240000 Feldsalat Pflanzen sind nun fast abgeerntet
Unser Essen Armin Salzmann pflückt derzeit die letzten Meter „Rapunzel“in seinem Folienhaus. Er beliefert damit nicht nur Märkte, sondern auch die Solidarische Landwirtschaft Augsburg – und bekommt dafür ehrenamtliche Hilfe / Serie (36)
Landkreis Augsburg Die letzten Wochen des Feldsalats sind gezählt. Die letzten Beete werden nun geerntet und es werden nach und nach Salatpflanzen einziehen in die vier großen Folienhäuser von Armin Salzmann und seinem Bioland-Gartenbaubetrieb. Wenn der Feldsalat geht, verlässt mit ihm auch ein waschechter Wintersalat das Beet, der von Mitte Oktober bis Ende März am Stadtrand von Augsburg, in Sichtweite zu Ikea in Gersthofen, gedeiht.
Die Pflanzballen, die eine Größe von vier auf vier Zentimeter haben und mit Feldsalat im Fünf-BlattStadium bestückt sind, kommen vom Bodensee. Anfang Oktober trifft die erste Lieferung ein. 40 000 Pflanzen werden dann auf den vorbereiteten Beeten aufgestellt. Etwa eine Woche braucht Salzmann gemeinsam mit einem Helfer, um die 40000 Pflanzballen in Reih und Glied aufzustellen. „Wir stellen die Pflanzballen auf die Erde“, erklärt Salzmann. Dann werden sie kräftig gegossen. Für die nächsten acht Tage tut sich fast nichts. „Pflanzschock“nennt man das im Fachjargon. Eingegraben werden die Pflanzen übrigens nicht – und das hat mehrere Gründe.
Zum einen werden die Wurzeln, die außen an den Pflanzballen sichtbar sind, so dazu gebracht, sich schnell einen Weg nach unten in den Boden zu suchen, um dort Nähr- stoffe zu bekommen. Das macht zwar mehr Mühe, die Salate werden dadurch aber kräftiger. Zum anderen sorgt der Abstand zum Boden für die notwendige Belüftung des Feldsalats. Das ist wichtig, damit der Feldsalat nicht nass steht und dann leicht fault. Auch mögen es die grünen Blätter nicht besonders warm. Im Haus sollen maximal zehn Grad herrschen. Temperaturen von minus sechs oder gar minus sieben Grad sind für den kälteunempfindlichen Salat hingegen kein Problem. Gegossen wird die nächsten zwei Monate bis zur Ernte nicht mehr. Zu groß wäre das Risiko eines feuchten Klimas, das dann das Bakterienwachstum begünstigen könnte. Zwei Wochen nach der ersten Lieferung kommen die nächsten Pflanzen. Insgesamt 240000 Stück pflanzt Salzmann bis Ende Januar in seinem Gartenbaubetrieb an. Acht Wochen stehen die Pflanzen dort, bis sie geerntet werden können. Zu Weihnachten gab es den ersten feldfrischen Feldsalat. Jetzt soll der Letzte geerntet werden.
Das Ernten vergleicht Salzmann mit einer meditativen Arbeit. Einen Hocker platziert er dazu im schmalen Gang zwischen den Feldsalatbeeten. Ausgerüstet mit einem scharfen Messer und einer Kiste kappt er dann den Feldsalat direkt oberhalb des Pflanzballens. Schmutz und schlechte Blätter werden direkt in diesem Arbeitsschritt entfernt. 30 Sekunden braucht Salzmann für die Ernte von 15 Pflänzchen. Die Waage zeigt dafür ein Gewicht von 100 Gramm. Verkauft wird der Feldsalat in Ein-Kilogramm-Chargen. Etwa zehn bis 20 Kilo verkauft Salzmann täglich.
Wann genau Erntezeit ist, entscheiden Wärme und vor allem das Licht. Je heller und wärmer es ist, desto schneller wächst auch der Feldsalat. Bleibt es kalt und düster, braucht der Salat mehr Zeit, um zu wachsen. Aktuell ist die Nachfrage am größten, denn der Feldsalat ist der letzte frische Salat, bevor der Frühling und damit die neue Aussaat beginnt.
Den Feldsalat von Salzmann gibt es in der Denns-Biomarkt-Kette. Auch zu Nah und Gut in Aystetten, an die Lokalhelden, an das Kappeneck nach Augsburg und an den Bauernmarkt Dasing liefert Salzmann. Darüber hinaus geht der Feldsalat an die Ernteempfänger der Solidarischen Landwirtschaft Augsburg (SoLaWi). Als einer von drei Landwirten stellt er wöchentlich ein Paket Gemüse zusammen, das saisonal variiert. Für die Ernteanteile wird monatlich ein gleichbleibender Betrag von den Ernteempfängern bezahlt. Für Salzmann ist die SoLaWi die Zukunft, da kleine Betriebe sonst am Markt auf Dauer nicht überleben könnten. Gerne sollen aus den 140 aktuellen Erntebeziehern mehr werden, findet er. Er schätzt, dass er auf seinen fünf Hektar Ackerland und einer Gewächshausfläche von 1000 Quadratmetern fast 1000 versorgen könnte. Die SoLaWi bedeutet für Salzmann nicht nur einen gesicherten, fairen Absatz, sondern ein Wirgefühl, das allen nutzt. Während der Erntephase, ab Mai, bekommt sein Betrieb freiwillige Unterstützung der SoLaWi auf dem Feld. Ehrenamtlich wird dann auf dem Feld Unkraut gezupft, gehackt und bei der Ernte geholfen.
Einen Versuch präsentiert Salzmann direkt unter dem Glas seiner Frühbeetkästen. Endiviensalat, Friséeund Eichblattsalat hat er dort gepflanzt. Mitte Oktober, zeitgleich mit dem Feldsalat, hat Salzmann den Salat in die Kästen gesetzt. Das Ergebnis: Es ist möglich, Salate im Winter im Frühbeet zu ernten. Sie wachsen zwar langsamer und sind nicht so groß, schmecken aber intensiver. Offene Salate wie Friséeund Endiviensalat sind besser geeignet, da sich keine Feuchtigkeit im Inneren sammeln kann wie beispielsweise im Kopf des Kopfsalats. Auch mag der Kopfsalat die Kälte nicht besonders. Möglich war die Ernte, die im kommenden Winter für die SoLaWi ausgebaut werden soll, aufgrund eines kleinen Tricks: Die Frühbeete hat Salzmann zehn Zentimeter tiefer gesetzt. Da bei Dauerfrost der Frost sich pro Minusgrad einen Zentimeter in den Boden bewegt, sind die Salate hier relativ sicher.
Für den nächsten Winter plant Salzmann, acht Kästen mit Salat zu bepflanzen. 400 Pflanzen passen in einen Kasten. So können bis März 2019 3200 Salate für die Ernteempfänger der SoLaWi bereitstehen. Aktuell liefert Salzmann den Ernteempfängern der SoLaWi Feldsalat, Zuckerhut, Chinakohl und Grünkohl, auch Sellerie und Kraut kommt im Winter regelmäßig als Ernteanteil dazu.