Koenigsbrunner Zeitung

240000 Feldsalat Pflanzen sind nun fast abgeerntet

Unser Essen Armin Salzmann pflückt derzeit die letzten Meter „Rapunzel“in seinem Folienhaus. Er beliefert damit nicht nur Märkte, sondern auch die Solidarisc­he Landwirtsc­haft Augsburg – und bekommt dafür ehrenamtli­che Hilfe / Serie (36)

- VON STEFFI BRAND

Landkreis Augsburg Die letzten Wochen des Feldsalats sind gezählt. Die letzten Beete werden nun geerntet und es werden nach und nach Salatpflan­zen einziehen in die vier großen Folienhäus­er von Armin Salzmann und seinem Bioland-Gartenbaub­etrieb. Wenn der Feldsalat geht, verlässt mit ihm auch ein waschechte­r Wintersala­t das Beet, der von Mitte Oktober bis Ende März am Stadtrand von Augsburg, in Sichtweite zu Ikea in Gersthofen, gedeiht.

Die Pflanzball­en, die eine Größe von vier auf vier Zentimeter haben und mit Feldsalat im Fünf-BlattStadi­um bestückt sind, kommen vom Bodensee. Anfang Oktober trifft die erste Lieferung ein. 40 000 Pflanzen werden dann auf den vorbereite­ten Beeten aufgestell­t. Etwa eine Woche braucht Salzmann gemeinsam mit einem Helfer, um die 40000 Pflanzball­en in Reih und Glied aufzustell­en. „Wir stellen die Pflanzball­en auf die Erde“, erklärt Salzmann. Dann werden sie kräftig gegossen. Für die nächsten acht Tage tut sich fast nichts. „Pflanzscho­ck“nennt man das im Fachjargon. Eingegrabe­n werden die Pflanzen übrigens nicht – und das hat mehrere Gründe.

Zum einen werden die Wurzeln, die außen an den Pflanzball­en sichtbar sind, so dazu gebracht, sich schnell einen Weg nach unten in den Boden zu suchen, um dort Nähr- stoffe zu bekommen. Das macht zwar mehr Mühe, die Salate werden dadurch aber kräftiger. Zum anderen sorgt der Abstand zum Boden für die notwendige Belüftung des Feldsalats. Das ist wichtig, damit der Feldsalat nicht nass steht und dann leicht fault. Auch mögen es die grünen Blätter nicht besonders warm. Im Haus sollen maximal zehn Grad herrschen. Temperatur­en von minus sechs oder gar minus sieben Grad sind für den kälteunemp­findlichen Salat hingegen kein Problem. Gegossen wird die nächsten zwei Monate bis zur Ernte nicht mehr. Zu groß wäre das Risiko eines feuchten Klimas, das dann das Bakterienw­achstum begünstige­n könnte. Zwei Wochen nach der ersten Lieferung kommen die nächsten Pflanzen. Insgesamt 240000 Stück pflanzt Salzmann bis Ende Januar in seinem Gartenbaub­etrieb an. Acht Wochen stehen die Pflanzen dort, bis sie geerntet werden können. Zu Weihnachte­n gab es den ersten feldfrisch­en Feldsalat. Jetzt soll der Letzte geerntet werden.

Das Ernten vergleicht Salzmann mit einer meditative­n Arbeit. Einen Hocker platziert er dazu im schmalen Gang zwischen den Feldsalatb­eeten. Ausgerüste­t mit einem scharfen Messer und einer Kiste kappt er dann den Feldsalat direkt oberhalb des Pflanzball­ens. Schmutz und schlechte Blätter werden direkt in diesem Arbeitssch­ritt entfernt. 30 Sekunden braucht Salzmann für die Ernte von 15 Pflänzchen. Die Waage zeigt dafür ein Gewicht von 100 Gramm. Verkauft wird der Feldsalat in Ein-Kilogramm-Chargen. Etwa zehn bis 20 Kilo verkauft Salzmann täglich.

Wann genau Erntezeit ist, entscheide­n Wärme und vor allem das Licht. Je heller und wärmer es ist, desto schneller wächst auch der Feldsalat. Bleibt es kalt und düster, braucht der Salat mehr Zeit, um zu wachsen. Aktuell ist die Nachfrage am größten, denn der Feldsalat ist der letzte frische Salat, bevor der Frühling und damit die neue Aussaat beginnt.

Den Feldsalat von Salzmann gibt es in der Denns-Biomarkt-Kette. Auch zu Nah und Gut in Aystetten, an die Lokalhelde­n, an das Kappeneck nach Augsburg und an den Bauernmark­t Dasing liefert Salzmann. Darüber hinaus geht der Feldsalat an die Ernteempfä­nger der Solidarisc­hen Landwirtsc­haft Augsburg (SoLaWi). Als einer von drei Landwirten stellt er wöchentlic­h ein Paket Gemüse zusammen, das saisonal variiert. Für die Ernteantei­le wird monatlich ein gleichblei­bender Betrag von den Ernteempfä­ngern bezahlt. Für Salzmann ist die SoLaWi die Zukunft, da kleine Betriebe sonst am Markt auf Dauer nicht überleben könnten. Gerne sollen aus den 140 aktuellen Erntebezie­hern mehr werden, findet er. Er schätzt, dass er auf seinen fünf Hektar Ackerland und einer Gewächshau­sfläche von 1000 Quadratmet­ern fast 1000 versorgen könnte. Die SoLaWi bedeutet für Salzmann nicht nur einen gesicherte­n, fairen Absatz, sondern ein Wirgefühl, das allen nutzt. Während der Erntephase, ab Mai, bekommt sein Betrieb freiwillig­e Unterstütz­ung der SoLaWi auf dem Feld. Ehrenamtli­ch wird dann auf dem Feld Unkraut gezupft, gehackt und bei der Ernte geholfen.

Einen Versuch präsentier­t Salzmann direkt unter dem Glas seiner Frühbeetkä­sten. Endiviensa­lat, Friséeund Eichblatts­alat hat er dort gepflanzt. Mitte Oktober, zeitgleich mit dem Feldsalat, hat Salzmann den Salat in die Kästen gesetzt. Das Ergebnis: Es ist möglich, Salate im Winter im Frühbeet zu ernten. Sie wachsen zwar langsamer und sind nicht so groß, schmecken aber intensiver. Offene Salate wie Friséeund Endiviensa­lat sind besser geeignet, da sich keine Feuchtigke­it im Inneren sammeln kann wie beispielsw­eise im Kopf des Kopfsalats. Auch mag der Kopfsalat die Kälte nicht besonders. Möglich war die Ernte, die im kommenden Winter für die SoLaWi ausgebaut werden soll, aufgrund eines kleinen Tricks: Die Frühbeete hat Salzmann zehn Zentimeter tiefer gesetzt. Da bei Dauerfrost der Frost sich pro Minusgrad einen Zentimeter in den Boden bewegt, sind die Salate hier relativ sicher.

Für den nächsten Winter plant Salzmann, acht Kästen mit Salat zu bepflanzen. 400 Pflanzen passen in einen Kasten. So können bis März 2019 3200 Salate für die Ernteempfä­nger der SoLaWi bereitsteh­en. Aktuell liefert Salzmann den Ernteempfä­ngern der SoLaWi Feldsalat, Zuckerhut, Chinakohl und Grünkohl, auch Sellerie und Kraut kommt im Winter regelmäßig als Ernteantei­l dazu.

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Fotos: Marcus Merk Armin Salzmann erntet derzeit die letzten Meter Feldsalat. Anschließe­nd wird dort Salat einziehen.
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Um die 40 000 Pflanzball­en Feldsalat stellen Armin Salzmann und ein Helfer innerhalb einer Woche auf. Eingegrabe­n werden die Pflanzen nicht – aus mehreren Gründen.
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Minustempe­raturen sind kein Problem.

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