Koenigsbrunner Zeitung

Verwittert­e Steine haben manchmal viel zu erzählen

Der Hobbyhisto­riker Thomas Pfundner sucht nach alten Grenzverlä­ufen. Das ist Detektivar­beit

- VON STEFANIE SCHOENE

Bröselig, unlesbar und von Moos überwucher­t – kann das weg? Eher nicht, denn für die Erforschun­g der Regionalge­schichte sind die verwittert­en Grenzstein­e unschätzba­re Zeugen, auch wenn viele von ihnen inzwischen im Lapidarium in Schwabmünc­hen und nicht mehr an ihrem Ursprungso­rt in freier Natur zu sehen sind. Die oft am Wegrand wachenden Steine aus Kalktuff, Sandstein oder Füssener Marmor zeigen die Rechtsräum­e der Vergangenh­eit.

Für den Heimatfors­cher und Pfarrer Thomas Pfundner können sie nicht genug Patina haben. Er spürte bis heute 800 Grenzstein­e zwischen Ries und Allgäu auf. Ihn interessie­rt das unwegsame Gelände. Seine Fundstücke gleicht er mit Material des Augsburger Geodaten- amtes, mit Zeitgenöss­ischem aus dem Hauptstaat­sarchiv, mit neuzeitlic­hen Kartierung­en der reichsstäd­tischen Landesgren­zen Augsburgs und mit dem ersten Kataster von 1818 ab, um die zahlreiche­n Grenzverlä­ufe in Schwaben rekonstrui­eren zu können. Sein ältester Fund trug die Jahreszahl 1505 und steht in Haunstette­n. Wie er in seinem Vortrag „Historisch­e Grenzstein­e in und um Augsburg“im Stadtarchi­v erläutert, steht der verwittert­e Stein beim Kleingarte­nweg und markiert die alte Grenze zwischen dem Ministaat Reichsstif­t St. Ulrich und Afra und dem Herzogtum Bayern. Vor allem im Süden Augsburgs wurden Steine gesetzt, 18 Stück zwischen Mandichose­e und Sieben-Tisch-Wald. Hier trafen die Grenzen des bayerische­n Herzogtums, des Reichsstif­ts und der Reichsstad­t aufeinande­r.

Besonders Augsburg und sein Umland war bis zum Ende des „Alten Reiches“, wie das Heilige Römische Reich deutscher Nation auch genannt wird, ein Flickentep­pich. Land, Wälder und Dörfer waren aufgeteilt zwischen den Macht- und Rechtssyst­emen von Domkapitel, Reichsstad­t, Reichsstif­t St. Ulrich und Afra und dem Hochstift Augsburg, dem weltlichen Herrschaft­sbereich der Fürstbisch­öfe.

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