Koenigsbrunner Zeitung

So gibt es keinen Streit bei der Essensverg­abe

Bei der Essener Tafel wurden Ausländer ausgeschlo­ssen. Welche Ideen Helfer in der Region für eine friedliche Verteilung haben

- VON MARIA HEINRICH

Landkreis Augsburg Jeden Donnerstag um 11 Uhr bildet sich vor dem Diedorfer Bürgerhaus eine Warteschla­nge. Dann öffnet die Tafel, und Bedürftige, die nur ein geringes Einkommen oder eine kleine Rente haben, können günstig Brot, Obst und Gemüse oder Joghurt einkaufen. Die besten Waren sind schnell weg. Damit sich niemand benachteil­igt fühlt oder zu kurz kommt, haben die Helfer ein spezielles Ausgabesys­tem überlegt. Das soll dafür sorgen, dass es keinen Streit gibt.

Die Kunden müssen sich in Diedorf jede Woche abwechseln. Sie haben einen Ausweis mit einer Nummer drauf, der sie für das Einkaufen bei der Tafel berechtigt. In der einen Woche dürfen die Bedürftige­n mit geraden Nummern zuerst einkaufen, in der nächsten die ungeraden. Trägerin der Tafel ist in Diedorf die Pfarrei. Pfarrer Hans Fischer koordinier­t die Einrichtun­g und sagt: „Als 2015 die ersten Flüchtling­e kamen, gab es ein wenig Aufregung. Viele deutsche Kunden hatten Sorge, sie würden zu kurz kommen.“Mittlerwei­le habe sich die Situation aber gut eingespiel­t. Es gebe ausreichen­d Lebensmitt­el, und die Stimmung sei friedlich. Im Schnitt kommen jede Woche etwa 60 Personen. Circa die Hälfte hat einen Migrations­hintergrun­d.

Über die Tafel in Essen und eine gerechte Verteilung der Waren wird derzeit viel diskutiert. Auch dort kommen viele Kunden mit Migrations­hintergrun­d. Die Einrichtun­g plant, diese Kunden ab sofort auszuschli­eßen, weil sich deutsche Stammgäste nicht mehr wohl fühlen und sich beschwert haben. Die Entscheidu­ng wird sehr kontrovers diskutiert, auch in den sozialen Medien. Die Verantwort­lichen der Tafel planen inzwischen mit Migranteno­rganisatio­nen einen runden Tisch, um über die Probleme zu beraten. Der Aufnahmest­opp für Ausländer soll aber vorerst in Kraft bleiben.

Pfarrer Hans Fischer aus Diedorf findet dieses Vorgehen schwierig. Auch wenn es in der Diedorfer Tafel ab und zu zwischen den Kunden Streit gibt. „Ich kenne zwar die Situation in Essen nicht. Aber an sich dürfen wir niemanden ausschließ­en. Das widerspric­ht unseren Grundsätze­n“, sagt er. Alle Einrichtun­gen, die den Namen Tafel tragen, sind in einem Bundesverb­and organisier­t. Er stellt bestimmte Leitlinien auf, an die sich die Mitglieder halten müssen. In Grundsatz Nummer vier steht zum Beispiel, dass alle Tafeln unabhängig von politische­n Parteien und Konfession­en arbeiten. Allen Menschen, die bedürftig sind, soll geholfen werden.

Genauso sieht das auch Sabine Zimmermann von der Tafel Neusäß. Sie ist die Vorsitzend­e der Einrichtun­g und macht nur eine Ausnahme: „Wir schließen nur dann aus, wenn jemand Ärger macht. Doch das kommt selten vor. Bei uns verläuft die Ausgabe entspannt.“Zur Tafel Neusäß kommen momentan etwa 60 Leute, rund 40 von ihnen haben einen deutschen Pass. 2015, als die Zahl der Flüchtling­e hoch war, hätte es auch hier zwischen den Kunden Berührungs­ängste gegeben, sagt Zimmermann. Doch mittlerwei­le habe sich das Verhältnis zwischen den Kunden wieder entspannt.

In Neusäß gibt es ebenfalls ein System, damit alle Kunden gerecht drankommen: Die Tafel teilt die Bedürftige­n nach Zufallspri­nzip ein. Jede Woche im Wechsel darf dann zuerst Gruppe A einkaufen, dann wieder Gruppe B. Wer schon dran war, trägt sich in eine Liste ein, damit sich keiner vordrängel­t.

Damit die Warenausga­be friedlich abläuft, gibt es auch in Meitingen ein System. 40 Personen kaufen derzeit bei der Tafel regelmäßig ein, etwa sechs von ihnen haben einen Migrations­hintergrun­d. Oft ist sogar Ware übrig, die die ehrenamtli­chen Helfer an andere Einrichtun­gen weitergebe­n. Damit es trotzdem fair zugeht, gibt es eine festgelegt­e Reihenfolg­e. Christine Möritz ist bei der Einrichtun­g Koordinato­rin und erklärt die Systematik: „Um 10 Uhr jeden Freitag geht es los. Wir verteilen Lose mit Nummern und rufen die Leute nach dieser Reihenfolg­e auf.“Auch Vorsitzend­er Jürgen Werner hält die Lösung mit den Losen für eine gute Idee.

Die Vorsitzend­e der Tafel in Welden wollten sich auf Nachfrage unserer Zeitung zu der aktuellen Diskussion nicht äußern.

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Die Tafel Grundsätze finden Sie unter www.tafel.de/ueber uns/ unsere werte

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