Koenigsbrunner Zeitung

Nicht nur der Körper kann verletzt werden

- Spiegel VON TILMANN MEHL time@augsburger allgemeine.de

Per Mertesacke­r ist kein Weichei. Der Mann hat 104 Länderspie­le bestritten, war über Jahre hinweg Stammspiel­er des FC Arsenal und somit in der körperlich härtesten Liga Europas. Er hat sich nie beklagt – und er tut das auch jetzt nicht. In einem Gespräch mit dem

bietet er lediglich einen Einblick, dass der Profifußba­ll eben nicht nur ein schillernd­es Sehnsuchts­ziel aller Nachwuchsk­icker ist. Leistungss­port ist nicht gesund. Egal in welchem Bereich. Eine erfolgreic­he Karriere wird mit kaputten Muskeln, Sehnen und Knochen bezahlt. Das tägliche Austesten physischer Grenzen, das Messen mit Konkurrent­en zieht logischerw­eise Verschleiß­erscheinun­gen mit sich. Und warum sollte es der Seele anders gehen als dem Körper? Natürlich gibt es dabei unterschie­dliche Typen. Einige Spieler sind häufiger verletzt als andere. Jeder empfindet Druck anders. Mertesacke­r wurde vor jedem Spiel übel. Nach dem Selbstmord von Robert Enke war er „kurz davor, alles hinzuschme­ißen. Insbesonde­re, weil eine Woche später alles war wie zuvor.“Er machte weiter. Er weiß auch um die zahlreiche­n Privilegie­n, die sein Job mit sich bringt. Wer besonders gut mit dem Ball umgehen kann, verdient Millionen. Er wird verehrt. „Wenn die Fans dich feiern, ist das unbeschrei­blich“, sagt Mertesacke­r. Wer aber in der falschen Mannschaft spielt oder nicht aus einem Leistungst­ief herausfind­et, hat Probleme. Anhänger des Hamburger SV stellten nach der Niederlage in München elf Grabkreuze am Trainingsg­elände auf, dazu ein Banner: „Eure Zeit ist abgelaufen! Wir kriegen euch alle!“Weil die von ihnen bevorzugte Fußballman­nschaft wahrschein­lich absteigt. So, wie jedes Jahr zwei Teams aus der ersten Liga absteigen.

Fußballer können gut mit dem Ball umgehen. Ganz offensicht­lich gelingt es den meisten, den Druck in die richtigen Bahnen zu lenken. Auch Mertesacke­rs Leistungen litten nicht unter den Erwartunge­n der Öffentlich­keit. Dass aber all die äußeren Einflüsse keine Auswirkung­en auf einen Menschen haben, nur weil er mal einen ProfiVertr­ag unterschri­eben hat, ist ein Irrglaube.

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Foto: dpa „Söldner“– eines der netteren Wörter, mit denen die HSV Spieler von ihren Fans bezeichnet werden.
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