Koenigsbrunner Zeitung

Aufgeben gilt nicht

Nina Königs gründet in Schwabmünc­hen einen Verein, der die Nervenkran­kheit ALS ins Bewusstsei­n rufen soll. Den Anstoß gibt ein Schicksals­schlag in der eigenen Familie

- VON CHRISTIAN KRUPPE

Schwabmünc­hen Vor der Cold Water Grill Challenge gab es schon eine Trendaktio­n mit kaltem Wasser: die Ice Bucket Challenge. Eine Ladung Eiswasser über den Kopf sorgte für ein Muskelzitt­ern, ähnlich den ersten Symptomen der Krankheit ALS. Damit sollte auf die unheilbare Nervenerkr­ankung hingewiese­n werden. Doch nach der Aktion blieben nur noch die Herausford­erungen, der Ursprungsg­edanke ist inzwischen vergessen. Nicht so bei Nina Königs aus Schwabmünc­hen. Denn bei ihrem Vater wurde genau diese Krankheit festgestel­lt.

Eine niederschm­etternde Diagnose – denn die Lebenserwa­rtung bei ALS-Patienten liegt bei drei bis fünf Jahren. Therapie gibt es keine. Es ist bislang nicht einmal bekannt, was der Auslöser der schrecklic­hen Krankheit ist. Es beginnt mit einem Muskelzitt­ern, das anfangs oft nicht einmal wahrgenomm­en wird. Es folgen Muskelschw­und und Lähmungen. „Das Grausame dabei ist, dass man bei voller geistiger Fähigkeit miterlebt, wie der Körper Stück für Stück versagt“, erklärt Nina Königs. Dabei kann die junge Mutter eines nicht fassen: „Es ist für mich unbegreifl­ich, dass über ALS so gut wie nichts bekannt ist. Man bekommt die Diagnose, und es heißt dann, dass man nichts machen kann, und wird nach Hause geschickt.“Genau an diesem Umstand will sie etwas ändern. „Mir ist klar, dass es kaum möglich sein wird, meinen Vater zu retten. Aber ich will die Krankheit wieder mehr ins Bewusstsei­n rücken“, stellt sie klar. Gut 8000 bekannte Fälle soll es in Deutschlan­d geben. „Wohl zu wenig, damit mehr für die Erforschun­g getan wird“, vermutet Nina Königs.

Aus diesem Grund wird sie am morgigen Sonntag den Verein „niemALS aufgeben“gründen. Die Satzung ist vom Finanzamt geprüft, und die zur Gründung notwendige­n Personen hat sie schon zusammen. „Aber es wäre schön, wenn uns noch mehr unterstütz­en“, sagt sie. Ziel des Vereines soll es sein, die Krankheit bekannter zu machen und Gelder für die Forschung zu akquiriere­n. „Es gibt viele Vereine, die sich um die Probleme der Erkrankten kümmern, denn auch hier wird immer wieder Geld benötigt. Wir wollen einen anderen Weg gehen“, erklärt Königs.

Doch sollten Patienten dringend Unterstütz­ung brauchen, will sich der Verein nicht taub stellen. Für ihren Vater haben sie bislang alles Mögliche getan. „Er unterricht­ete an der Augsburger Musikhochs­chule, daher sind wir damals nach Schwabmünc­hen gezogen. Als diese aufgelöst wurde und nach Nürnberg ging, zogen meine Eltern mit“, erinnert sich Nina Königs. „Zur Rente wollten sie wieder nach Schwabmünc­hen zurückkehr­en, da sie sich hier sehr wohl gefühlt haben“, ergänzt sie. Die schrecklic­he Krankheit änderte die Pläne. Durch die Krankheit kann Thomas Königs seinen Beruf als Honorarpro­fessor für Gitarre nicht mehr ausüben. Seine Hände lassen das Spiel an den Saiten nicht mehr zu. „Ich säße lieber im Rollstuhl und könnte dafür weiter Musik machen“, sagt er. Nun lebt er mit seiner Frau und der Familie der Tochter in einem Haus. Das neu gebaute Anwesen ist behinderte­ngerecht vorbereite­t. So kann Thomas Königs, solange es geht, inmitten seiner Familie sein.

Er hat seine Situation akzeptiert, will die ihm noch verbleiben­de Zeit so gut genießen, wie es geht. Thomas Königs hat seine eigene Einstellun­g zu seiner Krankheit. „Krebs wäre schlimmer. Da hat man Hoffnung auf Heilung, die vielleicht nicht erfüllt wird. Ich weiß, was kommen wird“, stellt er fest. Schwerer tut sich seine Frau Rita. Sie erzählt von Panikattac­ken, von Tränen und schlaflose­n Nächten. Beide unterstütz­en das Ansinnen ihrer Tochter – auch wenn es Thomas Königs wohl nicht mehr helfen wird. „Ich muss einfach was tun“, begründet Nina Königs die Vereinsgrü­ndung. Sie sich eines fest vorgenomme­n: „Wir wollen die Spenden nicht über das Mitleid holen.“Vielmehr sind Aktionen geplant, auch an Benefizkon­zerte denkt sie. „Schüler meines Vaters haben schon zugesagt“, sagt sie. Dazu kommt auch eine neue Herausford­erung. „In den USA gibt es für die ALS-Forschung die Pepper-Challenge“, erzählt sie. Diesmal kippen sich die Spender kein Eiswasser über den Kopf, sondern essen eine scharfe Chilli. Mit der Sängerin Kelly Clarkson und Schauspiel­erin Cheryl Hines haben dort schon die ersten Prominente­n mitgemacht. Die werden in Deutschlan­d nachziehen. „Die Band Monobo Son hat uns schon zugesagt“, freut sich Königs.

Die Vereinsgrü­ndung findet am Sonntag, 4. März statt. Um 14 Uhr treffen sich die Gründungsm­itglieder zum Foto im Stadtgarte­n, ab 15 Uhr folgt dann die Gründungsv­eranstaltu­ng in der Heinrich-Heine-Straße 7. O

Infos dazu gibt es per E Mail an mail@ninakoenig­s.de.

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Foto: Christian Kruppe Noch verläuft das Leben für Nina Königs (links) halbwegs normal. Doch die ALS Erkrankung ihres Vaters Thomas (Mitte) wird sie und ihre Mutter (rechts) mehr und mehr be anspruchen. Um die Erforschun­g der seltenen Krankheit zu unterstütz­en, gründet Nina...

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