So gibt es keinen Streit bei der Essensvergabe
Bei der Essener Tafel wurden Ausländer ausgeschlossen. Welche Ideen Helfer in der Region für eine friedliche Verteilung haben
Landkreis Augsburg Jeden Donnerstag um 11 Uhr bildet sich vor dem Diedorfer Bürgerhaus eine Warteschlange. Dann öffnet die Tafel, und Bedürftige, die nur ein geringes Einkommen oder eine kleine Rente haben, können günstig Brot, Obst und Gemüse oder Joghurt einkaufen. Die besten Waren sind schnell weg. Damit sich niemand benachteiligt fühlt oder zu kurz kommt, haben die Helfer ein spezielles Ausgabesystem überlegt. Das soll dafür sorgen, dass es keinen Streit gibt.
Die Kunden müssen sich in Diedorf jede Woche abwechseln. Sie haben einen Ausweis mit einer Nummer drauf, der sie für das Einkaufen bei der Tafel berechtigt. In der einen Woche dürfen die Bedürftigen mit geraden Nummern zuerst einkaufen, in der nächsten die ungeraden. Trägerin der Tafel ist in Diedorf die Pfarrei. Pfarrer Hans Fischer koordiniert die Einrichtung und sagt: „Als 2015 die ersten Flüchtlinge kamen, gab es ein wenig Aufregung. Viele deutsche Kunden hatten Sorge, sie würden zu kurz kommen.“Mittlerweile habe sich die Situation aber gut eingespielt. Es gebe ausreichend Lebensmittel, und die Stimmung sei friedlich. Im Schnitt kommen jede Woche etwa 60 Personen. Circa die Hälfte hat einen Migrationshintergrund.
Über die Tafel in Essen und eine gerechte Verteilung der Waren wird derzeit viel diskutiert. Auch dort kommen viele Kunden mit Migrationshintergrund. Die Einrichtung plant, diese Kunden ab sofort auszuschließen, weil sich deutsche Stammgäste nicht mehr wohl fühlen und sich beschwert haben. Die Entscheidung wird sehr kontrovers diskutiert, auch in den sozialen Medien. Die Verantwortlichen der Tafel planen inzwischen mit Migrantenorganisationen einen runden Tisch, um über die Probleme zu beraten. Der Aufnahmestopp für Ausländer soll aber vorerst in Kraft bleiben.
Pfarrer Hans Fischer aus Diedorf findet dieses Vorgehen schwierig. Auch wenn es in der Diedorfer Tafel ab und zu zwischen den Kunden Streit gibt. „Ich kenne zwar die Situation in Essen nicht. Aber an sich dürfen wir niemanden ausschließen. Das widerspricht unseren Grundsätzen“, sagt er. Alle Einrichtungen, die den Namen Tafel tragen, sind in einem Bundesverband organisiert. Er stellt bestimmte Leitlinien auf, an die sich die Mitglieder halten müssen. In Grundsatz Nummer vier steht zum Beispiel, dass alle Tafeln unabhängig von politischen Parteien und Konfessionen arbeiten. Allen Menschen, die bedürftig sind, soll geholfen werden.
Genauso sieht das auch Sabine Zimmermann von der Tafel Neusäß. Sie ist die Vorsitzende der Einrichtung und macht nur eine Ausnahme: „Wir schließen nur dann aus, wenn jemand Ärger macht. Doch das kommt selten vor. Bei uns verläuft die Ausgabe entspannt.“Zur Tafel Neusäß kommen momentan etwa 60 Leute, rund 40 von ihnen haben einen deutschen Pass. 2015, als die Zahl der Flüchtlinge hoch war, hätte es auch hier zwischen den Kunden Berührungsängste gegeben, sagt Zimmermann. Doch mittlerweile habe sich das Verhältnis zwischen den Kunden wieder entspannt.
In Neusäß gibt es ebenfalls ein System, damit alle Kunden gerecht drankommen: Die Tafel teilt die Bedürftigen nach Zufallsprinzip ein. Jede Woche im Wechsel darf dann zuerst Gruppe A einkaufen, dann wieder Gruppe B. Wer schon dran war, trägt sich in eine Liste ein, damit sich keiner vordrängelt.
Damit die Warenausgabe friedlich abläuft, gibt es auch in Meitingen ein System. 40 Personen kaufen derzeit bei der Tafel regelmäßig ein, etwa sechs von ihnen haben einen Migrationshintergrund. Oft ist sogar Ware übrig, die die ehrenamtlichen Helfer an andere Einrichtungen weitergeben. Damit es trotzdem fair zugeht, gibt es eine festgelegte Reihenfolge. Christine Möritz ist bei der Einrichtung Koordinatorin und erklärt die Systematik: „Um 10 Uhr jeden Freitag geht es los. Wir verteilen Lose mit Nummern und rufen die Leute nach dieser Reihenfolge auf.“Auch Vorsitzender Jürgen Werner hält die Lösung mit den Losen für eine gute Idee.
Die Vorsitzende der Tafel in Welden wollten sich auf Nachfrage unserer Zeitung zu der aktuellen Diskussion nicht äußern.
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