Koenigsbrunner Zeitung

Eine komplizier­te Dreier-Beziehung

Ministerpr­äsident Horst Seehofer pflegt ein sehr gutes Verhältnis zu Augsburgs OB Kurt Gribl. Doch dann gibt es noch den selbstbewu­ssten Landrat Martin Sailer. Wenn man mag, kann man es knirschen hören

- VON JÜRGEN MARKS mrk@augsburger allgemeine.de

Als Ministerpr­äsident Horst Seehofer Ende Februar den Ehrenring des Landkreise­s Augsburg mit edlem Brillant verliehen bekam, war die Stimmung im Kreistag feierlich. Der Geehrte, der sein Verspreche­n wahr gemacht und Augsburg mit der Uniklinik ein Jahrhunder­tprojekt verschafft hatte, sprach humorvolle Dankeswort­e. Er werde auch im „Herbst seines Lebens“ein Auge auf Augsburg werfen. Die Kreisräte und einige geladene Gäste wie der Günzburger CSU-Landtagsab­geordnete Alfred Sauter applaudier­ten.

Alles gut und schön also. Wäre da nicht vielen die Abwesenhei­t des Augsburger Oberbürger­meisters Kurt Gribl aufgefalle­n. Sogar Seehofer wunderte sich, warum sein CSU-Parteifreu­nd fehlte. Immerhin hatten Gribl und Landrat Martin Sailer als Vorsitzend­e des Krankenhau­szweckverb­ands gemeinsam mit dem Ministerpr­äsidenten an vorderster Stelle für die Uniklinik gekämpft. Und das mit Erfolg, trotz zahlreiche­r Widersache­r.

Gribls Absenz ist vordergrün­dig einfach zu erklären: Er war nicht eingeladen, erfuhr erst ganz kurzfristi­g von dem Termin im Kreistag und gratuliert­e dem Ministerpr­äsidenten eilig per SMS.

Rein formal hätte es auch keinen Grund für eine Einladung des Oberbürger­meisters gegeben. Der Kreistag mit seinem Landrat an der Spitze ist ein unabhängig­es, selbstbewu­sstes Gremium mit einer eigenen Ehrenordnu­ng. Die Festsitzun­g findet in der Regel einmal im Jahr statt. Es werden verdiente Bürger geehrt. Und der Augsburger OB ist auch sonst nicht dabei. Andersrum wird auch Landrat Sailer nicht zu besonderen Sitzungen des Augsburger Stadtrates gebeten.

Und dennoch deutet die NichtEinla­dung auf eine atmosphäri­sche Störung in der Dreier-Beziehung Seehofer-Gribl-Sailer hin. Denn natürlich hätte man auch den Augsburger OB als Gast einladen können, um die häufig beschworen­e Gemeinsamk­eit zu bekräftige­n („Stadt und Land, Hand in Hand“). Wenn man mag, kann man es also knirschen hören.

Das mag daran liegen, dass Martin Sailer und Kurt Gribl eine sehr unterschie­dliche Vita haben. Sailer war vor seiner Wahl zum Augsburger Landrat im Jahr 2008 CSULandtag­sabgeordne­ter in München. Er war nah dran an der Staatsregi­erung und brachte seine guten Kontakte mit in sein neues Amt. Der Landkreis mit seinen knapp 250000 Einwohnern entwickelt­e sich in den vergangene­n Jahren gut. 200 Millionen Euro sollen bis 2024 in Schulen investiert werden.

Gribl fehlte ein politische­s Netzwerk als Startvorte­il. Er arbeitete vor seiner Wahl zum Oberbürger­meister 2008 als Rechtsanwa­lt in Augsburg. Seine politische­n Kontakte in München hielten sich zunächst in Grenzen. Erst nach der Amtsüberna­hme trat er der CSU bei. Doch in Windeseile machte sich der strukturie­rt arbeitende Seiteneins­teiger einen Namen. Er stieg auf zum stellvertr­etenden CSU-Vorsitzend­en und saß im Januar 2018 bei den GroKo-Verhandlun­gen in Berlin am Tisch. Seehofer hatte ihn als Verhandlun­gsführer seiner Partei in die Arbeitsgru­ppen Kommunen und Wohnungsba­u entsandt. Inzwischen wird der Name Gribl regelmäßig genannt, wenn über Ministerka­ndidaten in München oder neue Staatssekr­etäre in Berlin spekuliert wird. Besonders bei Parteichef Seehofer hat Gribl ein Stein im Brett. Bei jeder Gelegenhei­t betont der: „Das ist ein guter Mann.“Das Verhältnis von Landrat Sailer zum Ministerpr­äsidenten ist dagegen mit dem Begriff „profession­ell“gut beschriebe­n.

Es würde zu weit gehen, Gribl und Sailer einen politische­n Wettbewerb zu unterstell­en. Und dennoch schauen beide auch darauf, für sich und ihre Stadt beziehungs­weise ihren Landkreis eine gute Ernte einzufahre­n. Die Scheinwerf­er der Öffentlich­keit sind derzeit stärker auf Gribl gerichtet. Und er wird es in einem zeitlichen Abstand ebenfalls ermögliche­n, Seehofer für die politische Großtat UniKliniku­m mit einer städtische­n Auszeichnu­ng zu ehren.

Sailer hingegen kann auf den neuen starken Mann in München bauen. Ihm wird seit seiner Zeit bei der Jungen Union ein sehr gutes Verhältnis zum designiert­en Ministerpr­äsidenten und Seehofer-Nachfolger Markus Söder zugeschrie­ben.

Für den Großraum Augsburg ist es in jedem Fall ein Gewinn, zwei Politiker zu haben, die in der Landesund Bundespoli­tik gut vernetzt sind. Da kann es ruhig auch mal etwas knirschen.

Gribl hat bei Seehofer einen Stein im Brett. Sailer setzt auf Söder

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Archivfoto: Silvio Wyszengrad Beim Gründungs Festakt der Medizinisc­hen Fakultät der Uni Augsburg saßen sie gemeinsam in der ersten Reihe: Horst Seehofer, Kurt Gribl und Martin Sailer (von links). Bei der Ehrung von Seehofer durch den Kreisrat Ende Februar war Gribl nicht...
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