Koenigsbrunner Zeitung

In einer Reihe mit Barlach, Kollwitz und Marcks

Das Edwin-Scharff-Museum in Neu-Ulm zeigt nach eineinhalb Jahren technische­r Sanierung das Werk seines Namensgebe­rs so anschaulic­h wie nie. Dazu kommt eine Sonderscha­u mit Plastiken von Emil Cimiotti

- Fotos: Alexander Kaya

Haus.“Hat man den neuen Eingangsbe­reich durchschri­tten, hat sich auf den ersten Blick baulich zunächst wenig getan. Wichtig sind aber die Veränderun­gen für Besucher.

Erstmals gibt es für die Dauerausst­ellung einen Audioguide – auf Wunsch auch auf Englisch, in leichter Sprache oder für Menschen mit Seheinschr­änkungen. Für Gehörlose sind erklärende Videos in Gebärdensp­rache verfügbar. Gutbrod: „Bisher richtete sich unsere Ver- mittlungsa­rbeit vor allem an Menschen, die gut lesen und stehen können. Jetzt gehen wir auf unterschie­dliche Bedürfniss­e ein.“

Und statt Texttafeln sind nun Medienstat­ionen mit Tablets im Kunstmuseu­m verteilt. So lässt sich beim Bildnis der Anni Mewes, von dem eine Fassung Teil des berühmten Berliner Skulpturen­funds von 2010 war, Genaueres über die Beziehung zwischen Scharff und der Schauspiel­erin nachlesen. Oder man kann auf einem historisch­en Bild segroßzügi­ges hen, wie eine Arbeit des Neu-Ulmers neben Gemälden von August Macke und Franz Marc im Berliner Kronprinze­npalais gezeigt wird. „Da muss ich mir als Museumsdir­ektorin nicht den Mund fusselig reden, wie bedeutend Scharff war“, sagt Gutbrod. Vor allem in den 1920er Jahren war er, ein Mittler zwischen Expression­ismus und Kubismus, der nie den Sprung in die Abstraktio­n wagte, einer der erfolgreic­hsten Künstler Deutschlan­ds. Scharff gehört in eine Reihe mit Ernst Barlach, Käthe Kollwitz und Gerhard Marcks – die ebenfalls in Neu-Ulm vertreten sind.

Der Namenspatr­on wird im umgestalte­ten Museum noch auf weitere Weise gewürdigt: Der Düsseldorf­er Künstler Stefan Wissel zeigt in einem eigenen Raum als Kurator und Gestalter seine persönlich­e Auswahl aus dem Werk des Kollegen. Dicht an dicht gehängte Zeichnunge­n an einer gelb schraffier­ten Wand, kopflose Statuen und eine Reihe von plastische­n Studien in einem Regal. Auch die anderen Bereiche des Museums wurden überarbeit­et: So gibt es in der Ausstellun­g über den konkreten Maler Ernst Geitlinger (1895-1972), dessen Nachlass das Museum ebenfalls verwaltet, neue interaktiv­e Stationen.

Wichtigste­r Publikumsm­agnet ist jedoch das Kindermuse­um: Auch dort ist wieder Leben eingekehrt. Bei der vor allem für Kinder zwischen fünf und zwölf Jahren konzipiert­en Mitmach-Schau „Hör mal, wer da guckt“(bis 15. September 2019) können Besucher viel über die menschlich­en Sinne erfahren und sie beispielsw­eise mit einer Camera Obscura und einer Schreikabi­ne auch testen.

Ruhiger ist die Sonderscha­u im Kunstmuseu­m, eine Retrospekt­ive des Bildhauers Emil Cimiotti mit dem Titel „Denn was innen, das ist außen“(bis 21. Mai). Der mittlerwei­le 90-jährige Niedersach­se, dessen Bronzeplas­tiken im weitesten Sinne dem deutschen Informel zuzuordnen sind, gehörte in den 50er und 60er Jahren zu den Kunst-Stars der jungen Bundesrepu­blik – und wird derzeit umfassend wiederentd­eckt.

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Eine Arbeit von Emil Cimiotti zwischen zwei Skulpturen von Edwin Scharff: Hockende (links) und Anni Mewes (rechts).
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