Koenigsbrunner Zeitung

Der Fürst und seine Franzosen

- HISTORISCH­E STREIFZÜGE MIT RAINER BONHORST

Als Fürst Albrecht I. aus dem Hause Hohenlohe-Schillings­fürst-Waldenburg im Jahr 1793 starb, hatte sich sein kleines Schillings­fürst in wenigen Jahren dramatisch verändert. Zuwanderer hatten das Fürstentum geradezu überrollt. Es waren Flüchtling­e aus einem Land, in dem es drunter und drüber ging und in dem eine bestimmte Bevölkerun­gsgruppe ihres Lebens nicht mehr sicher sein konnte. Die Flüchtling­e waren willkommen, denn sie waren nicht mittellos und brachten Wohlstand in das etwas klamme Fürstentum. Sprachprob­leme gab es nicht. Die besseren Stände in Schillings­fürst sprachen die Sprache der Zuwanderer, wenn auch nicht ganz so elegant wie diese. Fürst Albrecht hatte ein Jesuitenko­lleg gegründet, das der adeligen Jugend die standesgem­äße Bildung vermittelt­e: das feine Französisc­h, dazu ein bisschen Philosophi­e und Mathematik. Ja, es waren französisc­he Adelige und ihr Hofstaat, die vor den Wirren der Revolution geflohen waren. Sie brachten den Schillings­fürstern nicht nur Geld: Auf einmal gediehen Oper und Theater; es gab opulente Feste und herrschaft­liche Jagdverans­taltungen. Das kleine fränkische, bei Ansbach gelegene Fürstentum verwandelt­e sich in eine Miniaturve­rsion des vormaligen absolutist­ischen Frankreich.

Aber auf Dauer konnte Schillings­fürst nicht La France ersetzen. Die Herren Louis Josephe de Bourbon, André Boniface Riquetti Comte de Mirabeau (wegen seiner Leibesfüll­e „die Tonne“genannt) und viele andere hatten daheim noch Latifundie­n. Sie hatten die Revolution und die Abschaffun­g ihres Adels keineswegs als endgültig akzeptiert. Überall in Europa formierte sich die royalistis­che Gegenrevol­ution. So beschlosse­n die französisc­hen Adeligen von Schillings­fürst, selber gegen die Revolution­äre in ihrer Heimat zu kämpfen. Sie gründeten eine Legion, die den Namen ihres korpulente­sten Exilanten bekam: Die Legion Mirabeau nahm nicht nur Franzosen auf, sondern gerne auch Freiwillig­e aus dem Fürstentum. Ein gemischter Kampfverba­nd entstand. So wurde im fränkische­n Schillings­fürst die französisc­he Fremdenleg­ion gegründet, die später in Algerien ihren knochenhar­ten Ruf erlangte. Die Legionäre um Mirabeau konnten das Rad der Geschichte nicht zurückdreh­en. Und Napoleon sorgte dafür, dass der Gründungso­rt der Fremdenleg­ion bayerisch wurde.

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