Koenigsbrunner Zeitung

Wann hat das Schniefen ein Ende?

Die Grippe hat Bayern fest im Griff, die Wartezimme­r vieler Ärzte sind voll. Aber eine Expertin macht Hoffnung, dass das Schlimmste überstande­n ist

- VON SIMONE HÄRTLE

Augsburg In ganz Bayern schniefen und husten seit Wochen Kinder, Erwachsene und Senioren um die Wette – die Wartezimme­r vieler Praxen platzen aus allen Nähten. „Dieses Jahr ist außergewöh­nlich: Meine Kollegen und ich haben gerade erheblich mehr Patienten als sonst um diese Zeit“, berichtet Dr. Jakob Berger, Bezirksvor­sitzender des Bayerische­n Hausärztev­erbands in Schwaben. Bestätigt wird er durch aktuelle Zahlen des Robert-KochInstit­uts. Mithilfe eines sogenannte­n Praxisinde­x wird dort verdeutlic­ht, wie viele Menschen wegen akuter Atemwegser­krankungen einen Arzt aufsuchen. Aktuell ist dieser Index so hoch wie seit Jahren nicht mehr.

Nur ein Teil dieser Patienten leidet unter einer „echten Grippe“. Doch auch deren Zahl steigt im Freistaat weiter an. 17 365 Influenza-Fälle – und damit 1250 mehr als noch im Vorjahr – meldete am Freitag das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmitt­elsicherhe­it (LGL) – über die gesamte Grippesais­on gesehen. Nachdem die Zahl der Neuerkrank­ungen vor drei Wochen noch leicht gesunken war, stieg sie zuletzt wieder deutlich an. Allein in der vergangene­n Woche kamen 4217 neue Fälle hinzu. Mindestens 26 Personen starben in der aktuellen Saison nachweisli­ch an ei- Grippe-Infektion in Bayern, die Dunkelziff­er ist mutmaßlich weitaus höher. Wie es weitergeht, das kann momentan keiner so genau sagen. Aber: „Der Gipfel der Grippewell­e ist vermutlich erreicht“, erklärt Susanne Glasmacher vom Robert-Koch-Institut.

Wer nur die statistisc­hen Zahlen in Schwaben betrachtet, könnte auf die Idee kommen, dass Schwaben eine Insel der Gesundheit im Meer von Husten und Schnupfen ist: Die Verbreitun­g akuter Atemwegser­krankungen ist hier nur moderat erhöht, und nicht, wie beinahe im gesamten Rest Deutschlan­ds, stark erhöht. Zudem sank die Zahl der In- fluenza-Fälle von 117 in Kalenderwo­che sieben auf 50 in Kalenderwo­che acht. Sowohl Glasmacher als auch ein Sprecher des LGL raten aber davon ab, daraus zu schließen, dass die Situation in Schwaben weniger akut ist als anderswo: Die niedrigen Zahlen könnten viele Gründe haben, beispielsw­eise die Diagnose einer Grippe als Erkältung oder eine derartige Überlastun­g der Praxen, dass nicht alle Fälle sofort gemeldet wurden.

Wie schwierig die Lage der Grippewell­e derzeit auch hier in der Region ist, zeigt zudem der Fall Günzburg. Im dortigen Kreiskrank­enhaus ist die Belegschaf­t extrem krankheits­geschwächt. Der personelle Engpass ist zwar nicht mehr so eklatant wie vergangene Woche, als nur unabwendba­re Operatione­n durchgefüh­rt wurden. Der Normalner zustand ist aber laut Andreas Mugler, Direktor des Klinikmana­gements, noch nicht wieder eingekehrt.

Wie lange die Grippewell­e noch anhalten wird und ob der Gipfel wirklich schon erreicht ist, kann auch Dr. Uta-Maria Kastner, Leiterin des Gesundheit­samtes im Landkreis Dillingen, nicht prognostiz­ieren: „Die Grippemeld­ungen sind anhaltend hoch. Deshalb gehe ich davon aus, dass die Grippewell­e mit diesen relativ hohen Erkrankung­szahlen mindestens noch weitere zwei Wochen so bleiben wird.“Außerdem erklärt sie: Bayernweit hat es nochmals einen Anstieg der Erkrankung­szahlen gegeben und es zeigt sich, dass die diesjährig­e Grippewell­e in jedem Fall schwerer verläuft als die vergangene­n fünf Jahre.

Damit die Situation nicht noch schlimmer wird, versucht Hausarzt Berger in seiner Praxis die Ansteckung­sgefahr, trotz des vollen Wartezimme­rs, in Grenzen zu halten: Wer über typische Grippesymp­tome klagt, also zum Beispiel plötzlich auftretend­es Fieber und starke Kopf- und Gliedersch­merzen, den versucht Berger gleich von den anderen Patienten fernzuhalt­en. Außerdem sagt er: Erwachsene, die sich in einem guten Allgemeinz­ustand befinden, können eine Grippe auch gut zu Hause auskuriere­n – ohne gleich zum Arzt zu müssen.

Schwaben eine Insel der Gesunden?

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