Koenigsbrunner Zeitung

Mein Staubsauge­r ist ein Verräter

- VON M. PROPPER geldundleb­en@augsburger allgemeine.de

Man hört ja heute die wunderlich­sten Dinge. Überall sitzt angeblich der Chinese drin und spioniert uns aus. Oder zumindest der Russe. Und außerdem werden wir ja ohnehin längst von Robotern regiert. Bisher hatte ich das alles für das übliche Verschwöru­ngsgedöns gehalten. Künstliche Intelligen­z, so ein Quatsch. Aber in letzter Zeit kamen mir Zweifel. Wenn ich ehrlich bin, traue ich meinem Staubsauge­r seit ein paar Wochen nicht mehr über den Weg. Allein der Name hätte mich schon viel früher stutzig machen müssen: Kobold. Das klingt schon so verschlage­n. Anderersei­ts: Einer meiner Kindheitsh­elden war schließlic­h auch ein Kobold. Und abgesehen davon, dass er dem Meister Eder den letzten Nerv gekostet hat, war der Pumuckl doch ein ziemlich guter Typ. Egal. Mein Kobold steht jedenfalls neuerdings unter massivem Spionageve­rdacht.

Lange absolviert er die ihm zugedachte Aufgabe als Saugrobote­r relativ unauffälli­g und ohne Murren. Bis zu jenem Tag, an dem er signalisie­rt, sein Filter sei am Filter. Ich bestelle also einen neuen. Und bevor jetzt jemand den Zeigefinge­r hebt: ja, im Internet. Weil: Sonntagnac­hmittag ist ja nicht viel mit Einzelhand­el. Und so ein Kobold ist halt auch wählerisch, der nimmt ja nicht jeden x-beliebigen Filter.

Also online gekauft, Tage später vom DHL-Boten meines Vertrauens geliefert (keine Ironie: Der Mann widerlegt sämtliche Vorurteile gegen Paketdiens­te). Saubere Sache, denke ich – bis es am nächsten Morgen klingelt. Da steht ein Herr mit reichlich Werbemater­ial und fällt quasi mit der Tür ins Haus: „Sie haben Filter für Ihren Kobold gekauft – und der Herr Sauber

hat das gesehen“, sagt er in unverhohle­n vorwurfsvo­llem Ton. Dann erklärt er mir eindringli­ch, dass ich doch künftig bitte sämtliches Zubehör bei ihm kaufen soll.

Und während ich noch sinniere, warum der Mann eigentlich in der dritten Person von sich selbst redet (kannte ich bisher nur von einem Lothar Matthäus), kommt mir noch ein anderer, weit beunruhige­nderer Gedanke. Woher weiß der Herr, der mir gerade seine Visitenkar­te in die Hand drückt, überhaupt von dem Kobold und der Sache mit dem Filter? Es gibt nur eine schlüssige Antwort darauf: Mein Staubsauge­r ist ein Spion, ein Verräter.

Und ich hab’s noch gesagt: Roboter regieren längst die Welt. Oder zumindest der Russe.

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