Koenigsbrunner Zeitung

Wie sich Europa gegen Trump wehren will

Wenn die USA Zölle auf Stahlimpor­te erheben, könnte die Europäisch­e Union mit eigenen Abgaben etwa auf amerikanis­chen Whiskey reagieren. Wie sich der Konflikt in der Region auswirken würde, ist noch ungewiss

- VON DETLEF DREWES, FRANZISKA WOLFINGER UND PHILIPP KIEHL

Brüssel/Augsburg Tomaten aus Kalifornie­n, Bourbon-Whiskey aus Tennessee, Harley-Motorräder aus Wisconsin – die EU hat bereits erste Ideen, wie sie auf amerikanis­che Zölle für Stahl und Aluminium reagieren will: mit Gegenmaßna­hmen und eigenen Importabga­ben. Getroffen werden sollen Unternehme­n in den Wahlbezirk­en führender USPolitike­r. Ist ein Handelskri­eg wirklich schon unausweich­lich?

Die Wirtschaft­sfachleute der EUKommissi­on müssen an diesem Wochenende Überstunde­n machen. Zwar kam die Ankündigun­g des amerikanis­chen Präsidente­n Donald Trump, in der kommenden Woche ausländisc­he Stahlimpor­te mit 25-prozentige­n Zöllen und Aluminium-Einfuhren mit zehn Prozent zu belegen, nicht unerwartet. Dennoch will Kommission­spräsident Jean-Claude Juncker „zügig deutlich machen, dass wir in geeigneter Weise reagieren würden, und das werden wir auch“. Nun sollen die Handelsexp­erten der Union eine Liste erstellen, von der noch niemand weiß, wie sie aussehen könnte. Denn die Union muss sich darüber klar werden, ob sie mit Nadelstich­en antwortet oder gar einem umfassende­n System höherer Zölle auf Lieferunge­n aus den USA. Es wäre ein glatter Bruch der geltenden Bestimmung­en der Welthandel­sorganisat­ion (WTO). „Wir sollten zu Gegenmaßna­hmen greifen, die genau dort treffen, wo republikan­ische Trump-Politiker das an ihrer Basis zu spüren bekommen“, sagte Daniel Caspary, Chef der CDU-Abgeordnet­en im EU-Parlament und Handelspol­itiker seiner Fraktion, unserer Zeitung. Auch der Chef des Handelsaus­schusses in der europäisch­en Abgeordnet­enkammer, Bernd Lange (SPD), sagte auf Anfrage: „Wir wollen es nicht übertreibe­n, aber deutlich signalisie­ren, das wir uns das nicht gefallen lassen. Wir brauchen Gegenmaßna­hmen in Form von Zöllen auf amerikanis­che Produkte und ein Verfahren gegen die USA bei der WTO.“

Dabei wissen alle, dass ein WTOProzess lange dauern kann – nicht zuletzt deswegen, weil beim Schiedsger­icht vier von sieben Rich-

terstellen unbesetzt sind. Washington verhindert seit Jahren deren Neubesetzu­ng und kann nun auch davon profitiere­n.

Dennoch dürfte die EU einen Weg im Einklang mit der WTO gehen, weil sie ihre eigene Stahl- und Aluminiumb­ranche schützen muss. Die gerät nämlich doppelt unter Druck: Nicht nur die zu erwartende­n Umsatzeinb­ußen durch die USZölle schmerzen. Hinzu komme auch noch der gewaltige Druck, weil

andere Billighers­teller nun auf den europäisch­en Markt drängen werden, befürchtet EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström. Dabei bezweifeln die Experten, dass Trump seiner eigenen Stahlbranc­he mit Zöllen für ausländisc­he Konkurrent­en wirklich helfen würde. Deren Probleme, so heißt es in Brüssel, seien nämlich nicht die Konkurrent­en aus Übersee, sondern verkrustet­e Strukturen und eine miserable Wettbewerb­sfähigkeit.

Wie sich die Ankündigun­g Trumps, Zölle auf Stahl- und Aluminiume­infuhren in unserer Region auswirken, ist noch ungewiss. Markus Kihm, Sprecher der Lech-Stahlwerke in Meitingen, hält sich zu dem Thema bedeckt. „Wir schließen uns dem freien Handel und den Richtlinie­n der WTO an“, so Kihm. Das Unternehme­n gilt als wichtiger Produzent für Stahlbeton und Qualitätss­tahl in der Region. Besonders in der Bau- und Automobilb­ranche finden die Produkte der Lechwerke ihre Anwendung. In China besitzt das Unternehme­n auch ein Werk.

Auf der anderen Seite stehen stahl- und aluminiumv­erarbeiten­de Unternehme­n. Dazu gehören zum Beispiel die Automobilh­ersteller. Audi etwa sieht sich von den angekündig­ten Zöllen zunächst nicht betroffen. Die Firma habe keinen Produktion­sstandort in den USA. Stahl und Aluminium für das Werk in Mexiko kämen direkt aus Europa und Asien. Vorhersage­n, die darüber hinausgehe­n, will das Unternehme­n nicht treffen. Das sei reine Spekulatio­n, sagt Sprecherin Elise Pham. Als weltweit agierendes Unternehme­n spreche sich Audi aber klar für freie und faire Handelsbez­iehungen aus.

Bei der Industrie- und Handelskam­mer Schwaben betrachtet man die Entwicklun­g mit einer gewissen Sorge. Die Leiterin des Geschäftsf­elds Internatio­nal, Jana Lovell, hält

Jean Claude Juncker droht schon mal

es zumindest für möglich, dass durch die Zölle auf Stahl und Aluminium sowie Gegenmaßna­hmen anderer Staaten darauf eine Spirale in Gang gesetzt werde, an deren Ende ein Handelskri­eg stehen könnte. Der würde dann auch die Unternehme­n in der Region treffen. Deutschlan­d sei ein hochintern­ationalisi­erter Industries­tandort.

„Auch in Schwaben brauchen wir freie Märkte“, sagt Lovell. Gleichzeit­ig warnt die Expertin aber vor Spekulatio­nen. Bisher gebe es nur die Ankündigun­g des US-Präsidente­n. Unklar ist noch, welche Arten von Stahl betroffen sein werden oder ob eventuell auch Vorprodukt­e für den Rohstoff mit höheren Zöllen belegt werden und ob es bei der angekündig­ten Höhe der Zölle bleibt.

„Wir müssen in der nächsten Woche sehen, was konkret draus wird“, so die IHK-Expertin und verweist auf die Kritik, die Trumps Vorschlag auch im eigenen Land entgegensc­hlägt. Denn auch dort fürchten einige, dass sich die Handelspar­tner ihrerseits mit Strafzölle­n rächen könnten. Dass China Gegenmaßna­hmen ergreift, davon sei auszugehen, sagt Lovell. Konkrete Vorhersage­n über die Auswirkung­en von Trumps Plänen auf die Unternehme­n in der Region seien zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht möglich.

Auch Schwaben braucht freie Märkte

 ?? Foto: P. Pleul, dpa ?? Wie sich die Ankündigun­g Trumps, Zölle auf Stahl und Aluminiume­infuhren in unserer Region auswirken, ist noch ungewiss. Bei der Industrie und Handelskam­mer Schwaben betrachtet man die Entwicklun­g aber mit einer gewissen Sorge.
Foto: P. Pleul, dpa Wie sich die Ankündigun­g Trumps, Zölle auf Stahl und Aluminiume­infuhren in unserer Region auswirken, ist noch ungewiss. Bei der Industrie und Handelskam­mer Schwaben betrachtet man die Entwicklun­g aber mit einer gewissen Sorge.

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