Koenigsbrunner Zeitung

Erinnerung an Reinhold Roth

- VON ANTON SCHWANKHAR­T as@augsburger allgemeine.de

ber den Sport lässt sich viel Gutes sagen. Er hält gesund, weckt Emotionen, stellt Aufgaben. Er sozialisie­rt und verbindet, begeistert und weckt Leidenscha­ft. Für viele ist er ihr Leben.

Das mag im Angesicht des Amateurkic­kers überzogen klingen – aber auch der verliert mit dem Ende seiner Karriere mitunter Weg und Ziel. Vielmehr noch gilt das für den Leistungss­portler. Sport ist für ihn Lebensinha­lt und Existenz.

Dafür geht er an seine Grenzen – und wenn er oben stehen will, auch darüber hinaus. Gleiches gilt für Regeln und Gesetze. Läuft alles gut, erlebt er den Himmel. Dafür stehen die Olympionik­en, die Medaillen behangenen, die gesund und ohne positive Dopingprob­e aus Pyeongchan­g zurückgeke­hrt sind. Läuft es schlecht, verliert er mit einem Schlag alles – im äußersten Fall das Leben selbst.

So gesehen hat Reinhold Roth an jenem 17. Juni 1990 bei einem Unfall in Rijeka Glück gehabt. Der Motorradre­nnfahrer aus Amtzell im Allgäu war auf einen überrundet­en Fahrer geprallt und gegen die Streckenbe­grenzung geschleude­rt.

Roth erlitt einen Schädelbas­isbruch, Kieferfrak­turen und Gehirnblut­ungen. War dem Tod näher als dem Leben. „Wenn er gehen will“, habe sie gedacht – hat seine Frau Elfriede vor Jahren in einem Gespräch eingeräumt –,„darf er gehen.“Sein Gehirn war acht Minuten ohne Sauerstoff geblieben – ein Verhängnis. Der hochtraini­erte Athletenkö­rper aber wollte bleiben. Der damals 37-Jährige hat das Leben behalten, aber es war nicht mehr seines.

Auch für Elfriede und den damals sechsjähri­gen Sohn begann ein anderes Leben. Elfriede kämpfte um alles, was ihren Mann auch nur ansatzweis­e weiterbrin­gen konnte. Der Schwerverl­etzte lag ein halbes Jahr in der Reha-Klinik in Burgau, ehe er aus dem Koma erwachte. Zweieinhal­b Jahre nach dem Unfall kehrte Roth nach Amtzell zurück. Acht Jahre lang sprach er kein einziges Wort. Irgendwann sagte er „Morgen“.

Während Reinhold winzige Schritte vorwärtsma­chte, ging seine Frau unter der Last der Pflege allmählich in die Knie. Zwei schwere Krankheite­n überzeugte­n sie, ihr Leben neu zu ordnen. Elfriede Roth rettete die Existenz der Familie. Viele Menschen haben ihr dabei geholfen. Warum wir das alles erzählen? Am Sonntag wird Reinhold Roth 65. Das sollte nicht vergessen sein.

 ?? Foto: Matthias Becker ?? Reinhold Roth mit seiner Frau Elfriede im Dezember 2011. Der zweifache Mo torrad Vize Weltmeiste­r aus Amtzell in Baden Württember­g ist seit einem Sturz am 17. Juni 1990 ein schwerer Pflege fall.
Foto: Matthias Becker Reinhold Roth mit seiner Frau Elfriede im Dezember 2011. Der zweifache Mo torrad Vize Weltmeiste­r aus Amtzell in Baden Württember­g ist seit einem Sturz am 17. Juni 1990 ein schwerer Pflege fall.
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