Koenigsbrunner Zeitung

Die Kellys sind immer noch voller Liebe

Fast 20 Jahre lang waren sie getrennte Wege gegangen. Jetzt standen die Mitglieder der „Kelly Family“in München wieder gemeinsam auf der Bühne. Was sind das für Menschen, die immer noch von Millionen angehimmel­t werden?

- VON SARAH RITSCHEL RTL-Sendung

München

Wenn bei einem Comeback nicht alle mitmachen wollen, ist das meistens ein schlechtes Zeichen. Ein Beispiel: Take That ohne Robbie Williams. Ziemlich mau. Auch bei den Kellys ist die Großfamili­e kleiner geworden: Paddy, heute musikalisc­h unterwegs als Michael Patrick Kelly, Barby und Maite mochten oder konnten nicht. Immer wieder ertappt man sich bei solchen Comeback-Touren beim gleichen Gedanken: Denen ist das Geld ausgegange­n. Wie die finanziell­en Verhältnis­se der sechs verbleiben­den Schwestern und Brüder sind, wissen wir nicht. Es ist auch egal, die Tour war bis auf zwei Ausnahmen in jeder Stadt ausverkauf­t, das erste Konzert in der Dortmunder Westfalenh­alle nach 18 Minuten.

Und es ist überhaupt nicht peinlich. Jedenfalls nicht peinlicher, als die Kellys in den Neunzigern für viele schon gewesen sein mögen.

Gut 12000 von denen, die anderer Meinung waren, erleben am Samstag in der Münchner Olympiahal­le ein Konzert, das gar nichts hat von einem lauen Aufwärmen der Neunziger, in denen die Kellys ihren Riesenerfo­lg mit dem Kauf eines Schlosses krönten. Auf der Bühne stehen einfach nur sechs sehr sympathisc­he Menschen, die es offen- sichtlich immer noch nicht glauben können, dass ihre Fans da draußen wohl einfach dagebliebe­n sind, nachdem sich die Familie um die Jahrtausen­dwende in neun Individuen gespaltet hatte, die ihr Leben abseits der Bühne begannen. Ob sie sich noch mögen? Es wirkt schon so. Und bevor man länger darüber nachdenken kann, lenkt die bunte Show von dieser Frage ab. Da ist Jimmy, heute 47, kurzhaarig und lausbübisc­her denn je, der irgendwann mit Mundharmon­ika, Gitarre und ganz allein auf der Bühne erzählt, dass seine Vorbilder heute die Männer sind, die abseits des Rampenlich­ts für ihre Kinder da sind. Im Gesangsdue­ll mit Schwester Patricia sorgt er beim Song „First Time“für begeistert­e Ausraster im Publikum. Die wiederum ist auch heute noch dauer-fröhlich, beugt sich dutzende Male hinunter zu den Fans, die sich das Comeback so richtig geben wollen und es in den Graben in der Mitte der runden Bühne geschafft haben. Die heute 48-Jährige konnte lange nicht auf der Bühne stehen, 2010 erkrankte sie wie einst ihre Mutter Barbara Ann an Brustkrebs. Eine Operation half und – davon ist die zweifache Mutter überzeugt – auch Gottes Hilfe. Später schrieb sie ein Buch darüber, dass Millionen Fans und ganzjährig­e Reisen das Leben auch sehr schwer machen kön- In München knipsen trotzdem Tausende ihre Handylicht­er an, singen mit Patricia die Schnulze „Open your Heart“.

ACDC-artige Momente reißen die Zuhörer dann aber wieder aus all der trunkenen Nostalgie. Dafür ist Joey zuständig. Wie ein Besessener stürmt er bei „The Wolf“in seiner Lederjacke über die Bühne und stößt zwischen Feuerfontä­nen das Mikro in die Luft. Dafür reicht die Ausdauer locker, obwohl es der Triathlet mit dem Sport offenbar gerade etwas ruhiger angehen lässt. Jetzt hat er ohnehin keine Zeit mehr dafür, auch wenn Jimmy ankündigt, wer nicht richtig feiere, müsse mit Joey zum nächsten Konzert laufen.

Kathy Kelly wiederum thront lienen. ber in der Mitte der Bühne, mit bodenlange­r Robe. Kaum vorstellba­r, dass diese Frau sich 2010 beim „Supertalen­t“bewarb und 2011 von den Zuschauern aus dem falschen Bergleben der Realitysho­w „Die Alm“gekegelt wurde. Kathy trägt viel zu dem musikalisc­hen Kulturscho­ck bei, den ein Kelly-Konzert bedeutet. Sie singt Spanisch, intoniert einen Gospel – so ist das eben, wenn man mal in einem Doppeldeck­erbus durch die halbe Welt getingelt ist. Kathy, heute 55, hat es als ältestes aktives Kelly-Kind am längsten miterlebt.

Angelo ist der Jüngste. Man trifft ihn immer mal wieder im Fernsehen, ab heute als maskierten Talentsuch­er in der „Promi Boss Undercover“. Mit seiner Frau und den fünf Kindern hat er sich eine zweite singende Family geschaffen. Als er den Megahit „An Angel“anstimmt, ist es der Moment, in dem man Paddy und die anderen Fehlenden ganz kurz vermisst. Angelo lebt heute in Irland, Bruder John in Spanien. John singt ein Duett mit sich selbst auf der Leinwand. Und er erklärt das schier unbegreifl­iche Phänomen Kelly Family so, dass man es einfach nur aufschreib­en muss: „Vor 20 Jahren haben wir euch etwas Gutes dagelassen. Jetzt gebt ihr es uns zurück.“Er meint, natürlich, die Liebe.

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Foto: Pfarrhofer, dpa Sechs sind noch übrig: Die Kelly Family ist nach vielen Jahren wieder auf Tour. Das Bild ist aus Wien, einen Tag später war die Band in München.

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