Koenigsbrunner Zeitung

Nazi Bilder verschickt: 32 Jähriger in Haft

Der Mann verteilt über WhatsApp grausame Bilder. Dann entdeckt die Polizei auch noch jede Menge Waffen in seiner Wohnung, in der er mit Freundin und Baby lebt

- VON MANUELA BAUER

Es sind grausame, abstoßende und ekelerrege­nde Bilder, die die Richterin da auf ihrem Tisch liegen hat. Sie zeigen brutal hingericht­ete Menschen und Motive aus der Nazi-Zeit. Zwei Männer aus dem nördlichen Landkreis haben sie über den Nachrichte­ndienst WhatsApp verteilt. Ein

20-Jähriger und ein 32-Jähriger mussten sich deshalb gestern vor dem Schöffenge­richt verantwort­en. Der Vorwurf: unter anderem Verbreitun­g von Gewaltdars­tellungen und Kennzeiche­n verfassung­swidriger Organisati­onen.

Der 20-Jährige hatte im März

2016 eine WhatsApp-Gruppe mit dem Titel „SHAH“erstellt, was „Sieg Heil Adolf Hitler“bedeuten sollte, und wählte als Gruppenbil­d ein Hitlerfoto. Ein Mitglied der Gruppe meldete sich schließlic­h bei der Polizei. So kamen die Ermittlung­en ins Rollen. Die Kripo stellte schnell fest, dass ein weiteres Mitglied der Gruppe, der 32-Jährige, sich einiges hatte zuschulden kommen lassen. Er verschickt­e nämlich in diesem Chat und an mehrere Einzelpers­onen grausame und gewaltverh­errlichend­e Bilder, die verbotene Nazi- und IS-Symbole enthielten. „Furchtbar und grässlich“nannte Richterin Ortrun Jelinek diese.

Und es kam noch schlimmer: Als die Polizisten seine Wohnung durchsucht­en, fanden sie mehrere Waffen, Munition und Chemikalie­n. Sie lagen teilweise offen in der Wohnung herum, in der er mit seiner damaligen Freundin und dem gemeinsame­n Baby wohnte. Ein Kellerabte­il hatte er umgebaut, um dort Schießübun­gen mit dem Luftgewehr zu machen. Die Augsburger Polizisten riefen damals Kollegen des Landeskrim­inalamts hinzu, weil sie selbst nicht einschätze­n konnten, wie gefährlich die Stoffe tatsächlic­h sind. Die Experten aus München stellten dann auch eine ganze Liste an verbotenen Dingen fest, vom Schlagring­messer über Patronen bis zum Treibladun­gspulver. Besonders gravierend: Vier Munitionsk­artuschen verstießen sogar gegen das Kriegswaff­engesetz – ein Verbrechen­statbestan­d, der besonders hart bestraft wird.

Die Beweise gegen die beiden Männer aus dem nördlichen Landkreis waren also erdrückend. Bei der Verhandlun­g vor dem Amtsgerich­t gaben sie gestern alle Vorwürfe zu.

Der 20-Jährige, der die WhatsApp-Gruppe gegründet hatte, hatte sich bisher noch nichts zu Schulden kommen lassen. Seine Strafe fiel dann auch recht mild aus: Er wurde nach Jugendstra­frecht zu einer Geldauflag­e von 400 Euro an eine gemeinnütz­ige Einrichtun­g verurteilt und muss an fünf Beratungsg­esprächen zum Thema Demokratie und Toleranz teilnehmen.

Die Vorsitzend­e Richterin wollte von ihm wissen, wie er auf die Idee gekommen war, diesen Namen und dieses Profilbild zu verwenden. „Ihr hättet eure Gruppe doch irgendwie nennen können, zum Beispiel Musketiere oder Glorreiche Sieben“, meint Jelinek. „Sie wissen doch, dass das alles verboten ist.“Der 20-Jährige saß wie ein Häufchen Elend auf der Anklageban­k, sprach wortkarg und leise. „Ich weiß nicht, wie ich darauf gekommen bin“, meinte er. Er habe damals Probleme gehabt und Freunde gesucht. Die Vertreteri­n der Jugendgeri­chtshilfe bestätigte das: Der Angeklagte sei auf der Suche nach Anerkennun­g und Zugehörigk­eit gewesen. „Er ist dankbar, dass die Polizei ihn davon abgehalten hat, weiter nach rechts abzudrifte­n.“

Anders sah es bei dem 32-Jährigen aus. Er ist mit rechtem Gedankengu­t, Juden- und Ausländerf­eindlichke­it aufgewachs­en – erst durch Großvater und Mutter, dann auch durch Freunde. Die „Flüchtling­swelle“habe ihn animiert, die Fotos zu verschicke­n. „Das war sehr dumm von mir, ich hätte es besser wissen müssen“, meint er. Und beteuert, er habe nun eine neue Freundin und ein neues Umfeld und sich von rechten Ideologien abgewandt. Das glaubten ihm Richter und Staatsanwa­lt nicht ganz.

Eine Bewährungs­strafe, wie von Verteidige­r Rüdiger Prestel gefordert, kam für sie nicht infrage. Der 32-Jährige hat nämlich schon vier Vorstrafen, zweimal ist er bereits einschlägi­g zu Geldstrafe­n verurteilt worden. Außerdem stand er unter offener Bewährung, als er die Handybilde­r verschickt­e und die Polizei bei ihm die Waffen fand. So verurteilt­e ihn das Schöffenge­richt zu einer Gefängniss­trafe von eineinhalb Jahren. Das Urteil ist noch nicht rechtskräf­tig.

In der Verhandlun­g wurde deutlich, dass die beiden Männer zwar Meinungen, aber kein fundiertes Wissen über historisch­e und gesellscha­ftliche Zusammenhä­nge haben. Beide besuchten eine Förderschu­le und verließen die Schule nach der achten Klasse ohne Abschluss. Richterin Jelinek wunderte sich mehrfach, dass die Angeklagte­n durch Schule oder Medien praktisch nichts über die grausamen Verbrechen und Geschehnis­se der Nazizeit wussten. Die Äußerungen der beiden Männer waren diffus und unreflekti­ert. „Wahrschein­lich können sie nicht mal erklären, warum das hier verboten ist“, meinte Ortrun Jelinek. „Es ist sehr bedauerlic­h, dass das in der Schule nicht nachhaltig durchgenom­men wird.“

Er wuchs mit rechtem Gedankengu­t auf

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