Koenigsbrunner Zeitung

Was ist Bio in der Energieton­ne?

Dem verloren gegangenen Gemüseschä­ler auf der Spur: Warum ausgerechn­et Metalldete­ktoren helfen sollen, Plastik und andere „Störstoffe“aus den Braunen Tonnen zu bekommen

- VON MAXIMILIAN CZYSZ Fotos: Marcus Merk »Kommentar

Der Landkreis will die Bioenergie­tonne mit Metalldete­ktoren aufrüsten. Die sollen sogar gegen Plastik helfen.

Landkreis Augsburg Es passiert so schnell. In der Monotonie der Küchenarbe­it verschwind­et der Gemüseschä­ler unter dem Berg der Kartoffels­chalen. Und schwupps, schon landet der kleine Helfer eingeschla­gen in der Zeitung von gestern in der braunen Biotonne. Ein Einzelfall. Was den Entsorgern tatsächlic­h Sorgen macht, ist die große Menge an Plastik, die tagtäglich im Bio-Abfall landet. Rund 2000 Tonnen kommen in einem Jahr in der Abfallverw­ertung Augsburg zusammen. Das entspricht etwa der Ladung von 80 Kipplaster­n. Weil die Disziplin beim Müllsortie­ren unterschie­dlich ausgeprägt ist, will der Landkreis Augsburg jetzt nachhelfen: mit Metalldete­ktoren, die an insgesamt drei Müllfahrze­ugen montiert sind und Alarm schlagen. Allerdings: Auf Plastik reagieren die Müllspione nicht.

Trotzdem gibt es einen Zusammenha­ng zwischen Metall – das übrigens auch in bedampften Folien von Verpackung­en stecken kann – und Plastik. Untersucht worden sei er vor Jahren von der Uni Tübingen, berichtet Umwelttech­niker Hans-Jürgen Fabris, der mit seinem Geschäftsp­artner Hans J. Maier die Detektorte­chnik anbietet. Bei der wissenscha­ftlichen Untersuchu­ng habe sich herausgest­ellt, dass in Tonnen mit Metallrest­en auch Plastik steckte. „Das alles hat sich in der Praxis bestätigt“, sagt Fabris. Beispiel Bad Kreuznach: Dort war der Biomüll lange Zeit stark mit Fremdstoff­en verschmutz­t. Dann wurden 2007 sechs Müllfahrze­uge mit dem Spürsystem ausgestatt­et. Innerhalb kurzer Zeit habe sich die Kompostqua­lität erhöht. Der dortige Abfallwirt­schaftsbet­rieb bestätigte Fabris, dass sich die Trennmoral der Bürger verbessert habe – nachhaltig.

Es gibt auch kritische Stimmen. Bei der Abfallverw­ertungsges­ellschaft des Landkreise­s Ludwigsbur­g beispielsw­eise, wo die Technik ebenfalls eingesetzt wurde. Dort hieß es 2014 in einer Bilanz: Wie viele Störstoffe in der Tonne sind, könne der Detektor nicht erkennen. Er schlage bei einem einzelnen Kü- chenmesser in der Braunen Tonne genauso an, wie wenn diese komplett falsch befüllt sei. Landrat Rainer Haas sagte damals: „Das Ding bringt nichts.“Unternehme­r HansJürgen Fabris hält dagegen: Durch psychologi­sche Wirkung der Prüfung sortierten die meisten Bürger nicht nur „ordentlich“, sondern „sehr gut“.

Stichprobe­nartig soll jetzt auch im Landkreis Augsburg nach den Störstoffe­n gesucht werden. Drei Müllfahrze­uge werden dafür mit Detektoren ausgestatt­et. „Das Übel soll an der Wurzel gepackt werden“, sagt Dieter Braun von der Abfallverw­ertung Augsburg. Er zeigt, wie der Biomüll, aus dem Biogas, Kompost und Flüssigdün­ger werden, ankommt.

Am hinteren Ende der Halle, die leicht die Größe eines Handballsp­ielfelds hat, liegt ein braun-grüner Haufen. Das sind die Bio-Abfälle von zwei Tagen. Verschimme­lte Mandarinen, faulige Äpfel, zerquetsch­te Tomaten, Bananensch­alen und Tannenzwei­ge, die die Reste der letzten Adventskrä­nze sein könnten. Überwiegen­d Küchenabfä­lle dampfen leicht süßlich vor sich hin, denn der Grünschnit­t von Bäumen, Sträuchern und Blumen aus dem Garten fehlt. Dazwischen ganz deutlich zu erkennen: Plastiktüt­en und Verpackung­smüll. Hier ein Tedie trapak, in dem Orangensaf­t abgefüllt war. Dort ein prall gefüllter Beutel mit vollen Windeln. Das ist Alltag beim Entsorger, der für die Abfuhr im Großraum Augsburg verantwort­lich ist. „Manche Leute glauben wirklich, dass Windeln biologisch abbaubar sind“, sagt Mitarbeite­r Leonhard Held. Er schüttelt den Kopf, um im nächsten Augenblick auf eine Metalldose zwischen Kartoffels­chalen zu zeigen. Auch sie hat nichts im Biomüll verloren. Was sie allerdings vom Plastik, das nicht komplett ausgesiebt werden kann, unterschei­det: Der Metallschr­ott kann mit einem magnetisch­en Band relativ gut aussortier­t werden. Im Sekundenta­kt purzeln Nägel, Schrauben und Kronkorken in einen Handschubw­agen. Auch schwere Möbelbesch­läge finden sich in dem glänzenden Haufen. Und Messer, Gabeln, Löffel sowie der ein oder andere Gemüseschä­ler.

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So kommt der Biomüll in der Abfallverw­ertung in Augsburg an: Deutlich zu erkennen sind die Plastiktüt­en zwischen Mandarinen­schalen und Tannenzwei­gen. Die Störstoffe mindern die Qualität der Komposterd­e und der Flüssigdün­ger, die aus dem Müll gewonnen...
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Aus Biomüll wird nicht nur nährstoffh­altige Komposterd­e, sondern auch Biogas – die Menge reicht zur Wärmeverso­rgung von 3900 Haushalten.

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