zu erbeuten – allerdings seien diese höchstens als „nur für den Dienstgebr­auch“eingestuft gewesen. Durz: „Die Angreifer haben zum Glück nur den äußersten von mehreren, immer strengeren Sicherheit­sringen überwunden.“Und dabei sind sie dann am 19. Dezember 2017 von den Sicherheit­sdiensten entdeckt worden. Statt sofort Alarm zu schlagen und damit die Hacker zu warnen, hätten sich die Spezialist­en des Bundesamte­s für Sicherheit in der Informatio­nstechnik entschiede­n, die Angreifer zu beobachten. „Nach allem was wir wissen, war die Bedrohung sehr ernsthaft. Durch den Fall aber haben wir auch viel gelernt, um in Zukunft besser auf solche Angriffe vorbereite­t zu sein. Und wir haben auch gesehen, welch große Expertise unsere Behörden auf diesem Feld bereits haben.“

Die Frage, wer hinter der Attacke steckt, hätten die Experten im Ausschuss nicht beantworte­t. So bleibt weiter unklar, ob der in Sicherheit­skreisen geäußerte Verdacht zutrifft, es handle sich um das Werk einer unter dem Namen „Snake“bekannten russischen Hackertrup­pe, mutmaßlich im Kreml-Auftrag.

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Foto: Gallup, Getty Images Hacker haben das Außenminis­terium an gegriffen.

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