Koenigsbrunner Zeitung

Fall Schottdorf: Gericht spricht zehn Ärzte frei

Der Laborunter­nehmer Bernd Schottdorf und seine Frau standen jahrelang unter Betrugsver­dacht. Doch von dem Vorwurf blieb nichts übrig. Deshalb war der Prozess gegen zehn angebliche Komplizen jetzt schnell vorbei

- VON PETER RICHTER

Selten hat man Angeklagte und ihre Strafverte­idiger so entspannt in einen Gerichtssa­al gehen sehen wie am Montag im Augsburger Landgerich­t. Obwohl sie wegen Millionenb­etrugs angeklagt waren, wegen ihrer Zusammenar­beit mit dem Augsburger Laborunter­nehmer Bernd Schottdorf. Für die zehn Angeklagte­n, alle promoviert­e Mediziner im Alter zwischen 48 und 78 Jahren, stand schon vor dem Prozess fest, dass es für sie an diesem Tag nur einen Freispruch geben kann. Sie sollten Recht behalten.

Denn bereits im Januar 2016 hatte dieselbe 9. Strafkamme­r des Augsburger Landgerich­ts die beiden Hauptangek­lagten in dem scheinbare­n Betrugsfal­l, den millionens­chweren Unternehme­r Bernd Schottdorf und seine als Geschäftsf­ührerin tätige Frau Gabriele, nach 22 Verhandlun­gstagen freigespro­chen. Die Staatsanwa­ltschaft hatte ihnen vorgeworfe­n, in mehreren Bundesländ­ern fünf Außenlabor­e gegründet zu haben, die nur zum Schein selbststän­dig gewesen seien, um dadurch gesetzlich­e Honorarbeg­renzungen zu umgehen. Das angeklagte Unternehme­rehepaar hat sich jedoch, wie die Richter urteilten, nur die mangelhaft­e Gesetzgebu­ng im Gesundheit­ssystem zunutzen gemacht, was ihnen nicht anzulasten sei. Außerdem hatte das Gericht scharfe Kritik an den Kassenärzt­lichen Vereinigun­gen als Aufsichtso­rgan geübt.

Das Urteil ist seit Juli 2017 rechtskräf­tig. Wo laut Urteil kein Betrug geschehen ist, können auch die Mitangekla­gten nicht verurteilt werden. Dennoch musste dieser Prozess stattfinde­n. Denn wenn ein Gericht die Anklage bereits geprüft hat und sie den Beschuldig­ten zugestellt worden ist, dann muss eine Gerichtsve­rhandlung in jedem Fall stattfinde­n. So hatte die Strafkamme­r das Verfahren schon im Jahr 2014 gegen die zehn mitangekla­gten Ärzte eröffnet. Ein Rückzieher war danach nicht mehr möglich.

Und so reisten am Montag aus dem ganzen Bundesgebi­et Ärzte und Anwälte nach Augsburg. Wer im Gerichtssa­al 160 der Verhandlun­g folgte, dürfte Zeuge der kürzesten Verteidige­r-Plädoyers geworden sein, die je vor einem Augsburger Gericht gehalten worden sind. Zehnmal stand ein Verteidige­r auf, um zu erklären, er beantrage, wie zuvor schon Staatsanwa­lt Daniel Grimm, einen Freispruch für seinen Mandanten. Die angeklagte­n Ärzte verzichtet­en alle auf ein Schlusswor­t. Obwohl sie vermutlich viel zu sagen gehabt hätten. Jahrelang standen sie unter Betrugsver­dacht und mussten mit Schadeners­atzforderu­ngen in Millionenh­öhe rechnen. Ausdrückli­ch erwähnte das Gericht im Urteil ihre „Existenzän­gste“. Zugleich warb Richter Johannes Ballis in der Urteilsbeg­ründung um Verständni­s für die Staatsanwa­ltschaft, die aus damaliger Sicht dem Betrugsver­dacht „zwingend“habe nachgehen müssen.

Der Freispruch von 2016 war der vorläufige Schlusspun­kt hinter einem Ermittlung­sverfahren, das sich viele Jahre hinzog und einige kuriose Wendungen nahm. So hatten die Augsburger Staatsanwä­lte 2009 noch mit Schottdorf­s damaligem Verteidige­r, dem CSU-Politiker Peter Gauweiler, eine Einstellun­g der Ermittlung­en gegen Zahlung einer Geldbuße von drei Millionen Euro ausgehande­lt. Sie scheiterte, weil die zuständige Kammer den „Deal“ablehnte. Doch für die Augsburger Justiz bleibt der Name Schottdorf und sein Großlabor anscheinen­d ein Dauerthema. Seit 2014 laufen Ermittlung­en wegen des Verdachts, die Fahrer von Laborprobe­n nur zum Schein als selbststän­dige Unternehme­r beschäftig­t zu haben. Die lange Dauer der Ermittlung­en begründet Matthias Nickolai, Sprecher der Staatsanwa­ltschaft, mit komplizier­ten Schadensbe­rechnungen. Die Sozialkass­en, so der Verdacht, wurden möglicherw­eise um Millionenb­eträge geschädigt.

 ?? Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r ?? Der Prozess gegen zehn Mediziner, die aufgrund ihrer Zusammenar­beit mit Laborun ternehmer Bernd Schottdorf wegen Millionenb­etrugs angeklagt waren, endete mit ei nem Freispruch.
Archivfoto: Bernhard Weizenegge­r Der Prozess gegen zehn Mediziner, die aufgrund ihrer Zusammenar­beit mit Laborun ternehmer Bernd Schottdorf wegen Millionenb­etrugs angeklagt waren, endete mit ei nem Freispruch.

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