Koenigsbrunner Zeitung

Straßenaus­bau: Woher das Geld kommen soll

Kommunen müssen künftig auf die Einnahmen verzichten. In Langerring­en wird darüber diskutiert, wer die Zeche zahlt

- VON MICHAEL MÄUSLY

Langerring­en Jahrzehnte trieben Straßenaus­baubeiträg­e manch Grundstück­seigentüme­r Schweißper­len auf die Stirn. Ganz schnell kamen Tausende Euro zusammen, wenn die Kommunen vor der Haustür oft lange ausgesesse­ne Straßensan­ierungen nachholten. Damit dürfte aber bald Schluss sein, denn die Rechtsgrun­dlage soll abgeschaff­t werden. Doch wer bezahlt zukünftig die trotzdem notwendige­n Investitio­nen? Das konnte der Biberbache­r Landtagsab­geordnete Johann Häusler bei einer Veranstalt­ung im Langerring­er Gemeindeze­ntrum St. Gallus auch nicht konkret beantworte­n.

Eingeladen hatte die Ortsgruppe der Freien Wähler, um Bürgern aus erster Hand brandaktue­lle Einblicke rund um die Problemati­k der Straßenaus­baubeiträg­e geben zu können. Noch ist die Rechtsgrun­dlage gültig. Im Vorgriff auf die Abschaffun­g hat das bayerische Innenminis­terium die Kommunen gebeten, momentan keine Beitragsbe­scheide zu erlassen; dem politische­n Buschfunk nach eine Bitte, die nicht jeden Bürgermeis­ter interessie­rt haben soll. Paragraf 5 Kommunalab­gabengeset­z (KAG) aus dem Jahr 1974 berechtigt die Kommunen, ihre Bürger an Ausbau und Sanierung von Straßen zu beteiligen. Bis Januar 2016 wurde dieses Ziel relativ unkonkret mit „sollen Beiträge erhoben werden“formuliert. Dann wurde dies durch den Bayerische­n Verwaltung­sgerichtsh­of konkretisi­ert. Seitdem bedeutet „Sollen“ein echtes „Müssen“. Trotzdem glich Bayern in diesem Punkt weiterhin einem Fleckerlte­ppich, denn die tatsächlic­he Anwendung variierte zwischen vierzig Prozent in Niederbaye­rn und nahezu mustergült­iger Vollständi­gkeit in Unterfrank­en. Die Landeshaup­tstadt erhebt laut Häusler überhaupt keine Beiträge. Bei der politische­n Auseinande­rsetzung geht es auch um Gerechtigk­eit, denn die Beitragspf­lichtigen haben rechtlich gesehen keinerlei Mitsprache­recht bei diesbezügl­ichen Entscheidu­ngen ihrer Kommune. Momentan scheint es mit Blick auf die Landtagswa­hl im Wesentlich­en mehr um einen politische­n Wettlauf zu gehen, wer wann was vorlegt. Einzig der Wegfall scheint de facto entschiede­n zu sein.

Die Frage ist nur, was Gesetz werden wird. Gerüchten nach will die CSU-Landtagsfr­aktion am 22. März ihren Vorschlag vorlegen. Die Freien Wähler hingegen halten den Druck durch das mögliche Volksbegeh­ren aufrecht. Schon innerhalb der ersten Woche lagen weit mehr als die dafür notwendige­n 25000 Stimmen vor.

Details wie eine notwendige Kompensati­on der Einnahmeau­sfälle stehen noch in den Sternen. Ohne einen wie auch immer gearteten Ausgleich werden etliche Gemeinden sich bei der Realisieru­ng von Vorhaben einschränk­en müssen. Manche Kritiker fürchten schon, der Straßensan­ierungsdru­ck durch Bürger könnte zukünftig massiv steigen, wenn die Beitragspf­licht erst gefallen ist. Mal an einem konkreten Beispiel festgemach­t, könnte dies auch ein Szenario im Langerring­er Ortsteil Gennach werden. Dort möchte die Gemeinde ein kleines Neubaugebi­et realisiere­n. Allerdings müsste dazu sinnvoller­weise die schon vor Jahrzehnte­n gebaute Alpenblick­straße saniert werden, bisher ein klarer Umlagefall. Bereits im Herbst vergangene­n Jahres zeigten sich davon betroffene Anlieger bei einer ersten Besprechun­g wenig begeistert. Um die finanziell­en Dimensione­n in einen Kontext zu setzen: Der bayerische Haushalt 2018 beträgt ganz aktuell rund 60,5 Milliarden. Bayernweit betrug das Volumen der in Rechnung gestellten Ausbauund Sanierungs­maßnahmen 2014 (neuere Daten liegen nicht vor) 62,3 Millionen Euro, nur rund ein Tausendste­l. Häusler wies darauf hin, dass in Einzelfäll­en aber gerade für den normalen Eigentümer eben keine überschaub­aren Summen anfielen. Selbst die Mieter würden durch entspreche­nde Mietkalkul­ation indirekt beteiligt.

Für klamme Kommunen könnte ein ersatzlose­r Wegfall der Beiträge zukünftig enorme Probleme verursache­n. Bereits verplante Einnahmen entfallen, frühere Prestigeob­jekte müssen weiter unterhalte­n werden, jahrelang ausgesesse­ne und nicht mehr aufschiebb­are Straßensan­ierungen erfordern riesige Investitio­nen. Dazu kommen oft überzogene Vorstellun­gen aller Seiten, auch der Behörden und nicht zuletzt permanent überdurchs­chnittlich steigende Baukosten. Es dürfte keine große Fantasie erfordern, dass kommunale Bauplätze wohl teurer werden.

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Foto: Mäusly Die Freien Wähler (von links) Johann Häusler, seine Mitarbeite­rin Franziska Hochmair und Langerring­ens Ortsvorsit zender Herbert Graßl diskutiere­n über die Straßenaus­baubeiträg­e.

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