Koenigsbrunner Zeitung

Wenn die Züge voll sind – wer muss raus?

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Neulich am ICE Bahnhof Kassel Wil helmshöhe: Der ICE war eingefah ren und hätte längst die Türen öffnen müssen. Stattdesse­n eine Ansage: Nur Fahrgäste mit Sitzplatzr­eservie rung dürfen einsteigen. Wer keine Platzkarte hatte, musste draußen blei ben und eine Stunde auf den nächs ten Zug warten. Das wirft die Frage auf: Darf die Bahn das überhaupt?

Ja, erklärt Heinz Kleve von der Schlichtun­gsstelle für den öffentli chen Personenve­rkehr. Fernzüge dür fen aus Sicherheit­sgründen nicht mehr als doppelt so viele Fahrgäste mitnehmen, wie Sitzplätze vorhan den sind. So sieht es eine interne Bahnregelu­ng vor. In einen typi schen ICE mit 750 Sitzplätze­n in zwölf Waggons dürfen also „nur“1500 Passagiere einsteigen.

Stellen die Bahnmitarb­eiter fest, dass diese Schwelle überschrit­ten ist, dann haben sie das „Hausrecht“zu entscheide­n, wie sie die Sicherheit der Fahrgäste gewährleis­ten wollen. Sie können etwa Fahrgästen mit Sitzplatzr­eservierun­g Vorrang gewäh ren und andere nicht einsteigen las sen. Sie können auch Passagiere ohne Reservieru­ng auffordern auszustei gen. Oder sie loben Reisegutsc­heine für Fahrgäste aus, die freiwillig bereit sind, einen späteren Zug zu nehmen.

Ganz gleich, wie die Mitarbeite­r sich entscheide­n: In jedem Fall können die betroffene­n Fahrgäste bei einer Verspätung ab einer und von weni ger als zwei Stunden 25 Prozent des Fahrschein­preises als Ausgleichs zahlung verlangen. Ab einer Verspä tung von zwei Stunden sind es 50 Prozent. Wie das geht, steht ausführ lich auf der Webseite der Bahn (www.bahn.de und dann oben rechts „Fahrgastre­chte“eingeben).

Eines aber sollte man auf keinen Fall tun: sich widersetze­n. Da das Zug personal Hausrecht hat, kann es die Bahnpolize­i rufen und die wider spenstigen Fahrgäste aus dem Zug ent fernen lassen.

Auch die weit verbreitet­e Überzeu gung, dass man bei einem überfüll ten Zug selbst ohne entspreche­ndes Ti cket auf die erste Klasse ausweichen darf, ist falsch. „Der Reisende hat An spruch auf Beförderun­g in der Klas se, auf die sein Fahrauswei­s lautet“, erklärt die Bahn dazu. Und weiter: „Ein Anspruch auf einen Sitzplatz oder auf die 1. Klasse bei Platzmange­l in der 2. Klasse besteht nicht.“(hwr)

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